Konjunktur der Verschwörungstheorien
Wurde die Flüchtlingskrise von den USA geplant, um Europa zu schwächen? Das ist eine der Verschwörungstheorien, die gerade Konjunktur haben, meint der "Tagesspiegel". Doch es seien bestimmte Menschen, die zu solchen Theorien neigen.
Etwas stimmt vielleicht nicht mit diesem Donnerstag. Es beginnt damit, dass die Wochenzeitung DIE ZEIT uns das Feuilleton von letzter Woche geschickt hat. Aber warum? Gibt es diese Woche kein ZEIT-Feuilleton? Oder ist das Teil einer Verschwörung?
In der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG steht zum Beispiel:
"Der Hans-Fallada-Preis 2016 geht an den Schweizer Erzähler und Essayisten Jonas Lüscher. Er erhält die mit 10 000 Euro dotierte Auszeichnung für seine 2013 erschienene Novelle 'Frühling der Barbaren'."
2014, da war Lüschers Buch schon ein Jahr alt, ging der Preis allerdings an Jenny Erpenbeck. Haben die Juroren danach aufgehört zu lesen?
Im Berliner TAGESSPIEGEL wird von Sonja Álvarez Folgendes über die Frauenzeitschrift Allegra behauptet:
"Groß war die Trauer unter den Leserinnen, als Allegra kurz vorm zehnten Geburtstag 'wegen hoher Umsatzverluste' eingestellt wurde. Nun kommt 'die Fröhliche' zurück, um den Markt der Frauenzeitschriften erneut aufzumischen."
Eine skurrile Parallelwelt
Man möchte sich die Augen reiben. Eine Frauenzeitschrift, die vor mehr als zehn Jahren eingestellt wurde, soll den Frauenzeitschriftmarkt neu aufmischen? Wenn das gelänge, behauptet Sonja Álvarez, ...
"... spiegelt sich darin auch das Bedürfnis der Leserinnen wider nach mehr als 'Wie nehme ich ab und habe dabei den ultimativen Sex'-Geschichten. Auch 'Barbara', so Álvarez weiter, das kürzlich gestartete Magazin von Barbara Schöneberger und Gruner + Jahr, will 'normale' Frauen erreichen."
Heißt das dann aber nicht, Barbara Schöneberger wäre eine normale Frau und sind wir da nicht schon in der Titelgeschichte des TAGESSPIEGEL, in der es heißt:
"Verschwörungstheorien haben Konjunktur. Blick auf eine skurrile Parallelwelt"
Angie Pohlers erklärt darin, was Verschwörungstheorien bieten:
"Orientierung – durch Benennung klarer Feindbilder. Erklärung – mit pseudowissenschaftlichen und okkulten Theorien. Hoffnung – dass sich der Krebs innerhalb kürzester Zeit mithilfe von Chlordioxid oder Backpulver heilen lässt."
Warum glauben aber viele Menschen beispielsweise, dass die Flüchtlingskrise von den USA geplant sei, um Europa zu schwächen?
"Das hat nichts mit mangelnder Intelligenz zu tun" - liest man im TAGESSPIEGEL – "eher mit dem Willen zu glauben und fehlender Medienkompetenz."
Fehlende Medienkompetenz also. Nur weil ich von der ZEIT ein altes Feuilleton zugeschickt bekommen habe, werde ich doch nicht zum Verschwörungstheoretiker. Es gibt ja noch genug andere Zeitungen. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG zum Beispiel. Was steht da im Aufmacher?
"Sie haben noch nie von Naypyidaw gehört?"
Nein, ehrlich gesagt, nicht.
"Dabei ist das doch eine gigantische Hauptstadt", steht fast vorwurfsvoll in der SZ.
Eine Hauptstadt, in der niemand lebt
22-spurige Straßen. Neunmal so große Fläche wie Berlin. Das Einzige, was fehlt, sind Bewohner. Ein Besuch in der Geistermetropole von Myanmar, den Jörg Häntzschel gemacht hat. In eine Stadt, die in den Dschungel gerodet wurde und die erst seit 2006 die Hauptstadt des Landes ist. Nur, dass eben kaum jemand dort lebt.
Dieselben Menschen, die hier früher Felder bestellten, schleppen sich jetzt in Kommandos von 20, 30 Leuten die Magistralen entlang und pflanzen und gießen, jäten und fegen. Das Regime in Myanmar kann es, was die Paranoia angeht, offensichtlich mit Nordkorea aufnehmen.
"Die Angestellten der Gesundheitsbehörde wohnen in grünen Blocks, die aus dem Landwirtschaftsministerium in blauen. Die alleinstehenden Frauen wohnen sowieso separat. Das Niemandsland, das sich dazwischen ausbreitet, wurde nicht für zukünftiges Wachstum frei gelassen, sondern um sicherzustellen, dass jeder immer nur seinesgleichen trifft, und sich umstürzlerische Energie nicht ausbreiten kann."
Leider ist dieser Ort sehr real und keine Verschwörungstheorie und Häntzschel schreibt:
"Es gibt in Naypyidaw so viele unterschiedliche Arten der Leere wie in der Arktis Schneesorten."