T.C. Boyle erklärt, warum die USA Greta Thunberg brauchen
Der Schriftsteller T. C. Boyle erklärt im Interview mit der „Welt“, Greta Thunbergs Engagement in den USA werde dort kaum zur Kenntnis genommen, weil das Land in Kulturkriegen gefangen sei. Durch ihren Protest mache sie das Klima dennoch zum Thema.
Nach so einem klimabewegten Tag erwartet man auch in den Feuilletons der überregionalen Zeitungen Informationen oder Meinungen zum Thema. Wir werden fündig: "Wir brauchen Luft zum Atmen", gibt der Schweizer Landschaftsarchitekt Enzo Enea der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG zu Protokoll. Philipp Meier porträtiert den Star-Landschaftsarchitekten, dem "der Nachhaltigkeitsgedanke am Herzen liegt".
Enzo Eneas Baummuseum
Dort, wo er aufgewachsen ist, "in der lieblichen Landschaft am Obersee", hat Enea in den letzten 25 Jahren das Zentrum eines Landschaftsarchitektur-Unternehmens errichtet, "dessen Ausläufer mit Zweitbüros bis nach Miami und Shanghai reichen. Hier entwirft er jährlich mehr als 150 Außenraumprojekte, hier hat er seine riesige Baumschule auf einem Areal von zehn Fußballfeldern. Hier hat er unter freiem Himmel sein einmaliges Museum eingerichtet, ein Museum für die Kunst der Natur, nämlich Bäume."
Seine Baumschätze rettet er oft von Baustellen, wie einen 150 Jahre alten japanischen Ahorn, der dem Umbau der Kongresshalle in Zürich weichen sollte. In Eneas Baummuseum hat er eine neue Heimstatt erhalten. "Jeder alte Baum, der verschwindet, sei ein Riesenverlust für die Umwelt, rechnet Enea vor" – und handelt.
"Droht uns der Ökoterrorismus, Mister Boyle?"
Die Literaturbeilage der WELT druckt ein Interview mit dem amerikanischen Schriftsteller T. C. Boyle und stellt ihm die Frage: "Droht uns der Ökoterrorismus, Mister Boyle?"
Bereits vor 20 Jahren schrieb der Autor den Roman "Ein Freund der Erde", "der unserer Gegenwart beängstigend nahekommt", handelt er doch "von Erderwärmung, Artensterben und einem Umweltaktivisten, der in die Schlacht zieht".
Ob Greta Thunbergs Auftritt im Weißen Haus in Amerika überhaupt zur Kenntnis genommen wurde, wird der Umweltschützer und Ex-Hippie von Stefan Aust und Martin Scholz gefragt.
Zukunftsträchtige Vorschläge bleiben unbeachtet
"Ich habe es zur Kenntnis genommen, weil ich ihr als Umweltschützer zustimme", so die Antwort. Boyle setzt fort: "Das Problem ist: Wir sind hier in Amerika in unseren Kulturkriegen gefangen. Die Rechte hat die Macht im Land ergriffen und sich gegen die Umweltbewegung gestellt. Nächstes Jahr bei den Wahlen können wir das ändern, aber bis dahin sind wir auf Proteste angewiesen und darauf, dass Greta Thunberg uns das eigentliche Problem ins Gedächtnis ruft."
Boyle ist entsetzt über das, was in seinem Land abgeht, dabei gäbe es zukunftsträchtige Vorschläge, zum Beispiel die, "über eine neue Energiewirtschaft neue Jobs zu schaffen. Wind und Solarenergie, energieeffiziente Häuser, elektrisch oder besser noch mit Wasserstoff betriebene Autos. All das ist möglich, aber", so wettert T. C. Boyle, "Leute wie Mitch McConnell oder Trump scheren sich einen Dreck um die Umwelt. Sie kümmert nur ihre Macht, ihr Geld und wer sie bezahlt. Und das ist die Großindustrie."
Mehr als potenzielle Terroristen fürchte er die Regierung im Weißen Haus, "die Tag für Tag unsere Freiheiten einschränkt und gleichzeitig der Industrie erlaubt, jeglichen Fortschritt, den wir in der Umweltpolitik erreicht haben, zunichte zu machen."
Die Pressefreiheit in Europa ist unterschiedlich bedroht
Unter der Überschrift "Organversagen" wendet sich Alex Rühle in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG der Frage zu: "Wie steht es um die Presse in Europa?" Er konstatiert: "Die Freiheit ist unterschiedlich bedroht."
Zu diesem Schluss kommt er im Gespräch mit drei Journalistinnen und Journalisten. Márton Gergely aus Budapest berichtet: "Die freie Presselandschaft ist vernichtet – die Pressefreiheit noch nicht." Der Unterschied sei wichtig, betont er.
Sie hätten keine russisch-türkischen Verhältnisse, Orban sei geschickt. Bartusz Wielinski aus Warschau ergänzt: "Uns hat man auch versucht, ökonomisch auszuhungern. Es wurden alle staatlichen Gazeta-Wyborcza-Abos gestrichen."
Es gab dann zwar Entlassungen, aber sie hätten überlebt. Nina Horaczek, Chefreporterin der Wiener Wochenzeitung "Falter", gibt zu bedenken, von all dem seien sie zwar "noch ein ordentliches Stück entfernt, aber es ging zuletzt in diese Richtung. Von der Regierung wurde versucht zu steuern, worüber wir berichten." Diagnose, siehe Überschrift: Organversagen.