Miete ein Huhn!
Die FAZ stellt den Service "Rent a Huhn" eines hessischen Bauern vor: Wer 25 Quadratmeter freie Fläche zu bieten hat, kann fünf Hühner samt Futter, Stall und Zaun mieten. Ein gutes Beispiel für die Dialektik von Natursehnsucht und Urbanität, findet die FAZ.
Träumen Sie davon, auf dem Land zu leben, liebe Hörer? Wohnen aber in Wirklichkeit ganz gern in der Stadt?
Für die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG ist das kein Selbstwiderspruch, sondern eine Dialektik, die bis in die Romantik zurückreicht. Merke:
"Wahre Natursehnsucht lässt sich erst als Kontrapunkt zur Urbanisierung frönen."
Um aber doch bisweilen gackernde Hof-Atmosphäre im Asphalt-Dschungel zu genießen, empfiehlt die FAZ "Rent a Huhn". So heißt der Service eines Bauern aus der Nähe von Frankfurt am Main.
"Alles, was man braucht, sind 25 Quadratmeter freie Fläche, und schon können die gefiederten Untermieter im Garten oder auf der Terrasse einziehen. Das Einsteigermodell – fünf Hühner für zwei Wochen samt Futter, Stall und Zaun – kostet inklusive Endreinigung 118 Euro."
Laut FAZ werden die Miet-Hühner auf "tagelanges Streicheln und Rumgetragenwerden vorbereitet". Wie das aussieht, erfährt man leider nicht.
Dafür hat Sandra Kegel einen Massaker-Vermeidungstipp:
"(Abends sollte man) die Stalltür tunlichst abschließen, Großstadtmarder könnten sonst dafür sorgen, dass Kinder mit einem Anblick jenseits ihrer Bauernhof-Bilderbücher konfrontiert werden."
Breitseite gegen den Massentourismus
Nun gibt's Großstädter, die ihre Landlebenslust lieber im Urlaub verwirklichen – zum Beispiel im schönen Tirol.
Und das findet der Dichter Hans Haid abscheulich. Unter dem Titel "Verkaufte Stille" zitiert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG Haids Breitseite gegen den Massentourismus - "mit und ohne Pornografie, Almbar, Hüttenpuff, Saisonbock, Schweinigel und angekarrten Huren zur Belustigung der noblen Gäste, mehr noch zum Nutzen der Bosse in den taleigenen Seilbahnen."
Der SZ-Autor Helmut Schödel war mit dem "Alpenflüsterer" im Ötztal unterwegs, freut sich, dass der Haymon Verlag eine dreibändige Ausgabe von Haids Werken plant und zitiert aus "Ein Dorf im Winter":
"'alle hacken/ stumpf/ alle Vögel/ gestorben/ alle fenster / zerrissen/ drinnen/ liegt der Schnee// alle flaschen/ leer/ niemand mehr/ rundherum ... '"
Offenbar geht's hier nicht um einen angesagten Ski-Ort. Und folgt man Haids Anti-Tourismus-Logik, müsste der Ton eigentlich fröhlicher sein: endlich Ruhe.
"Großbritanniens enttäuschendste Tourismusattraktion"
Wer Tirol meiden möchte, dem sei das Dismaland im Süden Englands empfohlen. Der Künstler Bansky hat dort mit 50 Kollegen aus 17 Ländern "Großbritanniens enttäuschendste neue Tourismusattraktion" gestaltet. Was aber – Stichwort: britischer Humor – genau umgekehrt zu verstehen ist, wie auch aus Christian Zaschkes Besuchsbericht in der SZ hervorgeht.
In der Bude etwa, die David Shrigley gebaut hat, bewarf Zaschke freudig einen Amboss – mit Tischtennisbällen:
"Der Slogan lautet: 'Wirf den Amboss um und gewinn den Amboss.' Das ist einerseits komplett albern, aber es ist andererseits ein wahrhaft erhebendes Gefühl, sich (für ein Pfund) drei Tischtennisbälle zu kaufen und sie auf den Amboss zu werfen, und wer weiß, vielleicht könnte er, wenn man genau genug oder fest genug oder gewitzt genug – schon gut, natürlich nicht. Wer den Amboss nicht umgeworfen hat, bekommt als Trostpreis ein sinnloses Gummi-Armband, auf dem 'Sinnloses Gummi-Armband' steht."
"Abgrundtief lustig" heißt der SZ-Artikel ...
Islamische Identität eines spanischen Bauwerks
Unlustig geht's hingegen im spanischen Cordoba rund um die Mezquita zu, jenem Touristen-Liebling von Moschee, in deren Mitte eine Kirche steht. Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG berichtet, dass der Erzbischof seit Langem "die islamische Identität des Bauwerks unterdrücken will". Überhaupt versuche die katholische Kirche "immer insistenter, die Erinnerung an das muslimische Erbe Spaniens zu tilgen".
Unser Reise-Special endet poetisch. In der Tageszeitung DIE WELT heißt es:
"Am Freitag erscheint 'Vonne Endlichkait', ein Band mit nachgelassenen Texten von Günter Grass. Der Schriftstellerkollege Peter Wawerzinek hat für uns die letzten Gedichte des Literaturnobelpreisträgers bereits vorausschauend niedergeschrieben. Ein Fall von metafiktionaler Gedankenübertragung, halb Hommage, halb Parodie."
Und hier das Gedicht "Letzte Weisheit":
"Mit Willi Brandt, Amundsen
und Scott habe ich eins gemeinsam:
Wir brachen auf zu den Polen."
und Scott habe ich eins gemeinsam:
Wir brachen auf zu den Polen."