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Lob für den neuen Literaturnobelpreis-Träger
Die Auszeichnung des Schriftstellers Kazuo Ishiguro mit dem Literaturnobelpreis findet in den Feuilletons durchweg positive Resonanz. Eine Diskussion wie bei der Verleihung des Preises an Bob Dylan bleibt dieses Jahr aus.
Was von diesem Tage übrig bleiben wird, ist der Literaturnobelpreis für Kazuo Ishiguro. Im vergangenen Jahr hatte das Komitee ja wenig Glück mit seiner Entscheidung, denn der Preisträger meldete sich nicht. Andererseits hielt genau das die Debatte am Laufen – bis Bob Dylan die Auszeichnung so im Vorbeigehen dann schlussendlich doch annahm. Diesmal wird das alles anders sein: Die Diskussion bleibt aus, die Freude über den Literaturnobelpreisträger Kazuo Ishiguro ist einhellig, und seine feine englische Art und Höflichkeit wird ihn bestimmt pünktlich zum Festakt nach Stockholm lotsen. Also müssen die Feuilletons kompakt auf einmal loben, und das tun sie auch!
Hubert Spiegel bemerkt in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN, dass mit Ishiguro "beileibe kein Unbekannter und doch der Schöpfer weitgehend unbemerkt gebliebener Meisterwerke" ausgezeichnet wird. "Wer Ishiguro liest, muss sich damit abfinden, dass er nicht jede Nuss knacken wird, die ihm bei der Lektüre vor die Füße rollt. Aber die Geheimnisse, um die es diesem Autor geht, sind nicht ästhetisch-literarischer Art, sondern existentieller Natur", so die FAZ.
Barbara Möller gesteht in der WELT erstmal freimütig, Ishiguros Romane beim dritten Umzug aussortiert zu haben, und doch hat ihr dann etwas gefehlt: "Keiner hat den Engländern stilvoller vor Augen gehalten, warum ihr Empire untergehen musste, als der Junge aus dem fernen Nagasaki", schreibt sie in der WELT. Kazuo Ishiguro, Kind japanischer Migranten in Großbritannien, ist mit 64 Jahren verhältnismäßig jung und gehört zu den akribischen Wenigschreibern. Das hat den Vorteil, dass alle Feuilletons ein paar Worte über Inhalt und Stil eines jeden seiner sehr verschiedenen Romane verlieren und sich so die Einsteiger ihr passendes Buch gleich aussuchen können.
"Was vom Tage übrig blieb", die Geschichte eines Butlers, der am Ende begreift, dass er in einem Netz von Etikette, Pflichtbewusstsein und Selbstverleugnung gefangen war und darüber sein Leben versäumt hat, ist sicher sein bekanntestes Buch. "Was von England übrig blieb" macht die WELT zur Titelzeile ihres Artikels über die Entscheidung für Ishiguro als neuen Nobelpreisträger und meint: "Man ist geneigt, ihn als europäischen Kommentar zum Brexit zu begreifen... Dann wäre dieser Literaturnobelpreis für den Immigranten eine gezielte Irritation. Möglicherweise sogar eine kleine Provokation".