Orhan Pamuks verzweifelter Optimismus
"Solange es Abstimmungen und faire Wahlen gibt, bin ich nicht bekümmert", so Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk im SZ-Interview. Für ihn ist das größte Problem in der Türkei nicht Erdogan, sondern dass die Opposition so zersplittert ist.
"Zum ersten Mal nimmt der türkische Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk ausführlich zur politischen Entwicklung seines Landes nach dem Putschversuch im Juli 2016 Stellung", titelt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG stolz. Geführt hat das Interview Thomas Steinfeld. Pamuk bewegt sich darin vorsichtig durch die Nachputschzeit, so als betone er das eine, um das andere sagen zu können. Etwa wenn er am Anfang klarstellt:
"Es kamen 252 Menschen ums Leben. Selbstverständlich hat die Regierung das Recht, die Putschisten zu verhaften und sie vor Gericht zu bringen, die Soldaten, die Männer, die grausame Dinge getan hatten."
Zersplitterte Opposition in der Türkei
Manche seiner Antworten scheinen mehr Hoffnung auszudrücken, als die Realität zu bieten hat, etwa wenn er sagt:
"Solange es Abstimmungen und faire Wahlen gibt, bin ich nicht bekümmert. Das Referendum war nicht fair, weil die Nein-Seite im öffentlichen Raum nicht repräsentiert war."
Nur wird es denn in der Türkei demnächst wieder faire Wahlen geben? Das wird Pamuk leider nicht gefragt und so klingt auch sein behaupteter Optimismus fast schon verzweifelt:
"Ich bin nicht pessimistisch. Das eigentliche Problem liegt darin, dass die Opposition so zersplittert ist. Diese Parteien hassen einander mehr, als sie Erdoğan hassen."
Die Wahrheit dieses Interviews scheint deutlich zwischen den Zeilen zu liegen.
Spannend wie eine Folge "Das Haus am Eaton Place"
Zwei Tage vor dem Ende des Filmfestivals in Cannes sind die Feuilletons gespalten, was den Wettbewerbsbeitrag einer der Favoritinnen angeht. Den Film von Sofia Coppola mit dem zärtlichen Titel "Die Betörten" fasst der Berliner TAGESSPIEGEL so zusammen:
"Ein Kammerdrama während des Sezessionskriegs über einen Corporal der Nordstaatenarmee (Colin Farrell), der schwer verletzt in einer Mädchenschule in Virginia von Martha Farnsworth (gespielt von Nicole Kidman) unterkommt. Die Anwesenheit des Mannes sorgt für Spannungen unter den Mädchen und Frauen."
Ganz großes weibliches Kino?
Das klingt etwa so spannend wie eine Folge "Das Haus am Eaton Place", ist aber für Tobias Kniebe von der SZ ganz großes weibliches Kino, denn Coppola "geht es um Subtilitäten, die viele männliche Filmemacher wahrscheinlich nicht einmal bemerkt hätten – wie sich etwa das Verhalten von Frauen und Mädchen verändert, sobald ein Mann im Haus ist. Der Effekt zeigt sich in den Kleidern, den Frisuren, dem Schmuck, in den Gesprächen untereinander, in den wissenden Blicken, die quer über den Esstisch gehen".
Die Kritikerin der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG Verena Lueken macht das eher ratlos:
"Trotz der sehnsüchtigen Blicke, der Bemerkungen, der Einladungen zum abendlichen Brandy oder zur Musik- und Gebetsstunde danach, die alle sehr geschmackvoll und dekorativ arrangiert sind, wirkt der Film brav. Dabei schrecken auch diese Frauen vor dem Äußersten nicht zurück. Was auch immer Sofia Coppola wollte, als sie dieses Remake drehte, dem Film sieht man es nicht an."
Helene Fischer beim Pokalfinale - wer sonst?
Rechtzeitig zum am Samstag stattfindenden DFB-Pokalfinale fragt Jürn Kruse in der TAZ genervt:
"Wie viel muss man noch leiden, nur um ein bisschen Sport sehen zu dürfen?"
Damit meint er natürlich nicht das Spiel zwischen Eintracht Frankfurt und Borussia Dortmund, sondern die inzwischen dazugehörende Halbzeitbespaßung des Publikums:
"In diesem Jahr darf Helene Fischer in der Halbzeitpause ein Medley aus zwei Songs vortragen. 'Welche Songs die 32-Jährige live im Berliner Olympiastadion singen wird, bleibt bis zum Auftritt ein Geheimnis', schreibt der Deutsche Fußball-Bund in seiner Pressemitteilung. Uuh, ich halt die Spannung kaum aus", nölt Kruse.
Nun darf man natürlich fragen, wen denn der TAZ-Autor dort vor fast 80.000 Fußballfans gern gesehen hätte? Tocotronic oder Blumenfeld?
50 Jahre "Sergeant Pepper"
Man muss Helene Fischer natürlich nicht lieben, ganz im Gegensatz zu den Beatles. An denen es auch nach 50 Jahren kein Vorbeikommen gibt. So lange ist es her, dass das legendäre Album "Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band" erschienen ist, dem die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG ihren Aufmacher widmet. Wir können davon leider nur noch die Titelzeile zitieren, die andererseits aber auch alles sagt:
"Wie man aus Tönen Torten macht"