"Von Dresden lernen heißt leiden lernen"
Dresden erinnert heute an die Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg. Die "Welt" nutzt dieses Datum zu einer Reflexionen über das Phänomen Pegida.
Immerhin ein Thema kann es in puncto feuilletonistischer Aufmerksamkeit mit der Berlinale aufnehmen ...
Nämlich "Die Nacht, als Dresden brannte" - wie der Titel der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG lautet.
"Der meistbombardierte Ort des Zweiten Weltkriegs war Malta, die meisten Todesopfer bei einem Bombenangriff auf eine europäische Stadt hatte Hamburg zu beklagen, die meisten Toten in Relation zur Einwohnerzahl verzeichnete Pforzheim, das größte Ausmaß der Zerstörung richtete die Luftwaffe der Alliierten in Würzburg an. [ ... ] All diese Zahlen, alle Vergleiche ändern nichts daran, dass Dresden zur meistgebrauchten Chiffre für die Verheerungen des Krieges wurde",
stellt FAZ-Autor Hubert Spiegel klar ...
Und zwar nach dem Besuch der Ausstellung "Schlachhof 5. Dresdens Zerstörung in literarischen Zeugnissen" im Militärhistorischen Museum Dresden, deren Schirmherr Günter Kunert die Aussagekraft des Gezeigten indessen relativiert:
"'Man kann alles, selbst das Ungeheuerlichste, beschreiben und benennen, ohne mehr als eine schwache Ahnung dessen zu vermitteln, wie das Beschriebene eigentlich gewesen ist.'"
Trotzdem oder deswegen titelt die Tageszeitung DIE WELT mit einer gewissen Flapsigkeit: "Von Dresden lernen heißt leiden lernen."
Aber es sind nicht die Stunden des Untergangs im Februar 1945, die Michael Pilz interessieren.
Nein, der WELT-Autor schreibt Dresden eine höchst persönliche "Liebeserklärung aus Berlin" inklusive ernster Reflexionen über das Phänomen Pegida:
Hauptstadt engstirniger Wutbürger
"Siebzig Jahre, nachdem Dresdens Schönheit über Nacht zu einem Mythos wurde, muss die Stadt sich anhören, sie habe nichts daraus gelernt und ziehe stur die falschen Schlüsse. Die Pegida hat mir ihren Aufmärschen und Rundgängen den Ruf der schönsten deutschen Landeshauptstadt gründlich ruiniert. Heute ist sie die Hauptstadt der Bewegung engstirniger Wutbürger. Den Dresdnern wird wieder vorbehalten, dass sie 1933 schon die ersten waren, die Bücher verbrannten und Kunst als entartet ausstellten, dass sie 1945 der Opferpropaganda der Nationalsozialisten erlagen und nach 1945 der antiangloamerikanischen Hetze im Kalten Krieg."
So Michael Pilz in der WELT. -
Ob Dresden wohl noch heute in alter Schönheit blühte, wenn 1939 Georg Elsers Attentat auf Adolf Hitler gelungen wäre?
Geschichte im Konjunktiv
Das, bitte schön, weiß natürlich niemand! Geschichte im Konjunktiv ist ein aufregendes, aber windiges Vermögen unserer Phantasie.
Fest steht, dass Oliver Hirschbiegels Film "Elser", der außer Konkurrenz auf der Berlinale läuft, widersprüchliche Kritiken erntet.
"Hirschbiegels 'Elser' verzwergt die Geschichte des Hitler-Attentäters zum Dorfmelodram",
schimpft Peter von Becker im Berliner TAGESSPIEGEL.
Anke Sterneborg dagegen konzediert in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG unter dem Titel "Der weiß, was er will".
"Hirschbiegel sucht so leise und genau nach den Spuren [von Elsers Motiven für das Attentat], dass der Film manchmal ein wenig brav wirkt, was man ihm aber eigentlich nicht anlasten kann, weil dem Wesen der selbstlosen Zivilcourage eben nicht mit Heldengesten und Actiondramatik beizukommen ist."
Eine Gegenfigur zu Elser, nämlich ein ergebener Hitler-Verehrer, war der norwegische Literaturnobelpreisträger Knut Hamsun, der in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG als "Der nordische Anti-Jude" firmiert.
NZZ-Autor Aldo Keel erinnert daran, dass Hamsun im Juni 1943 Adolf Hitler auf dem Obersalzberg besucht hat - aber mit seinen politischen Anliegen nicht durchdringen konnte, sondern von Hitler angeherrscht wurde: "'Schweigen Sie! Davon verstehen Sie nichts!'" -
Am Ende das: Der SPIEGEL lüftet eines der wichtigsten Geheimnisse dieser Tage.
"Was ist nun mit dem Sex?" fragt Claudia Voigt im Blick auf "Fifty Shades of Grey" und antwortet enttäuscht:
"Er ist ziemlich harmlos. Als [ ... ] [Anastasia Steel] zum ersten Mal in [ ... ] [Christians] Spielzimmer geführt wird, ist das Ganze wie der Besuch eines Erotikmuseums gefilmt."
Nun denn, liebe Hörer. Wir verabschieden uns mit einer Parole des Kabarettisten Gerhard Polt, der im SPIEGEL alle höheren Ambitionen von sich weist und stattdessen betont:
"'Ich kläre nicht auf. Ich trinke Bier.'"