Aus den Feuilletons

Verschlafen und verraten

Der ugandische Präsident Yoweri Museveni unterschreibt ein Anti-Homosexuellengesetz in der Hauptstadt Kampala, am 24. Februar 2014.
Der ugandische Präsident Yoweri Museveni war bei einem Staatsempfang eingenickt. © picture alliance / dpa / Ronald Kabuubi
Von Tobias Wenzel · 22.06.2014
Die TAZ amüsiert sich über den schlafenden Präsidenten Ugandas und die FAZ veröffentlicht einen aufschlussreichen Brief der weißrussischen Schriftstellerin Swetlana Alexijewitsch. Im SPIEGEL wird über Fußball-Deutschland nachgedacht.
"Das macht er sehr unauffällig",
schreibt Simone Schlindwein, fast schon etwas bewundernd, in der TAZ über Ugandas Präsidenten Yoweri Museveni.
"In einer stocksteifen Pose, den Kopf aufrecht, die Augen hinter der Krempe seines allseits präsenten Safari-Hutes versteckt, schläft der 69-jährige Museveni fast bei jedem Staatsempfang.“
Journalisten Ugandas veröffentlichten amüsiert Fotos und Fernsehaufnahmen des selig Schlummernden. Der jedoch fand das gar nicht komisch und untersagte einfach dem unabhängigen Fernsehsender, ihn bei zukünftigen Auftritten zu filmen. Offensichtlich, so die Vermutung von Simone Schlindwein, passe das Bild vom Wegdösen nicht zum "Revolutionär, der 1986 das Land eroberte und seitdem unumstritten regiert".
Er meditiert!
Ein Pressesprecher des Präsidenten dementierte die unkontrollierten Schlafereignisse mit den Worten:
"Der Präsident hat seine Angewohnheiten, er meditiert mitunter [...]"
Ein Journalist aus Uganda kommentierte das so:
"Bald müssen wir Schwarzbild senden, mit dem Hinweis: 'Meditation in Progress'."
Den Sinn für Ironie habe der Präsident den Journalisten Ugandas noch nicht nehmen können, schreibt die TAZ-Autorin weiter.
„Dass die Pressefreiheit in Gefahr ist, das ist dennoch allen klar.“
Dieser Satz gilt für Russland schon lange.
"Ich habe deine Bücher gelesen, deine Artikel. Ich habe gelesen, wie du Russland mit Schmutz überziehst. Du bist eine Verräterin. Wir werden uns euch alle vormerken. Bald wird unsere Zeit kommen.“
Ein Russland für die Machthaber, eins fürs Volk
Das sagte ein anonymer Anrufer der weißrussischen Schriftstellerin Swetlana Alexijewitsch durchs Telefon, als sie gerade ihren neuesten Artikel für die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG schrieb, der nun ebendort abgedruckt ist. In der FAZ hat sie schon darüber berichtet, wie einige Freundschaften zwischen Russen und ihr im Zuge der Krim-Eroberung zerbrochen waren. Nun beschreibt sie den neuen russischen Patriotismus.
„Alle dachten, Russland sei in die Knie gegangen. Dabei schnürte es sich nur die Kampfstiefel“,
zitiert die Friedenspreisträgerin Alexijewitsch einen aktuellen Witz. Russland sei bereits ein "fundamentalistisches Land": Atheisten und Homosexuelle lebten gefährlich; Patrioten würden dazu aufrufen, nur noch in Russland Urlaub zu machen; wer Fremdsprachen beherrsche, mache sich verdächtig; russische Waisenkinder, selbst schwerkranke, dürften nicht von Ausländern adoptiert werden.
Aber die russischen Machthaber würden sich natürlich bei Krankheit im Ausland behandeln lassen, schickten ihre Kinder an westliche Universitäten und versteckten ihr Geld in westlichen Banken.
"Das Volk und die Machthaber, so viel ist klar, leben in völlig verschiedenen Ländern",
folgert Swetlana Alexijewitsch:
"Der russische Patriotismus ist eine einzigartige Methode, die Menschen dazu zu bringen, auf ihr miserables Leben auch noch stolz zu sein."
Vielsagendes Bild mit Köpfen
Die Besten der russischen Gesellschaft würden nun desillusioniert ins Ausland gehen. Und denen, die bleiben, prophezeit die weißrussische Autorin nichts Gutes:
"Ich fürchte, dass es zum Bürgerkrieg kommen wird."
"Irgendwie kommt es einem bekannt vor, das Bild", schreibt Elke Schmitter im neuen SPIEGEL über ein Foto aus Salvador, auf dem die Spieler der deutschen Fußball-Nationalmannschaft und Angela Merkel zu sehen sind:
"die vielen, dicht gedrängten Köpfe, wie auf den Heiligenformationen der italienischen Renaissance, die eng gedrängten Körper wie auf der 'Nachtwache' des großen Rembrandt."
Die Mülltüte und die Trinkflaschen, überhaupt die Unordnung, widersprächen dem ersten Eindruck schon, gibt Elke Schmitter zu. Aber:
"Sami Khediras Jesusgesicht in der Mitte, das ist immerhin ein Anfang auf dem Weg in die Propagandageschichte der deutschen Fußballnationalmannschaft, die sich mit der Kanzlerinmutter als Supercoach, die Hände gefaltet und mit viel Licht auf dem Oberkopf, altmeisterlich präsentiert."
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