Riskantes Neuland
Ein Tourist trifft im Indischen Ozean auf eine Welt ohne Kontakt zur Außenwelt und bezahlt dies mit seinem Leben. Eine Schwedin in Neukölln bestimmt darüber, wer den nächsten Literaturnobelpreis erhält und Friedrich Merz hebt gerne mal ab.
Wahrscheinlich haben Sie davon gehört: Der junge amerikanische Missionar John Allen Chau ist auf der nördlichen Sentinel-Insel im Indischen Ozean, die er verbotenerweise per Kajak angesteuert hatte, getötet worden. Und zwar von den Insel-Bewohnern, die seit Jahrhunderten jeglichen Kontakt mit der Außenwelt meiden und dabei mittlerweile, ohne es zu wissen, von der indischen Regierung geschützt werden.
Vor diesem Hintergrund beleuchtet Harald Eggebrecht in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, dass es für indigene Völker eigentlich immer ums Überleben ging, wenn Fremde auftauchten. Am Ende zitiert Eggebrecht den Mathematiker, Naturforscher und Aphoristikers Georg Christoph Lichtenberg mit einem wahren Schatz von Satz: "'Der Amerikaner, der den Kolumbus zuerst entdeckte, machte eine böse Entdeckung.'"
Der Überflieger Friedrich Merz
Sie ahnen es: Eine pfiffigere Formulierung werden Sie in dieser Presseschau nicht mehr hören. Aber spitzen Sie bitte trotzdem die Ohren. In der Tageszeitung DIE WELT besingt Boris Pofalla die Vorzüge des Fliegens, namentlich des Selber-Fliegens. Und er erwähnt auch Friedrich Merz, der sich dieser Tage um den CDU-Vorsitz post Angela Merkel bewirbt.
"Man sollte Merz wegen seiner Inhalte angehen, aber nicht, weil er zwei Flugzeuge besitzt (ein Leichtflugzeug der Marke Cessna und eine Socata mit maximal fünf Passagieren). Fliegen ist eine harte Schule. In einer Pilotenkanzel nützen einem weder markige Worte noch Überzeugungen; die Physik verhandelt nicht, das Wetter kennt keine Abstimmungen. Vielleicht sollten mehr deutsche Politiker eigenhändig fliegen, nicht weniger."
Hey, das ist ja quasi wie Cessna-Fliegen!
Lieber Boris Pofalla, was schreiben Sie denn da? Klar, die Physik verhandelt nicht – Politiker jedoch verhandeln ständig. Und wenn sich auch das Wetter nicht um Abstimmungen kümmert – in der Demokratie verändern sie alles. Um von den Überzeugungen nicht zu reden, die in der Politik wirksamer sind als im Cockpit.
Falls Friedrich Merz also demnächst in der CDU oder gar in Deutschland das Steuer übernimmt, hoffen wir nicht, dass er denkt: Hey, das ist ja quasi wie Cessna-Fliegen! Übrigens: Auf der Forum-Seite der WELT bekennt sich Merzens Konkurrent Jens Spahn unter der Überschrift "Glaube und Moral sind nicht dasselbe" ausführlich zu seinem katholischen Glauben.
Eine Literaturnobelpreisjurorin aus Berlin-Neukölln
Falls Sie das nicht interessiert, schlagen Sie das Interview mit Rebecka Kärde auf. Die 27-jährige schwedische Kritikerin, die seit langem in Berlin Neukölln wohnt, wird über den nächsten Literaturnobelpreisträger mitentscheiden – als eine von fünf externen Juroren. Dieses Jahr gibt's bekanntlich keinen Preis, zu groß war in der Schwedischen Akademie der Sex-Skandal, zu heftig die Schlammschlacht. Aber nächstes Jahr wird dann wieder gekürt, unter anderen eben von Rebecka Kärde.
Freundliche Nachfrage seitens Richard Kämmerlings: "Haben Sie überhaupt schon mal in einer Jury gesessen?" Antwort Kärde: "Nein, das ist meine erste. Klar, die Aufgabe ist vermutlich zu groß. Aber das wäre sie für jeden." Darauf Kämmerlings sarkastisch: "Offenbar war sie es auch für die bisherige Akademie."
"Quatsch, in der Literatur Vergleiche anzustellen"
Kärde: "Eben. Jeder weiß, dass es Quatsch ist, in der Literatur Vergleiche anzustellen. Darum geht es nicht. Man wählt nicht den ‚besten Autor der Welt‘ aus, sondern man sucht jemanden aus, der dieses Preises würdig ist. Wenn ich also älter und qualifizierter wäre – ich will damit nicht sagen, dass ich es nicht bin –, aber wenn ich jemand wäre, der mit diesem Anruf gerechnet hätte, auch dann würde ich die Aufgabe für eine Überforderung halten."
Leicht perplex, aber sympathisch: Die Literaturnobelpreisjurorin Rebecka Kärde aus Neukölln. Tja, dass wir heute fast nur die WELT zitiert haben, ist jetzt auch nicht mehr zu ändern.
Deshalb erwähnen wir nur noch, dass man laut FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG in Saudi-Arabien die internationalen Reaktionen auf die Ermordung des Journalisten Jamal Kashoggi allen Ernstes für "politische Instrumentalisierung" hält. Und halten uns selbst nun an die Maxime, die in der TAGESZEITUNG Überschrift wurde. Sie lautet: "Schweigen ist Gold."