Aus den Feuilletons

Wagner mit Würstchen

"Tristan und Isolde", Probenfoto von 2015, 2. Aufzug (von unten nach oben): Evelyn Herlitzius (Isolde), Stephen Gould (Tristan). Die Oper in der Inszenierung von Katharina Wagner feiert am 25.07.2015 bei den Bayreuther Festspielen 2015 in Bayreuth (Bayern) Eröffnungspremiere
Stephen Gould und Evelyn Herlitzius als "Tristan und Isolde" 2015 © Bayreuther Festspiele / dpa / Enrico Nawrath
Von Ulrike Timm |
Auf dem Grünen Hügel in Bayreuth beginnen die Wagner-Festspiele. Die "Süddeutsche Zeitung" bringt dazu einen großen Sonderteil - mit dem Titel "Große Liebe". Hier lernt man Dinge, die man nie geahnt hätte und auch manche, die man gar nicht wissen wollte.
"Bitte selbständig zur Rattenanprobe in die Herrenchorgarderobe kommen“ steht auf einem Schild, das Kathleen Hildebrand an einem Türchen sehr backstage des Bayreuther Festspielhauses entdeckt hat. Sie schaute sich in den Werkstätten um, da, wo die berühmten, intriganten, neurotischen, sehnsuchtsvoll erwarteten und dauergerüchteumwehten Bayreuther Festspiele ganz profan „gemacht“ werden. Und wo "RRattenschwänze aus Gummi, auswaschbarer Liebestrank und Töpfe, in denen Senfgelbes brodelt“ die Szene bestimmen.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG gönnt sich und uns zum Auftakt der Wagner Festspiele an diesem Wochenende einen vierseitigen Sonderteil. Warum so viel? Das kann man wohl nur mit der Überschrift der Aufmacherseite beantworten, die heißt so schlicht wie waghalsig: "Große Liebe“. Bezieht sich auf Tristan und Isolde, die "ultimative Liebesoper“.
Erst die dritte Isolde war die Richtige
Auch wenn die Liebenden volle zwei Akte aneinander vorbei singen und es eines Zaubertranks bedarf, damit sie sich überhaupt finden – "nie zeigte Wagner so viel Gefühl“, meint Reinhard Brembeck, Musikredakteur der SÜDDEUTSCHEN, in seiner kleinen Einstimmung auf die wirkmächtigste aller Wagneropern, mit der die Festspiele am Wochenende starten wollen - wie immer nach viel Vorgeplänkel weitab von großer Liebe und mit der nunmehr dritten Isolde. Die beiden vor ihr wollten oder durften nicht mehr, machten jedenfalls frühzeitig den Abgang.
Tristan Stephen Gould wird ganz sicher auftreten und schwört als Doping für seine konditionell mörderische Rolle auf jede Menge Eier zum Frühstück, wegen der Proteine. Das Schöne an so einem Special wie dem der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG ist doch, das man sich allmählich festliest auch bei Dingen, die man eigentlich gar nicht wissen wollte oder die sich von selbst verstehen – dass der Liebestrank von Opernkostümen abwaschbar sein muss z.B. ..“Er ist wieder da“ schallt es uns aus der WELT entgegen, die wie die SÜDDEUTSCHE das neu gestaltete Richard Wagner Museum nach all den auch um dieses Kapitel entfachten Querelen als sehr gelungen empfindet. Und damit es nicht zu viel wird mit der Wagnerei schauen wir in die TAZ, komplett wagnerfreie Zone, die Kollegen haben das „Puccini-Ding am See“ besucht und bei den Bregenzer Festspielen spektakuläre "Terrakottakrieger am Alpengrunde“ gesichtet.
Rundgang durch die Breughel-Dynastie mit Preisvergleich
Jetzt sind wir opernmäßig still und gucken zu den Malern. Die WELT hat sich "eine Malerfamilie als Markenartikel“ vorgenommen, alle malenden Breughels, eine 150 Jahre währende Familiendynastie. Vor allem aber interessierte den Kollegen Peter Dittmer, was man denn so anlegen muss für einen Breughel. Schlappe 4,7 Mio. Euro blechte der Käufer des "Betrunkenen, der in den Schweinekoben gestoßen wird“ von Pieter Breughel d. Ä. Ziemlich wenig eigentlich, gemessen daran, dass eine Picasso-Frau bei Christie‘s kürzlich fast 180 Mio. brachte. In Dollar. Die Alte Kunst hat es gegenüber der Klassischen Moderne oder den ganz neuen Werken derzeit echt schwer. Die wunderbaren Wimmelbilder der Breughels kann man dafür in den Museen noch reichlich sehen, besonders in Wien oder Brüssel – heute Kunst neu zu erwerben, ist für die öffentlichen Sammlungen ja kaum noch drin.
Die WELT widmet sich gefühlt den Preisen aller Breughels, die je einen Tupfer Ölfarbe auf Leinwand gegeben haben, und das waren sehr viele – ein zahlenstrotzender Artikel. Wer aber auf die Berühmtesten des Clans verzichten kann und stattdessen Einschränkungen wie "Werkstatt des…“ oder "aus dem Umkreis von“ oder gar "zugeschrieben dem…“ akzeptiert, der ist schon mit deutlich kleinerem Geld dabei. Eine Flusslandschaft irgendwo aus dem Dunstkreis der berühmten flämischen Malerdynastie gibt es doch schon für schlappe 5.000.…Und wem das immer noch zu viel ist und wer auch für Bayreuth keine Karten hat oder haben will, der leistet sich vielleicht doch wenigstens "Das Würstchen“. "Bayreuth ohne Würstchendas geht gar nicht“, weiß die SÜDDEUTSCHE:
„Tschaikowsky erwähnte sie in seiner Rezension der ersten Festspiele von 1876, und in Igor Strawinskys Text über seinen Parsifal-Besuch auf dem Grünen Hügel spielen sie sogar die Hauptrolle…
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