Super-Mario schafft das!
Die Feuilletons beschäftigen sich unter anderem mit dem sogenannten kleinen Mann. Zu dieser Kategorie zählt "Die Welt" auch: Super-Mario! Unvorstellbar, dass einer wie er sich sozial minderwertig oder abgehängt fühlen könnte, jubelt das Blatt.
"Dilemma" ist ein großes Wort … Aber heute stecken wir wirklich in einem, liebe Hörer - und Sie mit uns.
Wenn wir uns nämlich nur auf wenige der tollen Artikel konzentrieren, können wir Ihnen die Fülle des Lesenswerten kaum andeuten.
Schneiden wir aber von der exzellenten Text-Ware so viel wie möglich an, verwirrt Ihnen nachher ein Geschwirr semantischer Fitzelchen den Sinn.
Und da selbst im Fitzelchen-Fall noch viel zu verwerfen bliebe, hätten wir neben dem Dilemma ein Polylemma an der Backe, also ein XL-Paket misslicher Optionen.
Komposthaufen der Selbstreflexionen
Um nun irgendwie vom Komposthaufen der Selbstreflexionen herunterzukommen, knöpfen wir uns den ersten Artikel vor, auf den unser Auge fiel, bevor uns die Skrupel befielen.
Bülent Mumay versucht in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG zu erklären, "warum die türkische Bevölkerung trotz der furchtbaren Entwicklung im Land nicht rebelliert" ...
Und er bittet die FAZ-Leser, sich vorzustellen, in der Türkei mit einem Taxi-Fahrer über Politik zu reden.
"Sie denken: Ich sitze in einem Taxi, da kann mir nichts passieren. Also äußern sie sich regierungskritisch. Die Fahrt ist kurz, genauso das Gespräch. Nachdem Sie zu Hause angekommen sind, dauert es nicht lange und Polizisten klingeln an der Tür. Sie werden festgenommen […]. Der Taxifahrer hatte die Worte der Frau, der [genau] das vor einigen Tagen […] widerfahren ist, mitgeschnitten und die Aufnahme auf der nächsten Polizeiwache abgespielt."
Wir wollen Efendi Erdogan noch nicht direkt stalinistischer Verfolgungspraktiken zeihen, wohl aber die Schlussfrage des FAZ-Autors stellen:
"Würden Sie unter den geschilderten Umständen […] gegen die Regierung protestieren?"
Nationalismus und Militarismus
Ebenfalls an Erklärungen versucht sich der Philosoph Heiner Mühlmann in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG.
Mühlmann führt aus, warum in Stresszeiten wie den heutigen "Nationalismus […] jederzeit in Militarismus umschlagen" kann.
Und das tut der NZZ-Autor in derart exaltiert-elaborierter, -ismen-seliger Weise insbesondere mit Blick auf die "tribale Konstante" 148 – das ist die Anzahl der Menschen, mit denen man angeblich sozial interagieren kann - dass uns nur zu resümieren bleibt:
Lektüre: möglich – Paraphrase: unmöglich – Verblüffung: groß – Erschöpfung: größer.
Nie waren Philosophie und Satire ununterscheidbarer!
Nun aber wieder down to earth, wie man neudeutsch sagt.
"Er schafft das" titelt die Tageszeitung DIE WELT, und meint damit hintergründig den sogenannten kleinen Mann, vordergründig aber Super-Mario.
Berühmtester Videospielheld aller Zeiten
Der ist laut WELT der "berühmteste Videospielheld aller Zeiten" und soll künftig auch die Smartphones erobern.
"Unvorstellbar, dass einer wie er soziale Minderwertigkeitskomplexe oder Distinktionsbegehren hat ..."
jubelt Wieland Freund:
Unvorstellbar auch, dass einer wie er […] sich jemals abgehängt fühlen könnte."
Um den kleinen Mann, sofern er kein Super-Mario ist, geht es in der TAGESZEITUNG.
Anne Fromm klagt, Journalisten fehle es an Unterschichten-Kompetenz:
"Wer nie in Cottbus-Schmellwitz von Hartz IV gelebt hat, weiß nicht [einmal] , wo er anfangen soll zu recherchieren."
Tja, uns fiele Cottbus-Schmellwitz ein …
Aber lassen wir das. Kommen wir zu zwei Typen, die noch und noch Street-Credibility haben, zu Donald Trump und dem Sänger Kanye West.
Donald Trump trifft Kanye West
Die "Brüder im Geiste", wie sie die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG nennt, haben jüngst im Trump Tower abgehangen – und nun berichtet der SZ-Autor Jan Kedves:
"Kanye West will Präsident der USA werden. Das hat er im vergangenen Jahr […] gesagt. Viele hielten das für Ironie. Aber Kanye West ist nicht ironisch. Er hat eine Psychose […]. Inzwischen scheint er […] eingesehen zu haben, dass 2020 zu früh ist. Als neues Datum nennt er 2024. Das bedeutet: Die acht Jahre für Trump sind seit Dienstag beschlossene Sache."
Sie wissen es längst, liebe Hörer: In postfaktischen Zeiten sind all diese Dinge total normal. Insofern ist es eigentlich überflüssig, dass die TAZ per Überschrift rät:
"Bitte nicht den Kopf schütteln."