Aus den Feuilletons

Pannen beim neuen Literarischen Quartett

Der Literaturkritiker Volker Weidermann, aufgenommen am 02.09.2015 während eines Interviews in Berlin. Volker Weidermann leitet seit Oktober die ZDF-Literatursendung "Das Literarische Quartett".
Der Literaturkritiker Volker Weidermann © dpa / Gregor Fischer
Von Klaus Pokatzky |
Die Neuauflage der Kritikerrunde "Literarisches Quartett" im ZDF ist Thema in den Feuilletons. Die "FAZ" berichtet von Schwierigkeiten des "Spiegel"-Literaturkritikers und Reich-Ranicki-Nachfolgers Volker Weidermann mit dem Medium Fernsehen.
"Gucken Sie viele Fernsehserien?" Das fragt der SPIEGEL eine Literatin. "Das ist nun voll Karacho autobiografisch", antwortet die Meisterin des Karachowortes. "Ich gucke ohne Probleme vier, fünf Stunden am Tag." Arme Charlotte Roche. Vielleicht sollte sie am Freitagabend mal nicht eine Serie im Fernsehen ansehen, sondern die Neuauflage einer Literatur-Kultsendung.
"Die Zuschauer sollen dieses Kritikerfernsehen 'spitze' finden, hofft man beim ZDF",
wie uns die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG aufklärt – nachdem am Mittwoch im Berliner Ensemble die erste Folge des neuen "Literarischen Quartetts" aufgezeichnet wurde: mit dem "Spiegel"-Literaturkritiker Volker Weidermann als Nachfolger von Marcel Reich-Ranicki. Und so wie der bei seiner allerersten Sendung seine Schwierigkeiten mit dem Medium dadurch demonstrierte, dass er erst einmal in die Eröffnungsmusik laut hinein räusperte, so hatte auch die Aufzeichnung der Nachfolgesendung ihre Tücken.

Wie "Spiegel"-Literaturkritiker und Moderator des neuen "Literarischen Quartetts", Volker Weidermann, die Aufzeichnung selbst erlebt hat, hat er in der Sendung "Studio 9" erzählt.

Programmtipp: Eine Kritik der ersten Ausgabe des neuen "Literarischen Quartetts" von Autor Matthias Dell können Sie heute Abend in der Sendung "Fazit" ab 23:05 Uhr hören.

"Mal klatscht das Publikum zu lang in Weidermanns Anfangsmoderation, dann rauscht ein Mikro, und es muss hinter den Kulissen minutenlang nach der Fehlerquelle gesucht werden",
erfahren wir aus der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG.
"Während die Journalistin Christine Westermann einfach ruhig abwartet und Weidermann nervös und stumm auf seine Moderationskarten guckt, überbrückt Schriftsteller Maxim Biller, der Dritte im Bunde, diese irgendwann fast schon groteske Vorlaufzeit, indem er dem Publikum die Anfänge der russischen und tschechischen Nationalhymne vorsingt",
hat Alex Rühle beobachtet.

Die erste Sendung des neuen "Literarischen Quartetts" ist an diesem Freitagabend, 2. Oktober 2015 um 23:00 Uhr im ZDF zu sehen. Mehr Informationen auf der Webseite des Senders.

Kein Selfie mit Reich-Ranicki
"Schade, dass ich nie ein Selfie mit ihm machen konnte"
ein Selfie nämlich mit Marcel Reich-Ranicki. Das schreibt in der Tageszeitung TAZ deren Praktikant Adrian Schulz,18, der beim Ende des ersten Quartetts fünf Jahre alt war.
"Dem neuen Literarischen Quartett ist zu wünschen, dass es beides sein wird",nämlich: "lehrreich und unterhaltsam".
Das hofft, ebenfalls in der TAZ, Jürgen Busche, Gründungsmitglied des ZDF-Oldtimers. Jürgen Busche könnte mit seinen 70 Jahren der Großvater des Praktikanten Adrian Schulz sein; mit Selfies hat er es aber garantiert nicht so.
"Seinen Beitrag für diese Seite hat Busche mit der Hand geschrieben und per Post an die taz-Redaktion geschickt",
ist unter seinem Text zu lesen. Bei einem solchen Mann könnten wir uns sogar vorstellen, dass er Fernsehserien verschmäht und seine Zeit sinnvoll verbringt.
Die letzten Deutschen
"Uns wird geraubt die Souveränität, dagegen zu sein."
Das schreibt im neuen SPIEGEL ein Literat, der gerne anschreibt gegen das, was er als "linkskritische Intellektualität" empfindet, gegen "die immer herrschsüchtiger werdenden politisch-moralischen Konformitäten". Oder anders gesagt: Das Flüchtlingsthema schreit nach einer Polemik von Botho Strauß.
"Ich möchte lieber in einem aussterbenden Volk leben als in einem, das aus vorwiegend ökonomisch-demografischen Spekulationen mit fremden Völkern aufgemischt, verjüngt wird",
bekennt der Schriftsteller und Dramatiker dann auch unter der Überschrift "Der letzte Deutsche". Daraus könnte man direkt eine Fernsehserie machen.
"Als ich 1989 mit dem Studium fertig war, habe ich meine Familie in den USA besucht. Nach drei Wochen dachte ich mir: 'Das kann doch nicht sein – Ich vermisse Berlin!'"
Das sagt im Interview mit der TAZ Hamid Nowzari.
"Da war mir klar, dass Berlin meine Heimat ist."
Und damit ist klar, dass es neben Botho Strauß noch einen weiteren letzten Deutschen gibt: Hamid Nowzari, Bauingenieur und 1980 aus dem Iran nach Westberlin geflohen. Das TAZ-Interview ist ein Lobgesang auf die Flüchtlinge in Deutschland und Berlin. Hamid Nowzari:
"Die Stadt ist insgesamt viel offener und bunter geworden."
Botho Strauß lebt übrigens in der Uckermark.
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