Von Polarzebras und Sitzboxweltmeistern
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Ein Tierfilmer, der ein Polarzebra entdeckt haben will, und der Boxer Butsche Roni, der Sitzboxen als olympische Disziplin durchsetzen will: In seiner Persiflage "FRUST - Das Magazin" setzt Olli Dittrich gekonnt Seitenhiebe auf "Brisant" & Co.
"Eigentlich gilt ja: Entweder eine Geschichte stimmt, dann steht man als Verlag zu ihr, oder aber man bringt sie gar nicht", klärt die TAZ auf. Eigentlich. Aber der "Stern" hat eine Reportage aus dem Trump-Hotel in Washington D.C., obwohl sie dem Magazin zufolge korrekt recherchiert wurde, nur in der aktuellen Druckausgabe veröffentlicht. In der digitalen, also der E-Paper-Ausgabe, wurde sie komplett geschwärzt. Und zwar aus juristischen Gründen, wie der "Stern" laut TAZ erklärt.
Es ist die Angst, von Trump verklagt zu werden. Fragt sich nur, ob durch die Berichte über die Schwärzung der digitalen Ausgabe nicht viel eher Trumps Anwaltsteam auf die Sache aufmerksam wird, als wenn der "Stern" die Reportage einfach ungeschwärzt im E-Paper gebracht hätte.
Kritische Karikaturen in Algerien
Kritische Karikaturen wären dem neuen Präsidenten Algeriens, Abdelmadjid Tebboune, geschwärzt wohl am liebsten. Das liest man jedenfalls aus Claus Leggewies Artikel für die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG heraus. Der Politikwissenschaftler hat die Karikaturisten als die "Stimme der Protestbewegung" ausgemacht.
"Wie dünnhäutig die Machthaber sind, belegt die Verurteilung des beliebten Karikaturisten Abdelhamid Amine (Kürzel 'Nime') zu einem Jahr Gefängnis. Das Corpus Delicti: eine an die Aschenputtel-Geschichte erinnernde Karikatur, die Tebboune als Marionette der Generäle darstellt, die ihm ein Paar gläserne Schuhe überstreifen", schreibt Leggewie.
Die Zukunft der Freitagsdemonstrationen in Algerien sei allerdings "ungewiss". Einerseits, weil die Protestbewegung selbst kein Programm und keine Gegenkandidaten habe, andererseits, weil die Machthaber langsam die Geduld verlören. Die Cartoonisten würden aber mutig weiter zeichnen. In Claus Leggewies Worten:
"'Le Hic' zeigte kürzlich eine Karikatur auf den frisch gewählten Präsidenten mit der Sprechblase: 'Ich werde Algerien wieder auf die Spur setzen.' Auf dem Tisch vor ihm sieht man in der Tat vier Spuren – Kokain. Als Anspielung auf Tebbounes Sohn, der wegen Koks-Konsums in Haft ist und wie sein Vater das Milieu der Privilegierten verkörpert, in dem Geldwäsche und Luxuskonsum, Korruption und Drogengenuss Alltag sind. Um das zu verteidigen, würde die Nomenklatur eine neue algerische Tragödie riskieren."
"Frust" mit Olli Dittrich
Von Frust zu Frust. Wer keine Gelegenheit hat, an diesem späten Donnerstagabend "Frust – Das Magazin", die neue Persiflagensendung von und mit Olli Dittrich, im Ersten zu sehen, sollte wenigstens den Bericht von Holger Gertz in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG lesen. Der ist nämlich auch schon komisch. Gertz hat Dittrich bei der Endabnahme im Schneideraum über die Schulter geschaut.
"Frust", das fiktive Magazin, sei ein Auffangbecken für abgehalfterte Prominente. Dittrich mime neue Figuren, aber auch alte Bekannte: "Den Boxer Butsche Roni ('Killer von Farmsen'), der beim IOC den Antrag gestellt hat, die Disziplin 'Sitzboxen' endlich ins olympische Programm aufzunehmen", schreibt Gertz. "Und natürlich Deutschlands bekanntesten Tierfilmer Andreas Baesecke."
Der hat behauptet, das Polarzebra entdeckt zu haben. Das könne man aber gar nicht sehen, "denn das Polarzebra hat weiße Streifen, wenn es hell ist im arktischen Sommer. Im Winter, wenn es dunkel ist, sind die Streifen dunkel."
In Dittrichs Persiflage-Magazin "Frust" wird Baesecke nun – Claas Relotius lässt grüßen – als mittlerweile entlarvter Fälscher präsentiert. "Es gibt kein Polarzebra, er hat es mit digitaler Technik entstehen lassen", fasst es Holger Gertz zusammen. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG bringt den Text geradezu furchtlos auch als E-Paper. Der "Stern" hätte die Geschichte wohl geschwärzt. Aus Angst, von Andreas Baesecke verklagt zu werden.