Aus den Feuilletons

T.C. Boyle prophezeit, wer US-Präsident wird

Der amerikanische Autor T.C. Boyle vor unserem Funkhaus am Hans-Rosenthal-Platz.
Der amerikanische Autor T.C. Boyle vor unserem Funkhaus am Hans-Rosenthal-Platz. © Deutschlandradio - Andreas Buron
Von Adelheid Wedel |
Die "Süddeutsche Zeitung" befragt US-Schriftsteller zu den den bevorstehenden Wahlen in ihrem Land. T.C. Boyle macht den Anfang und bezeichnet Donald Trump als widerwärtig und aggressiv. Aber ob das auch heißt, dass er ihn schon als Verlierer der Wahl sieht?
Was hat die verfahrene Lage in Syrien mit dem Westfälischen Frieden zu tun? Diese Frage beantwortete Außenminister Frank-Walter Steinmeier in seinem Eröffnungsvortrag zum 51. Historikertag in Hamburg, berichtet die Tageszeitung DIE WELT. Zugeschaltet aus New York fand er deutliche Worte zur gegenwärtigen Lage im Nahen Osten. Syrien ist schon im sechsten Jahr Topthema bei der UNO.
Wir haben es nicht geschafft, so der deutsche Außenminister, diesen blutigen Konflikt zu beenden. Im Gegenteil, manchmal hat man das Gefühl, dass sich die Spirale von Gewalt und Gegengewalt immer schneller dreht. Steinmeier macht deutlich, wie schwierig es ist, aus den ewigen Verhandlungen einen Impuls für substantielle Fortschritte zu setzen. Im Rückblick auf den Westfälischen Frieden, der 1648 den Dreißigjährigen Krieg beendete, schält er als einen Erfolgsfaktor der Verhandlungen von damals die transparente Offenlegung von Sicherheitsinteressen als Basis für echten Frieden heraus.

Historikerfragen drehte sich um Glaubensfragen

Ebenfalls in der WELT setzen Sven Felix Kellerhoff und Berthold Seewald die Berichterstattung vom Historikertag fort, der in diesem Jahr unter dem Motto "Glaubensfragen" stand. Thema war zum Beispiel die Frage, wie ein hochzivilisiertes Land, das um 1900 noch vielen ein (beneidetes) Vorbild war, innerhalb weniger Jahre zu einem monströsen Menschenschlachthaus mutierte. Diese Frage stellt sich noch immer, allen Reformationsjubiläen und aktuellen Glaubensdebatten zum Trotz.
Herausgearbeitet wurde der Gedanke: Zentrale Motive der rechten paramilitärischen Gewalt nach dem Ersten Weltkrieg in Deutschland seien der Antisemitismus und, man staune, der Antibolschewismus gewesen, so die Autoren. Resümierend halten sie fest: Gleichwohl machen die aktuellen Konflikte, die Europa und den Nahen Osten in Atem halten, Lehren aus der Vergangenheit heute weitaus wichtiger als in der starren Konfrontation des Kalten Krieges. Olaf Scholz, der Erste Bürgermeister Hamburgs, wies darauf hin, dass aus der Geschichte zwar keine unmittelbaren Handlungsoptionen abgeleitet werden könnten. Doch sie schärfe das Bewusstsein dafür, worauf unser Handeln beruht.
Nicht nur den Historikern, auch den Literaten ist es gegeben, das Bewusstsein zu schärfen, die Fähigkeit zu verbessern, mit der die Lage real einzuschätzen ist. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG hat die Idee zu einer Reihe: im Umfeld der bevorstehenden Wahlen in den USA befragt sie vier amerikanische Schriftsteller über ihr Land. T.C. Boyle macht den Anfang. Sasha Batthyany hat ihn in Kalifornien getroffen und erfährt von ihm: der Präsidentschaftskandidat Trump sei ein rechter Demagoge, widerwärtig und aggressiv. Boyle prophezeit, Trump werde verlieren; allerdings gesteht er, er habe bei der vergangenen Wahl falsch vorausgesagt, als er meinte Bush jun. werde gegen Gore verlieren.

