Aus den Feuilletons

Udo Jürgens – "Ein Verführer zum privaten Glück"

Udo Jürgens bei einem Auftritt im Jahr 2011.
Udo Jürgens bei einem Auftritt im Jahr 2011: Zu seinem runden Geburtstag wird er dieses Jahr von allen gefeiert. © AFP PHOTO / POOL / CHRISTOF STACHE
Von Gregor Sander |
Udo Jürgens wird heute 80 Jahre. Wie der Sänger und Entertainer zum gefeierten Star werden konnte, ergründen die Feuilletons. Aber auch ein ganz anderer Geburtstag beschäftigt die Zeitungen.
"Udo Jürgens ist einer der weltläufigsten Sänger, Entertainer und Komponisten, die Deutschland hervorgebracht hat", schreibt Gerhard Matzig in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG und fügt hinzu. "Natürlich auch deshalb, weil Jürgens Österreicher von Geburt und Schweizer aus Neigung ist."
80 Jahre wird Udo Jürgens an diesem Donnerstag und Elmar Kraushaar erinnert in der BERLINER ZEITUNG daran, dass der Weg anfangs steinig war. Udo Jürgens "tritt in Bars auf, tingelt mit einer Band durch die Kneipen, siegt 17-jährig bei einem Komponistenwettbewerb, Liedtitel 'Je t'aime'. Dann lässt er sich einkaufen vom Billiglabel Heliodor der Plattenfirma Polydor und singt jeden Quatsch, den man ihm vorlegt – ganz ohne Erfolg."
Doch 1966 änderte sich alles. Mit "Merci, Chérie" gewann Jürgens den Grand Prix und wurde ein Weltstar. "Seit fünfzig Jahren gehören seine Lieder zu unserem Leben", schreibt Barbara Möller in der Tageszeitung DIE WELT und weiß auch einen Grund dafür:
"Tatsächlich hat Jürgens immer einen starken Sensus für den Zeitgeist gehabt. Egal, ob es um Gastarbeiter ging ('Griechischer Wein' – Griechenlands Ministerpräsident Konstantin Karamanlis bereitete ihm damals einen großen Empfang in Athen), die Überflussgesellschaft ('Aber bitte mit Sahne'), die alternde Gesellschaft ('Mit 66 Jahren'), die wilde Ehe ('Ein ehrenwertes Haus'), die tägliche Tretmühle ('Ich war noch niemals in New York'), Umweltverschmutzung ('5 Minuten vor 12'), Drogen ('Rot blüht der Mohn'), Kriegsgefahr ('Am Tag davor'), Überbevölkerung ('Gehet hin und vermehret euch') oder Dekadenz ('Café Größenwahn'). Haltung zeigen, nennt er das."
Jan Feddersen von der TAZ fügt hinzu:
"Die Pose des 'Ich bin der Größte' ist ihm fremd, das Großkotzige, Grölende, Indezente war nie seine Sache. Politisches agitatorischen Stils war trotzdem nicht sein Ding, er war und ist vielleicht eher ein Verführer zum privaten Glück."
"Tütensuppen und Chips"
An der Spitze der deutschen Kinocharts steht in dieser Woche ein deutscher Film. "Who am I", heißt er, und spielt im Hacker-Milieu. David Steinitz von der SZ freut sich über Szenen wie diese:
"Die Aktienhändler stehen mit offenem Mund auf dem Parkett: Auf der Anzeigentafel der Frankfurter Börse klettert der Dax erst in kleinen und dann in einer Riesenwelle ganz nach oben, um ebenso schnell wieder wellenförmig zu fallen – der Index hat sich zum Stinkefinger geformt. Ein kleiner antikapitalistischer Gruß der Hacker-Gruppe Clay."
Gespielt wird diese Bande, unter anderem von Elyas M'Barek, Wotan Wilke Möhring und Tom Schilling. Zufrieden ist der Kritiker trotzdem nicht:
"Im Supermarkt kaufen die Hacker-Jungs natürlich nur Tütensuppen und Chips. Und daheim, im versifften Hauptquartier, schlucken und schnupfen sie ordentlich Tabletten und Pülverchen, um auch ja wach zu bleiben. Nur warum? Sie haben eigentlich alle keine Jobs mehr und könnten durchaus auch mal ausschlafen."
Und damit nicht genug, denn:
"Das größte Problem aber ist die Sprache des Films. Einmal fragt ein Student seine lernunwillige Kommilitonin, ob sie etwa 'durch die Prüfung rasseln' wolle. Oder der junge Hacker Benjamin bezeichnet ein Gebäude als 'so sicher wie Fort Knox'. Nur rasselt seit Hansi Kraus und seinen 'Lümmeln von der ersten Bank'" niemand mehr durch Prüfungen – und Fort-Knox-Vergleiche zieht auch kaum ein Mensch, der nach der Premiere des James-Bond-Films 'Goldfinger' von 1964 geboren wurde."
"Das Urheberrecht muss auch im digitalen Raum gelten"
Der Bund der Deutschen Zeitungsverleger hat sich zum 60. Geburtstag Angela Merkel eingeladen. Anna Günther von der SZ zitiert aus der Festrede der Kanzlerin:
"Ich bin 60, diese Generation muss man nicht mehr vom Wert der Zeitungen überzeugen."
Die Herausforderung seien die jungen Leser. Merkel versprach dem Verband, sich noch in dieser Legislaturperiode mit dem Urheberrecht zu beschäftigen, wie Tatjana Kerschbaum vom BERLINER TAGESSPIEGEL berichtet. Denn, so Merkel:
"Das Urheberrecht muss auch im digitalen Raum gelten. Seine Beachtung ist keine freiwillige Leistung."
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