Aus den Feuilletons

Kuriose Geschenketipps

Geschenke liegen unter einem Weihnachtsbaum
Welche Geschenke sollen unterm Baum liegen? © dpa / picture-alliance / Rolf Vennenbernd
Von Arno Orzessek |
Weihnachten steht vor der Tür und wer noch nicht alle Geschenke beisammen hat, muss sich sputen. "Robert Habeck könnte auch ein Weihnachtsgeschenk sein", schreibt die "NZZ". Und die "taz" schlägt vor, das Grundgesetz unter den Baum zu legen.
Auch in den Feuilletons weihnachtet es. Und falls Sie dieser Tage Zeit erübrigen können für niveauvolles bildungsbürgerliches Rätselraten, dann empfehlen wir Ihnen "Von drauß' vom Walde". Unter diesem Titel verrätselt Burkhard Müller in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG "Geschichten von Tannen, Marzipan, Kernkraftwerken, Schnee, Bären und vielem mehr". Die Aufgabe lautet naheliegenderweise, die Geschichten wieder zu enträtseln und aus gewissen Buchstaben in den Autoren-, Werk- und Protagonisten-Namen den Lösungsvers zu bilden, der laut SZ "in saisontypischer Weise die Astronomie mit der Botanik verbindet". Wer sich von dergleichen anfixen lässt, der dürfte hiermit angefixt sein. Und es gibt sogar Bücher zu gewinnen!

Hilfe gegen Weihnachtsgeschenkeeinkaufsschlamassel

Sollten Sie dagegen knietief im alljährlichen Weihnachtsgeschenkeeinkaufsschlamassel stecken, mag Ihnen die Lektüre der TAGESZEITUNG helfen. Dort werden "absolut endgültige Geschenkideen für Jung und Alt" präsentiert. Jens Uthoff etwa rät dazu, den Lieben mal was Staatstragendes zu schenken: "Das Grundgesetz ist ein Text, den man nicht oft genug lesen kann – nur lassen die meisten Bleiwüstenausgaben kaum Lektüregenuss zu. Deshalb gibt es den Gesetzestext jetzt in Magazinform, schick gelayoutet, mit variierender Typografie inklusive Satellitenaufnahmen Deutschlands und Europas von der Raumstation ISS. Ein toll gestaltetes Heft, das einem die großen Verdienste dieses Gesetzes in Erinnerung ruft und über den bis heute gültigen Wortlaut ('Volk', 'Rasse') nachdenken lässt. Ein Geschenk für alle von 6 bis 106, zu finden im guten Bahnhofsbuchhandel."

Habeck, der Schriftsteller

Schlägt man die TAZ zu und die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG auf, steht da groß und breit: "Robert Habeck könnte auch ein Weihnachtsgeschenk sein." Wir zweifeln nicht daran, dass sich manche Frau zu Heiligabend an dem attraktiven Grünen-Chef erfreuen könnte. Doch die NZZ-Überschrift spielt natürlich auf Habeck als Schriftsteller an und klärt die Frage: "Soll man seine Bücher unter den Weihnachtsbaum legen?" Daniel Haas unterscheidet zwischen Habecks Jugendromanen, Romanen für Jugendliche, die er schätzt, einigen Hauptwerken, die er nicht so schätzt, und den politischen Büchern. Letztere haben laut Haas einen Platz unterm Nadelbaum verdient.
"Doch, Robert Habeck hilft an Weihnachten, jedenfalls jungen Lesern und jenen, die sie beschenken wollen. Und wenn der Heranwachsende dann sagt: Habeck, hä, wer soll das sein? Ich habe mir doch das neue Buch von Kollegah ('Das ist Alpha: Die 10 Boss-Gebote') gewünscht, dann kann man sagen: Kollegah ist vielleicht der muskulöseste Gangstarapper Deutschlands, aber wenn dem einmal die Beleidigungen ausgehen und das Gehirn kollabiert vor den Anabolika, dann kommt der Habeck ins Spiel. Der Habeck wird nämlich vielleicht irgendwann Kanzler, und dann können er und seine Leute dafür sorgen, dass Kollegah wenigstens ausreichend Sozialhilfe bekommt. Und wer, mein Junge, ist dann der Boss?"
Ist das nicht nett von der NZZ, liebe Eltern? Erst der qualifizierte Geschenktipp und dann als Gratisbeigabe die Argumente, die Sie beim Streit mit den ignoranten Blagen in Ihrem Haus sicher gut gebrauchen können. Falls Sie es wirklich wagen, einem Kollegah-Hörer Habeck zu verschenken.

Klassenkampf an den Festtagen

Die Tageszeitung DIE WELT weiß selbstverständlich auch, was der christliche Feiertagskalender anzeigt. Sie druckt unter dem Titel "Der arme Freier" eine "nicht nur besinnliche Weihnachtsgeschichte" von Salomé Balthus. In der es mit Blick auf potenzielle Verkäufer käuflicher Liebe heißt: "Genossen Parasiten: wenn ihr hier mitspielen wollt, dann dürft ihr euch nicht an Arm-aber-sexy halten, sondern an die Reichen. Ihr alle habt eine Zukunft, denn den Reichen muss richtig was weggenommen werden, eigentlich mehr als nur 3000 Euro für eine Nacht. Fickt die Reichen – nicht euresgleichen!" Zu Weihnachten klassenkämpferisch reimend: Salomé Balthus in der WELT.
Ach ja. Falls Sie doch erst wieder am Heiligabendvormittag auf Geschenkjagd gehen – nur keine Panik! Die TAZ titelt: "Wer zuletzt kauft, kauft am besten."
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