Aus den Feuilletons

Liebe zu dritt

Hannah Herzsprung (links, als Caroline von Beulwitz), Florian Stetter (Friedrich Schiller) und Henriette Confurius (Charlotte Lengefeld) in Weimar während der Dreharbeiten von Dominik Grafs Film "Die geliebten Schwestern".
Hannah Herzsprung (links), Florian Stetter und Henriette Confurius bei den Dreharbeiten in Weimar © dpa / picture alliance / Martin Schutt
Von Paul Stänner |
Erotische und politische Verwicklungen medialer Art beschäftigen die Feuilletons, von Dominik Grafs Schiller-Film "Die geliebten Schwestern" bis hin zur Politfarce "Männertreu".
Der Mittwoch wird ein Tag der bewegenden Bilder – Schiller, Politik und Wiederholungen im Fernsehen, ein weites Feld. Wir beginnen mit Schiller.
"Dies ist der Film, den wir nach 'Fack ju, Göhte' gebraucht haben", schreibt Verena Lueken in der FAZ. Wir sprechen von den "geliebten Schwestern", dem neuen Film von Dominik Graf. Es geht, kurz gesagt, um eine flotte Dreiecksgeschichte des jungen Friedrich Schiller im Zusammenspiel mit zwei liebevollen Schwestern, die unbedingt das Beste miteinander teilen wollten, nämlich Schiller, den Glückspilz.
"Was für eine Geschichte! Warum hat uns die niemand erzählt, als wir die ersten Strophen der 'Glocke' auswendig lernen mussten?"
Auch wir hätten Schillers Idealismus viel besser verdaut, wäre er mit etwas lockerem Künstlerleben serviert worden. "Warum brauchen wir diesen Film?", fragt die Rezensentin. Wir brauchen ihn, sagt sie, "weil wir zusehen können, wie die Lust, zu denken und zu leben, frei macht." Da ist was dran!
Peter Uehling in der BERLINER ZEITUNG ist misstrauisch, weil "hier eine Utopie freier Liebe ohne Eifersucht gelebt wird", kann sich dann aber ins Geschehen einfinden:
"Schiller schläft ... mit beiden Schwestern, vor allem mit der passionierteren Caroline".
Aber – und da scheint für ihn die Utopie am Ende:
"Heiraten kann Schiller jedoch nur Charlotte."
Der Politiker als Erotoman
Wer auch ein interessantes Leben beschreibt, ist der Film "Männertreu", der um 20.15 in der ARD ausgestrahlt wird. Es geht um einen machtbewussten Pressechef, brillant, kultiviert, eitel und rücksichtslos, der Bundespräsident werden soll. Offenbar schleppt er alles ins Bett, was nicht bei drei auf den Bäumen ist, Schiller im Dreieck mit den Schwestern war nur ein blasser Idealist gegen diesen Georg Sahl mit dem – laut TAZ – "bräsigen Charme".
"'Männertreu' genießt die dunkle Seite der Macht", schreibt Ralf Wiegand in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Dann purzeln bei ihm die Namen: Strauss-Kahn, Seehofer, Guttenberg und auch Wulf, und das nicht nur, weil am Ende eine Rücktrittsszene kommt, die uns irgendwie bekannt erscheint.
"Männertreu ist ein Sittengemälde und eine Gesellschaftskritik, so fein, fesselnd und brutal ehrlich, dass die Grenze zwischen Dichtung und Wirklichkeit vollkommen egal wird."
Barbara Möller in der WELT genießt das besondere Apercu dieser Geschichte:
"Denn in seiner Rolle als Georg Sahl sieht Matthias Brandt seinem Vater ähnlicher denn je ..."
Was, müssen wir wohl anmerken, der Geschichte noch ein wenig süffisante Wahrhaftigkeit zufügt. Die TAZ findet, Drehbuchautorin Thea Dorn habe genau das "Geseire" aufgenommen, "das das nicht fiktionale Fernsehen und sein Personal aus dem Politikbetrieb jeden Tag von sich geben."
Man könnte misstrauisch werden bei so viel Gleichklang aus so unterschiedlichen Lagern. Müssen wir akzeptieren, dass unser Politik- und Medienbetrieb wirklich so verkommen ist, wie die Artikel vermuten lassen? Oder handelt es sich nur wieder um ein selbstgerechtes Bashing der politischen Klasse? Oder – noch banaler - nähert sich das deutsche Fernsehen lediglich den zynischen Erzählstrukturen des amerikanischen Fernsehens an, dass mit Serien wie "West Wing" oder "House of Cards" die Maßstäbe gesetzt hat?
Zum Glück hat Lena Bopp eine gemütvolle Qualität des Fernsehens entdeckt, "Ein Lob der Wiederholung" hat sie geschrieben. Sie bemüht in der FAZ Proust – na klar – und auch Kierkegaard, der "die Liebe der Wiederholung" als die "einzige glückliche" beschrieben hat. Gerade weil man sich am Ende der Arbeitstage beruhigen lassen möchte, seien Wiederholungen das schönste. Denn, so Bopp:
"Was wäre dazu besser geeignet als eine Geschichte, an die man sich vage noch erinnert?"
Aber noch schöner ist es, wenn wir in der alten Geschichte vom alten Schiller eine neue, funkelnde Facette entdecken.
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