Shakespeare, der Gurkenkönig
Das Magazin "Country Life" hat verkündet, es habe das einzig wahre Shakespeare-Porträt entdeckt, in einem Botanikbuch aus dem 16. Jahrhundert nämlich. Was die "Welt" dazu veranlasst, schnell die englische Variante von "Landlust" zu abonnieren.
Wer in die Hölle kommt und wer in den Himmel, das entscheidet ER – Dante nämlich, vor 750 Jahren geboren und Leitstern von Friedrich Christian Delius, der dem großen italienischen Dichter in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG ausführlich huldigen darf. Das macht der Schriftsteller und Büchner-Preisträger Delius so begeistert und mitreißend, dass man die ungelesene, angelesene, achtel- oder halbgelesene Göttliche Komödie sofort aus dem Bücherregal ziehen, den Staub wegpusten und loslegen möchte. Das muss ein Feuilleton erstmal hinkriegen!
Dabei bekennt Delius beruhigenderweise, dass auch er sich an den Übervater der italienischen Literatur erst so nach und nach herangerobbt hat, bis er begriff:
"Hier schreibt der frechste Dichter aller Zeiten".
Ob Himmel, Hölle oder Vorhölle - Dante sortiert selbst, wen er schmoren lässt und arbeitet dem Jüngsten Gericht schon mal vor. Allein sechs Päpste hat der Dichter um 1300 erlebt – "fünf verurteilt er zur Hölle, einen zur Vorhölle."
Nicht auszudenken, welche Eiferer heute jemand auf den Plan riefe, wenn er's dem vor 750 Jahren geborenen Dante irgendwie nachtäte. Friedrich Christian Delius macht in der FAZ jedenfalls neue Lust auf ein uraltes Buch und einen ewig jungen Dichter.
Goethes Geburtshaus kriegt einen Anbau
Bleiben wir im Metier, blättern eine Seite weiter und landen bei Goethe. Der kriegt einen Anbau. Genauer, sein Geburtshaus in Frankfurt, was die Architekturkritiker bange fragen lässt:
"Wird diese Herausforderung gemeistert?"
Mais oder nicht Mais?
Dante, Goethe, wer fehlt da noch? Shakespeare natürlich. Der wurde gerade im Schrebergarten entdeckt - das Magazin Country Life, das sich normalerweise mit dem englischen Landleben beschäftigt, wartet stolz mit der Mitteilung auf, das einzige, ultimative, lang gesuchte, und diesmal auch wirklich ganz echte Porträt von Shakespeare entdeckt zu haben. In einem Botanikbuch aus dem 16. Jahrhundert nämlich! Schachblume und Maiskolben schwenkt der Mann, der's sein soll, und Dirk Schümer in der WELT kann sich gar nicht wieder einkriegen über die Perspektiven, die sich nun auftun:
"Shakespeare, der Gurkenkönig im Beet des Hofgärtners John Gerard", der das dicke Blumenbuch verfasste, endlich habe "ein Botaniker seinem Metier entsprechend die Sache an der Wurzel gepackt".
Alle Theaterwissenschaftler und Anglisten müssten von nun an Country Life abonnieren, da gäbe es zur Shakespeare-Forschung die passenden Blumentöpfe auch gleich dazu! Und was mag er denken, der versonnen guckende, gemüseschwenkende Mann, der Shakespeare sein soll? Klar doch:
"Mais oder nicht Mais – das ist hier die Frage".
Conchita ohne politische Ausstrahlung
Beim Eurovision Song Contest wird, nun ja, eher niederschwellig gedichtet, wir verlassen die Sphäre der großen Geister und schauen in die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG, die ein Gespräch mit dem Historiker Dean Vuletic geführt hat, der – ganz akademisch – die Geschichte und Bedeutung des Eurovision Song Contest erforscht. Sein Fazit: der ESC ist schon politisch – aber nicht so doll. Und Vorjahressieger Tom Neuwirth alias Conchita Wurst – sie erinnern sich, Transvestit mit Bart – Conchita Wurst sei vor allem eine kommerzielle Kunstfigur, kein Aufreger mit politischer Ausstrahlung. Mal sehen, was nachkommt.
Wahrscheinlich noch kein "dad bod", auch wenn die ZEIT erkundet, was eine amerikanische Studentin auf ihrem Blog als Trend ausrief: den Mann mit gemütlicher Wampe!
"Wo der Begriff Sixpack bislang für eine Bauchform stand, bei der die Muskeln abzählbar hervortreten, könnte es nun erlaubt sein, nach Lust und Laune Sixpacks – also handliche Bierflaschen-Ensembles" im Bauch lustvoll zu versenken. Das passende Bild stellt die ZEIT dazu, ob das nun geschmacklich schon Hölle oder noch Vorhölle ist, das weiß wohl nicht mal Dante ...