Liebesroman von Navid Kermani

Als Berater von Willy Brandt hatte der Journalist und Publizist Klaus Harpprecht Einfluss auf das politische Tagesgeschehen. Nun ist er im Alter von 89 Jahren gestorben. Mit ihm gehe die Tradition des feuilletonistischen Impressionismus zu Ende, schreibt Marko Martin in der WELT, und erklärt, was er damit meint: anspielungsreiches Anstupsen, fein ziselierte Bosheit statt blechernes Pathos. In der SZ erinnert sich Heribert Prantl an Harpprecht als einen leidenschaftlichen Menschen, einen, der wie ein Berserker arbeiten konnte.
Navid Kermani ist uns Feuilletonlesern mit seinen eindrucksvollen Gedanken zur Schönheit des anderen Glaubens in Erinnerung. Jetzt hat er einen Liebesroman geschrieben und erhält dafür harsche Kritik. Iris Radisch findet den Roman in der ZEIT langweilig, schablonenhaft, selbstreferentiell. Kermani hat Mitleid mit ihr: Es tut mir leid, dass Sie in Ihrem Beruf Bücher lesen müssen, die Sie nicht interessieren, schreibt er. Und er wundert sich darüber, warum sie, um ihm das zu sagen, extra nach Köln gekommen sei. Auch fragt er sich, was die Autorenporträts sollen, die die Buchrezension zu verdrängen scheinen.
Da finden wir in der Samstagsausgabe der TAZ sogleich ein Gegen-Beispiel: Klaus Bittermann rezensiert ganz klassisch die hinreißend neue Geschichte des Existentialismus, geschrieben von der leidenschaftlichen Schulschwänzerin Sarah Bakewell; erschienen ist das Buch im C.H.Beck Verlag. Der französische Existentialismus war schon lange mausetot, schreibt Bittermann, jetzt kommt die Londoner Schriftstellerin Bakewell und erweckt den Existentialismus wieder zum Leben, indem sie ihm in allen Facetten und Abschweifungen nachspürt. Sie erzählt auf elegante und verständliche, aber nicht vereinfachende Weise. Der Rezensent nennt das Buch "Das Café der Existentialisten" grandios und sieht als Ursache dafür die Begeisterung der Autorin für ihr Thema.

Claus Peymann teilt gegen seinen Nachfolger aus

Zwei Theaterintendanten verlassen demnächst in Berlin ihre Bühnen, die Feuilletons lassen das nicht unbeachtet. Mit besonderer Wehmut schreiben sie über den Abschied Frank Castorfs von der Volksbühne, an der jetzt die letzte Spielzeit des Intendanten eingeläutet wurde. Auch am Berliner Ensemble wird es einen Wechsel geben. Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG zitiert Claus Peymann, der zum Auftakt seiner letzten Saison heftige Vorwürfe macht. Die Politik, sagt er, gehe schmuck- und würdelos mit den Künstlern um. Und sein Nachfolger Oliver Reese respektlos mit den jetzigen Mitarbeitern. Dass Peymann selbst die Mitarbeiter in die jetzige prekäre Lage gebracht hat, weil er ihnen (nur) Jahresverträge gab, ergänzt Dirk Pilz in der NZZ.
Am Freitag stellte die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG die Frage, was wohl aus der teuren Immobilie in New York, aus der German Academy, werden wird, die seit 2009 leer steht. Einen Tag später verkündet die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG den neuen Anfang. Als German American Center soll die Prestigeimmobilie in Manhattan fürderhin ein transatlantisches Debattenzentrum werden, mit einem Residenzprogramm für Künstler, Forscher, Schriftsteller. Ob das Erdgeschoss künftig eine deutsche Buchhandlung oder ein Café schmücken wird, einzig diese Frage blieb bisher ungeklärt.
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