Sex-Aufklärung im Fernsehen
Eine TV-Serie entkrampft das Sexleben der deutschen Fernsehzuschauer. Die dafür verantwortliche Paartherapeutin Ann-Marlene Henning erklärt den Erfolg und weist die Kritik der AfD zurück: "Die machen mich traurig."
Der Wochenrückblick wird von einer spendablen Enkelin überstrahlt, die der TAGESSPIEGEL am Sonntag vorstellt. Nina von Maltzahn – so wird berichtet – schenkt der American Academy in Berlin zehn Millionen Dollar. Das Geld soll der Erhaltung des Hauses dienen. Es ist das Haus ihres Großvaters, des Bankiers Hans Arnhold. Hier am Wannsee ist ihre Mutter aufgewachsen, bevor die Familie vor den Nazis in die USA flüchtete. Später verkaufte die Familie das Haus an die Bundesrepublik und engagierte sich von Beginn an für die Gründung der American Academy am romantischen Ort am Wannsee. Die Ideen in der Bankiers- und Unternehmerfamilie Arnhold waren immer schon etwas verwegener, meint lakonisch Deike Diening und beschreibt ausführlich den Werdegang Nina von Maltzahns. Mit der American Academy sollte eine Institution gegründet werden, die auf höchster politischer und wissenschaftlicher Ebene das deutsch-amerikanische Verhältnis pflegt. Dafür gab die Familie ihr Einverständnis. Und nun das großzügige Geschenk.
Kritik an neuem russischen Institut
Beim Rückblick auf den Wochenanfang fällt ein Artikel in der WELT auf: Dort wird die Gründung des russischen Instituts "Dialog der Zivilisationen" in Berlin gemeldet. Karl Schlögels Artikel enthält kein Willkommen dieser Initiative, im Gegenteil, es hagelt mächtig Kritik. Der Historiker schreibt: Dass ausgerechnet Berlin, an dem die deutsch-russischen Verwicklungen im Jahrhundert der Extreme so sichtbar sind wie an kaum einem anderen Ort, zur Bühne wird, auf der ein einstiger KGB-Chef den Ton in einem Dialog der Zivilisationen angeben soll, ist für mich nach Putins Angriff auf die Ukraine, die größte persönliche Niederlage in meinem Leben. Er ist entsetzt darüber, dass sich die Deutschen… aus falsch verstandener Sympathie sowie aus Feigheit oder Geltungssucht der russischen Weltsicht ergäben.
Die Weltsicht, was für ein sehr verschieden besetztes Wort. Ganz deutlich sehen wir das an der Diskussion um den Brexit und um Europas Zukunft. Die Feuilletons der vergangenen Woche bieten dazu eine große Meinungsvielfalt. In der WELT von diesem Sonnabend meldet sich beispielsweise Wolf Lepenies zu Wort. Er berichtet: Zwanzig Eurokritiker haben gerade einen Aufruf publiziert, in dem sie eine Neuverhandlung der europäischen Verträge und eine veränderte Ausrichtung der EU fordern – unter der Führung Frankreichs. Lepenies erklärt dazu: Kaum war im Vereinigten Königreich die Entscheidung für den Brexit gefallen, erklärte Bruno Le Maire, der 2017 französischer Präsident werden will: Jetzt muss die Führung auf dem Kontinent wieder an Frankreich übergehen. Er machte sich damit zum Sprachrohr eines großen Teils der französischen Öffentlichkeit.
Die Spaltung Europas
Der peruanische Literaturnobelpreisträger Mario Varga Llosa analysiert in einem Gespräch mit der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG vom Donnerstag die Situation in Europa und meint: Europa steckt in einer Resignationsfalle. Momentan fehlt hier der Hunger auf Neues. In der Wochenzeitung DIE ZEIT schlägt der Philosoph Jürgen Habermas zur Rettung Europas ein Kerneuropa aus den Ländern der Euro-Zone vor. Den Einwand Thomas Assheuers, das spalte die EU, entgegnet er: Es stimmt. Gegen diesen Plan wird der Vorwurf der Spaltung erhoben. Vorausgesetzt, man will überhaupt eine europäische Einigung, ist dieser Vorwurf unbegründet. Denn erst ein funktionierendes Kerneuropa könnte die in allen Mitgliedstaaten polarisierten Bevölkerungen vom Sinn des Projekts überzeugen. Bedenkenswert auch Habermas‘ Frage, ob sich der Schaumteppich der Merkelschen Politik der Einschläferung ohne eine gewisse Anpassungsbereitschaft der Presse über das Land hätte ausbreiten können.
Im Gespräch mit der BERLINER ZEITUNG schildert der amerikanische Soziologe Richard Sennet, der auch in London lebt, seine Sicht auf den Brexit. Dass sich Groß- oder - nach Schottlands möglichem Austritt – Kleinbritannien künftig noch stärker mit den USA verbünden könnte, hält Sennet für ausgeschlossen. Die USA werden sich umorientieren, meint er. Die soziale Ungleichheit, die auch im Vereinigten Königreich zunimmt, lässt Sennet nicht als Erklärung für den Ausgang des Referendums gelten. Seine Kritik ist scharf: Es ist in der britischen Öffentlichkeit zum Mantra geworden, dass ein Austritt aus der EU für mehr Gleichheit sorgen wird. Sennet hält das für einen kompletten Unfug.
Fußball und Sex sind auch keine Lösung
Vom Fußball ist erstaunlich wenig die Rede in den Feuilletons dieser Woche. Überliefert ist der kernige Satz von Alan Posner in der WELT: Fußball und Sex sind auch keine Lösung. Das bezieht sich auf zwei Filmkomödien über den Nahostkonflikt, von denen in der WELT vom Dienstag die Rede ist.
Da findet, wen es interessiert, im TAGESSPIEGEL von diesem Sonntag deutlichere Worte. Im Interview gibt die Sexologin und Paartherapeutin Ann-Marlene Henning Auskunft über ihre Sendung beim ZDF "Make love – Liebe machen kann man lernen", die schon in der vierten Staffel läuft. AfD-Sympathisanten sollen sich über die Sendung geärgert haben. Henning dazu:
"Ja, die machen mich traurig und zeigen noch deutlicher, wie wichtig Aufklärungsarbeit ist. Diese Einstellung zur Sexualität – zum Beispiel, dass Kinder asexuelle Wesen sind oder dass bei Erwachsenen alles wie von selbst klappt, weil angeboren und natürlich – sind wissenschaftlich längst überholt."
Tatsache sei doch, dass viele Paare generell gesehen, nicht ehrlich miteinander reden, besonders nicht über Sex und damit verbundene Probleme. Nach der Sendung, so die Erfahrung von Henning, tun Paare aber genau das - das ist schon ein wichtiger erster Schritt. Zuschauer schrieben auch: Wir haben endlich wieder Sex gehabt, gleich nach der Sendung.