Aus den Feuilletons

Panik vorprogrammiert

Zwei Wecker stehen im Herbstlaub
Durch die Zeitumstellung am 28.10. wird es abends noch früher dunkel. © imago stock&people
Von Klaus Pokatzky |
Die Zeitumstellung in gut einer Woche ist ein Anlass für "NZZ" und "SZ" über das veränderte Verhalten der Menschen im Herbst zu sinnieren. Weniger Sonne und Schnee werde in Land und Stadt mit unterschiedlicher Gelassenheit aufgenommen.
"Es wird jetzt wieder früher spät." Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG warnt uns jetzt schon vor der herbstlichen Zeitumstellung am 28. Oktober und zitiert erstmal unseren guten alten Johann Wolfgang:
"Nebel schleichen in die Höh'". Wird nach diesem tropischen Sommer ja auch langsam Zeit.
"Über die Zeit kann man sagen, was man will, aber dass sie eine feste Größe ist, ist nicht ganz richtig", findet Paul Jandl:
"Zeit ist ein Gefühl wie die Jahreszeiten, die den Norden in milde Mitternachtssonne tauchen und dem sommerlichen Süden wenigstens ein paar Stunden dunkle Nacht vergönnen." Und uns hoffentlich bald richtig schönen Schnee.
"Sie werden sehen, welche Panik in München wieder ausbrechen wird, wenn der erste Schnee fällt", lesen wir in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, "da kriechen sie mit 25 km/h durch die Straßen", sagt Wolfgang Krebs im Interview.

Mit Satire die Angst vor den Flüchtlingen nehmen

"Da reagieren Landmenschen gelassener, die ziehen Winterreifen auf und brettern weiterhin mit 100 durch die Gegend." Der Kabarettist erzählt nach der Bayernwahl vom letzten Wochenende, was die grünen Menschen in der Stadt von den schwarzen Menschen auf dem Land zwischen Main und Alpen so unterscheidet.
"Was lässt sich denn ein vollbesetzter niederbayerischer Wirtshaussaal von einem Kabarettisten über Flüchtlinge erzählen?", will Interviewer Rudolf Neumaier wissen. "Ich versuche, den Leuten die Angst zu nehmen", erzählt Wolfgang Krebs. "Mit Satire geht das, darauf lassen sie sich ein. Wenn man ihnen klarmacht, dass jeder Autofahrer, der am Steuer SMS tippt, gefährlicher ist als ein Flüchtling aus Afghanistan, überzeugt sie das."

Keine Reaktion auf Erkenntnisse zum Rechtsextremismus

Wolfgang Krebs sollte nicht nur in Bayern auftreten. "Wir messen seit 2002 in repräsentativen Umfragen Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und autoritäre Aggression als Kern rechtspopulistischer Einstellungen", sagt Wilhelm Heitmeyer. "Damals lag das Potenzial bei 20 Prozent", erklärt der Soziologe und einstige Leiter des Bielefelder "Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung" im Interview mit dem Berliner TAGESSPIEGEL. "Wir haben immer wieder neue Zahlen veröffentlicht, aber entscheidende Teile der etablierten Politik haben sich nicht darum gekümmert, denn das tangierte bis dahin nicht die Mandate."
Tut es jetzt aber, wo die AfD nicht nur in fast allen Landtagen, sondern auch im Deutschen Bundestag sitzt. "Der Begriff Rechtspopulismus ist völlig ungeeignet wegen seiner Beliebigkeit und für die AfD inzwischen viel zu verharmlosend", meint Wilhelm Heitmeyer: "Gezielt wird auf die Destabilisierung von Institutionen. Das ist zentral und wird zu wenig beachtet."
Goethe hat dazu schon alles gedichtet: "Alles schwankt ins Ungewisse."

Sexismus aus Mangel an emotionaler Intelligenz

Und damit zu den Gewissheiten des Lebens. "Es sind nur wenige, die sich nicht an die einfachsten Benimmregeln halten", steht in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. "Und trotzdem passiert es immer wieder. Eine Studentin hat mir einmal erzählt, der Professor XY nimmt nur die in seinen Kurs auf, die mit ihm geschlafen haben."
Das sagt im Interview Christine Schornsheim. Sie ist Vizepräsidentin der Münchner Hochschule für Musik und Theater und wurde dort selbst Opfer von sexuellen Übergriffen. So ausführlich und detailliert hat wohl noch keine Frau aus der deutschen Kulturszene Auskunft zum Sexismus gegeben: "Die menschlichen Abgründe machen vor der Intelligenz keinen Halt. Womöglich mangelt es an der emotionalen Intelligenz. Vielleicht ist in der Hochkultur der Spielraum sogar noch größer. Man möchte an diese schöne, heile Welt glauben. Und man billigt großen Künstlern noch mehr an Abgründen zu."
Da blicken wir lieber noch mal in die NEUE ZÜRCHER mit Goethe:
"Und durchs Auge schleicht die Kühle / Sänftigend ins Herz hinein."
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