Aus den Feuilletons

Operneröffnung in Berlin mit Kalauer

Das Gebäude der Staatsoper an der Straße Unter den Linden ist am 10.04.2017 in Berlin nach langer Zeit wieder im Ganzen zu sehen. Aufgrund der Umbau- und Sanierungsarbeiten verhinderte bislang ein Bretterzaun den Blick auf das geschichtsträchtige Gebäude.
Sieben Jahre Bauzeit und Kosten in dreistelliger Millionenhöhe: Die Staatsoper in Berlin wird Ende des Jahres wiedereröffnet. © picture alliance / dpa / Paul Zinken
Von Hans von Trotha |
Die Berliner Staatsoper wird im Oktober neu eröffnet - nach fast siebenjähriger Umbauzeit. Der "Tagesspiegel" feiert das in bekannter Manier mit einem Kalauer. Außerdem in den Feuilletons: Eine Ode auf die Renaissance der klassischen Medien bei wichtigen Ereignissen und ein 90. Geburtstag voller Fragezeichen.
Beim TAGESSPIEGEL wollen sie bei den Überschriften unbedingt immer Kalauer-Meister werden. Hat wieder geklappt. Dabei gibt es ja auch gute Kalauer im Feuilleton, etwa wenn Frederik Hansen seine Vorfreude-Berichterstattung zur Wiedereröffnung der sanierten Berliner Staatsoper im Oktober mit einem Arien-Zitat aus Wagners "Tannhäuser" einleitet: "Dich, teure Halle, grüß’ ich wieder!"
Hansen selbst findet das Zitat so witzig, dass er es gleich dreimal bringt. Nicht darauf aber bezieht sich der Kalauer, den sie darüber gesetzt haben: "Mit dem Dritten sieht man besser", sondern darauf, dass der Spielbetrieb erst im Dezember beginnt, die Eröffnung aber unbedingt am 3. Oktober sein muss.

Im Ernstfall: Rückkehr zu den Fernsehnachrichten

Mit der Überschrift ließe sich auch assoziieren, was Kurt Sagatz im gleichen Blatt zum öffentlich-rechtlichen Sonntagabendprogramm als Frage formuliert: "Werden ARD und ZDF so ihrem Programmauftrag gerecht?", die Evelin Roll in der SÜDDEUTSCHEN so beantwortet:
"In Frankreich geht es um alles, um die Existenz der EU, um den Euro, darum, ob nach Brexit und Donald Trump noch eine der letzten Demokratien in die Hände von Nationalisten fällt. In der öffentlich-rechtlichen ARD laufen an diesem Abend zwei Krimis, drei Stunden lang."
Dafür hat Kurt Sagatz immerhin eine Erklärung, nämlich, dass Anne Will im Osterurlaub weilt. Was ihn fragen lässt: "Reicht die mehrmonatige Sommerpause der TV-Talker nicht aus?"
"Wie gut, dass es Twitter gibt", schreibt Evelin Roll, aber auch: "Noch gibt es diesen interessanten und kostbaren Hochamt-Mechanismus im allgemeinen Medienkonsum: die Rückkehr zu den Fernsehnachrichten im Ernstfall. Bei großen, wirklich wichtigen und besonders schicksalhaften Ereignissen" und sie setzt dazu: " – wie bei dieser Wahl – schalten sogar Menschen die Nachrichtensendungen der Öffentlich-Rechtlichen ein, die sich sonst nur noch im Netz informieren."

Von Hillary Clinton nichts gelernt?

In der TAZ stört sich Silke Burmester an etwas anderem: "Im ZDF", schreibt sie, nennen Moderator Claus Kleber und Korrespondent Theo Koll Emmanuel Macron schon den künftigen Präsidenten. "Haben die", fragt sie kein halbes Jahr nach Hillary Clinton, "denn nichts gelernt?"
Sogar Jürg Altwegg spricht in der FAZ vorsichtig von "einem Resultat, das mit trügerischer Sicherheit bereits den Ausgang der Stichwahl voraus zu nehmen verspricht". Auch er hat das Ergebnis nicht im Fernsehen erfahren, sondern auf Twitter. Zitat: "Gefunkt hat es 'Radio London'."
"Das Establishment ist so oder so weg vom Fenster", fasst Paul Ingendaay ebenfalls in der FAZ die Lage zusammen, während Andreas Platthaus fragt: "Und was fällt Ihnen zuerst zur französischen Geschichte ein?" Er berichtet von früher, "als die Steinzeit noch in der Zukunft lag". Anlass ist der neunzigste Geburtstag des Zeichners Uderzo – oder, wie er für Generationen deutscher Asterix-Fans heißt: U-der-zo – was nur beweist, wie sehr der Comic auch hierzulande als unverzichtbares Kulturgut betrachtet wird – echt europäisch halt. Platthaus bemerkt klug: "Deshalb wird Hergé von Künstlern bewundert: weil er eine eigene Welt geschaffen hat. Deshalb wird Asterix mehr gelesen: weil er von dieser Welt ist."

Fette Fragezeichen in der Luft

In der WELT rückt der Althistoriker Michael Sommer Mythen gerade, etwa: "Der Otto Normalrömer konnte von einer vernünftigen Orgie nur träumen." Und in der SÜDDEUTSCHEN melden sich gleich sechs Asterix-Fans zu Wort. Reinhard J. Brembeck schwärmt von "gemalter Musik" und Catrin Lorch erklärt: "Uderzo ist sogar bereit, kostbare Bildfläche zu opfern, wenn nur die typografische Idee zieht. Wie man etwa banges Erstaunen darstellt? Als Zeichner hat man das eigentlich drauf – von den hochgezogenen Augenbrauen, den aufgerissenen Augen bis zur Körperhaltung … Uderzo allerdings verzichtet da schon mal: Es reicht ja, wenn man drei fette Fragezeichen in der Luft schweben lässt … Und das lässt sich noch steigern – noch mehr Erstaunen sind einfach noch mehr Fragezeichen. Bild für Bild. Bis gar kein Platz mehr ist in der Luft, vor lauter Fragezeichen."
Genau so hätte, hätte man sie gezeichnet, die Luft über den ARD-Zuschauern vom Sonntagabend ausgesehen, als nach dem ersten Krimi der zweite anfing. (inh)
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