Aus den Feuilletons

Offenes Rennen um die Urheberrechtsreform

Illustration von einem Mann, der Bücher signiert
Am Mittwoch wird das EU-Parlament über die Reform des Urheberrechts entscheiden. © imago/Ikon Images
Von Burkhard Müller-Ulrich |
Dass am kommenden Mittwoch das EU-Parlament über die vorliegende Reform des Urheberrechts entscheidet, treibt Literaturagenten, Verleger und Schriftsteller im Feuilleton der "Welt" um. Und unisono wünscht man sich, dass die Reform auch verabschiedet wird.
Es ist ja klar, dass eine Sache, die "Urheberrecht" heißt, niemanden begeistern kann. Deswegen können die Zeitungen so viele Artikel zum Thema Urheberrecht bringen, wie sie wollen, richtig interessant klingt keiner davon, und in der Presseschau machen wir erst recht einen großen Bogen darum.
Die WELT versucht es jetzt ein bißchen anders, und zwar mit kurzen, knalligen Statements von Promis des Literaturbetriebs. Denn am Mittwoch wird das EU-Parlament über die Reform des Urheberrechts entscheiden. Es hat im Vorfeld dazu schräge Kampagnen von Internetaktivisten gegeben, die die EU-Parlamentarier mit Massen von E-Mails zugespamt haben, "eine virtuelle Schlammschlacht", wie die Literaturagentin Elisabeth Ruge es ausdrückt.

Prominente Fürsprecher der Reform

Der Verleger von Kiepenheuer und Witsch, Helge Malchow, äußert sich grundsätzlicher: "Die Basis jeder freien Kultur, ohne die keine freie Zivilisation denkbar ist, ist ein funktionierendes Urheberrecht." Malchow sieht in der gegenwärtigen Auseinandersetzung einen "Jahrhundertkonflikt zwischen Urheber und der Umsonstindustrie."
Jonathan Landgrebe vom Suhrkamp Verlag sagt: "Die neuen Regelungen stützen die Vielfalt der Medien und unseres kulturellen Lebens." Und die Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff meint: "Nur das, wofür wir wirklich bezahlen, schätzen wir wert und nehmen es ernst."
Nun mag man einwenden: sowohl die Literaturverleger als auch der Axel-Springer-Verlag, in dem die WELT erscheint, haben natürlich mit den unbeschränkten Kopier- und Verbreitungsmöglichkeiten des Internets das größte Problem und deswegen ein starkes Interesse daran, daß die EU-Abgeordneten diese Woche die Urheberrechtsreform verabschieden. Aber trotz all der prominenten Fürsprecher ist das Rennen offen. "Selbst Insider schrecken vor Prognosen zurück", heißt es am Anfang des Artikels in der WELT.

Kritik am Berliner Kunstprojekt "DAU"

Offen ist übrigens auch, ob das Berliner "DAU"-Projekt zustandekommt. Es handelt sich da um "ein gesellschaftliches Experiment, das die Wahrnehmung Berlins verändern wird." So steht es auf der Webseite der Berliner Festspiele, die das Ding veranstalten. Ein russischer Künstler namens Ilya Khrzhanovsky will einen Teil der Berliner Mauer wieder aufbauen, was allerlei Fragen der Sicherheit, der Verkehrslenkung und des Denkmalschutzes aufwirft.
Noch haben die Behörden keine Genehmigung erteilt, aber in einem Monat soll die künstlerische Provokation bereits losgehen. Nun meldet der Berliner TAGESSPIEGEL, daß der DDR-Bürgerrechtler und ehemalige Bundestagsabgeordnete Konrad Weiß die Sache unerträglich finde: "Dieses Projekt ist keine künstlerische Provokation, sondern banalisiert die kommunistischen Verbrechen."
Weiß hatte seinerzeit die Verhüllung des Reichstags durch Christo befürwortet, weil dadurch ein neuer "Blick auf die deutsche Geschichte ermöglicht und eine neue Dimension in der politischen Debatte eröffnet" worden sei, aber das Vorhaben von Khrzhanovsky bezeichnet er als "destruktiv und demagogisch".

Forderung nach mehr Studienplätzen zum Lehrerberuf

Genauso destruktiv und demagogisch findet Gerald Wagner in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG das ewige Genörgel an den Schulen, das natürlich jetzt, zum Ende der Sommerferien, wieder flächendeckend einsetzt.
"Pädagogen am Pranger" lautet die Überschrift, unter der es zwei fahrige Spalten lang um Kritikerkritik geht. Ganz besonders schlecht weg kommen die Autoren eines drei Jahre alten erziehungswissenschaftlichen Fachbuchs mit dem Titel "Bildungsqualen". Entgegen der dort thematisierten schlechten Reputation des Lehrerberufs, die oft als Mitursache des derzeitigen Lehrermangels genannt wird, stellt Wagner aber einen "ungebrochenen Enthusiasmus für die Entscheidung zum Lehrerberuf" fest und fordert, mehr Studienplätze für die vielen Bewerber zu schaffen.
Der akute Lehrermangel wird dadurch jedoch nicht behoben. Deshalb werden zur Zeit sogenannte Quereinsteiger angestellt, was für die Pädagogik "natürlich ein Schlag ins Gesicht" sei, wie Wagner schreibt, denn an der Einstellung von Quereinsteigern lerne man "dass es auf ein Pädagogik-Studium anscheinend gar nicht ankommt."
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