Was Skat und chinesischer Holzdruck vielleicht gemein haben
Gehört Skat auf die UNESCO-Liste? Immerhin spielen doch viel mehr Menschen das Kartenspiel als die elf einsamen Chinesen, die noch den traditionellen Holzdruck beherrschen. Deshalb geht es süffisant in den Feuilletons zu - und daneben amüsant: In der Süddeutschen haben Autoren Kurzcharakteristiken von Shakespeare-Helden verfasst. Sehr spaßig.
Wahrscheinlich spielt Thüringens Kulturminister Christoph Matschie keinen Skat. Sonst wäre er wohl nicht auf die Idee gekommen, Skat auf die UNESCO-Liste setzen zu lassen. Zwar nicht auf die Höchstbedrohten-Liste, wo etwa der traditionelle chinesische Holzdruck steht, den gerade mal noch elf Chinesen beherrschen, oder auch eine bestimmte Pfeiftechnik der Urbewohner von Gomera.
Nee, Skat will Matschie auf der Allgemeingutliste haben. Aber alles, was auf UNESCO-Listen steht, soll"extra ins Bewusstsein gerückt und also auch ein bisschen geschützt werden“. Sprich, was auf Listen landet, ist schon ein bisschen tot. Zum Matschies‘ Rettungsplan meint die BERLINER ZEITUNG süffisant:"Im Unterschied zum fernöstlichen Holzdruck spielen Millionen Deutsche Skat. Es gibt eine Bundesliga, eine Champions League… es gibt Altenburg in Ostthüringen mit dem Deutschen Skatgericht“. Alles quicklebendig, also listenfern.Und wenn überhaupt was UNESCO-gelistet werden sollte, so die Glosse, dann doch bitte auch – Doppelkopf. Die norddeutsche Kartenklopp-Version. Denn:"Was einmal geht, geht zweimal.“
Nicht UNESCO-gelistet ist Shakespeare. Sein Glück. Denn der lebt ja, ohne Bundesliga, Champions League und thüringisches Spezialgericht. Einfach so. Seit 450 Jahren. Zum Abschluss der eindrucksvoll grassierenden Shakespeare-Woche ist die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG noch mal in die Vollen gegangen und hat die die Bühne für eine VIP-Mannschaft freigegeben. Jedem Autor seinen Liebling auf wenigen Zeilen, von Hamlet über Puck bis King Lear. Wer "laboriert an einer posttraumatischen Belastungsstörung mit depressiv-aggressiver Symptombildung: schweres, paranoides Brüten und böser, zerfetzter Witz?“ Hamlet, diagnostiziert Gustav Seibt. "Der Chaot, der von allen Wegen immer den schwierigsten wählt. Eine Orgie der Demenz“? Lear. Wer sonst.
Die Kurzcharakteristiken von Shakespeare-Helden machen Spaß
Es sind eher die schwergewichtigen Helden oder eher Antihelden, die den Kollegen der SÜDDEUTSCHEN in den Sinn kommen, einzig Toby Rülps und der Puck aus dem Sommernachtstraum dürfen als "vereinter Gegensatz von Handlanger und Anarchist“ dazwischen hüpfen. Unwillkürlich stellt man sich unter der Überschrift "Bühne frei für seine Figuren, seine Welt!“ vor, dass Hamlet, Jago, Richard III., Othello, Falstaff und Romeo und Julia im Shakespeare Himmel als All-Star-Ensemble aufeinanderträfen – das dazu passende Stück würde wohl selbst den großen Meister überfordern. Aber die Kurzcharakteristiken von Shakespeare-Helden in der SÜDDEUTSCHEN zu lesen – das macht Spaß!
Zwei Seiten weiter und im selben Blatt geht es um Geld. Um ganz viel Geld, 300 – 400 Millionen Umsatz – pro Stunde. Im Gespräch mit Cheyenne Westphal, der deutschen Co-Direktorin für zeitgenössische Kunst beim Auktionshaus Sotheby’s kann jeder Gebrauchtwagenhändler dazulernen, wie’s geht. Original-Ton Cheyenne Westphal: "Auktionen müssen verführerisch sein. Eine Abendauktion in New York dauert manchmal nur anderthalb Stunden, in diesem Moment muss wirklich alles passen. Dazu gehört auch eine gewisse Verführungskunst: den Kunden im letzten Moment zum höheren Gebot zu bewegen, das ist die Rolle des Auktionärs.“
Und dass Damien Hirst für eine legendäre Auktion 2008 "220 Arbeiten neu produzierte“ – produzierte, nicht schuf! – das lernen wir gleich mit. Halten wir uns als chronisch klamme Kleinverdiener noch kurz an Kleinstkunst, 10 x 10 cm müssen reichen. Der TAGESSPIEGEL gratuliert dem Pixie Buch, dass, Puff Patta Puff, seit 60 Jahren nicht totzukriegen ist, warum auch immer. Aber vielleicht haben ja einzelne Heftchen, wer weiß, in 450 Jahren oder so, einen Sammlerwert, der Sotheby's zeigt, wo der Hammer hängt.