Aus den Feuilletons

Warum Donald Trump die Wähler krank macht

US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump bei seinem Wahlkampfauftritt in Phoenix, Arizona.
US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump bei seinem Wahlkampfauftritt in Phoenix, Arizona. © EFE
Von Hans von Trotha · 19.09.2016
"Election stress disorder" heißt eine psychische Krankheit, die bei den Wählern von besonders laut polternden Politikern wie Donald Trump ausgelöst wird. Was die mit den Betroffenen macht, erklärt die "taz" in ihrer Gesellschaftskritik.
"Die Berliner Gleichmacherei hat einen neuen Triumph gefeiert", findet Thomas Schmid in der WELT.
"Keiner Partei erlaubt sie, auch nur an den 25-Prozent-Turm heranzukommen. Das Volksheim Berlin feiert Abschied von der Volkspartei."
Was bei denen, die bis Sonntag der Meinung gewesen sein mochten, für eine Volkspartei angetreten zu sein, zu Phantomschmerzen führt.
Michael Hanfeld hat schon den Eindruck, die Wahlberichterstattung im Fernsehen verkomme zum "Sorgentelefon". In der FAZ erzählt er, "wie der Wahlabend im Fernsehen zur Therapiesitzung geriet". Und:
"Die Wahlabende im Fernsehen werden immer beklemmender."

"Die größten Verlierer erklären sich zu Siegern"

"Die größten Verlierer, wie die Berliner SPD, erklären sich zu Siegern … Die zweitgrößten Verlierer, wie die Berliner CDU, sind vollkommen perplex und suchen die Fehler bei anderen.
"Mit Blick auf die Union haben wir eine naheliegende Wählerwanderungsfrage nicht beantwortet bekommen, nämlich die, für wen die vielen Nichtwähler von vor fünf Jahren, die ihre Stimme nun der AfD gegeben haben, bei der vorletzten Wahl votierten."
Da wird es ja auch richtig kompliziert. Während Hanfeld in der FAZ sich im Wegenetz der Wählerwanderungen verheddert, meint Gereon Asmuth in der TAZ zu wissen, wo es langgeht, indem er einer neuen Wandergruppe von gesellschaftlicher Relevanz folgt:
"Müssen die etablierten Parteien Angst vor dem Nicht-mehr-Nichtwähler haben?"
Außerdem stellt Asmus fest:
"Mindestens so ausschlaggebend wie die Motivation der Nichtwähler sind für den Ausgang der Wahlen andere Faktoren. So sind allein 15 Prozent derjenigen, die 2011 noch Piraten gewählt haben, nicht zu einer anderen Partei oder den Nichtwählern gewechselt, sondern schlichtweg fortgezogen. Die CDU verlor nicht einmal 4 Prozent ihrer Anhänger durch Umzug. Allerdings hat sie ein Problem mit dem Alter. 9,4 Prozent ihrer Wähler sind in den letzten fünf Jahren gestorben. Der Tod nahm der Union fast genauso viele Wähler wie die AfD."

Gesundheit besser im Blick haben

Dessen eingedenk wären die wahlkämpfenden Konservativen in den USA gut beraten, die Gesundheit ihrer Leute besser im Blick haben. David Joram wartet in der TAZ mit neuesten Ergebnissen aus dem Land der unbegrenzten Statistikgläubigkeit auf:
"Poltern die KandidatInnen zu dolle, macht dies WählerInnen krank, jedenfalls in den USA. Insbesondere der Kandidat Donald Trump, so gaben es in einer Umfrage der Washington Post 69 Prozent aller Befragten an, verursacht eine psychische Krankheit namens election stress disorder. Bei der election stress disorder denkt der erwachsene Mensch wie ein Kleinkind, also in einem Alles-oder-nichts-Schema. Er verweigert sich vielen Dingen, reagiert abweisend auf komplexe Erklärungen und sucht nach grob vereinfachten Lösungen im näheren Umfeld."
Wie jetzt? Heißt das, dass die AfD jetzt auch in den USA 14 Prozent bekommt? Vielleicht mit zusätzlicher Hilfe von sogenannten Social Bots? Das sind Softwareprogramme, die chatten können – na ja vielleicht noch nicht wie du und ich, aber schon, sagen wir mal, wie ein an election stress disorder leidender Nicht-mehr-Nichtwähler. Im TAZ-Interview sagt Simon Hagelich, Professor für Political Datascience:
"Dass demokratische Prozesse durch Bots beeinflusst werden, ist beinahe ein Fakt. Weil nämlich jede Debatte, die in den sozialen Medien geführt wird, von Bots begleitet wird. Sofern wir also annehmen, dass die sozialen Medien irgendeine politische Relevanz haben – und die meisten Leute nehmen das an –, müssen wir davon ausgehen, dass die Bots in irgendeiner Form daran teilhaben."

"Beeinflussen Social Bots die US-Wahlen?

"Kann es am Ende sein", fragt Maike Laafs da den Professor da ganz direkt, "dass Social Bots den Ausgang von US-Wahlen beeinflussen?"
"Denkbar ist das tatsächlich. In Situationen, wo wenige Stimmen entscheidend sein können, haben Bots möglicherweise einen Einfluss. Generell muss man allerdings sagen: Social Bots spielen in Wahlkampagnen im Moment noch keine Rolle."
"Aber", fügt der Professor hinzu, gerade so, als sei das die Lösung für alle drohenden Wahldesaster:
"Das kann ja noch kommen."
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