Wenn aus Grusel Ernst wird
04:00 Minuten
Obwohl wir uns gern Filme über Aliens und Killerviren anschauen, habe der Spaß ein Ende, wenn der Grusel Realität werde, meint der "Tagesspiegel". Er rät in Zeiten von Corona zu einer besonderen Medizin: der Lektüre des Romans "Die Pest" von Albert Camus.
"Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?", fragt die TAZ. Und Friedrich Küppersbusch antwortet: "Husten." – "Und was wird besser in dieser?" – "Gesundheit."
Beuteschema der Berlinale
Das Coronavirus konnte die Durchführung der Berlinale bis zur Preisverleihung nicht verhindern. "Das neue Bären-Beuteschema ist das alte", titelt Hanns-Georg Rodek im Feuilleton der WELT mit Blick auf den Haupt-Gewinnerfilm und schreibt weiter:
"'Es gibt kein Böses' ist ein Film aus dem Iran, stammt von einem politisch verfolgten Regisseur und behandelt die Auswirkungen der Todesstrafe, also ein Menschenrechtsthema."
Das klingt, will Rodek wohl vorwurfsvoll sagen, alles noch nach der Ausrichtung des Festivals unter Dieter Kosslick. Dann aber gibt der Filmkritiker zu, dass es im Wettbewerb "wohl keinen besseren Film gegeben" habe als "Es gibt kein Böses". So nimmt er seiner Kritik am neuen künstlerischen Leiter Carlo Chatrian den Wind aus den Segeln. Denn wen stört's, wenn der beste Film auch noch ins Beuteschema der alten oder neuen Festivalleitung passt?
Die Urangst vor dem Unsichtbaren
"Gerade sind in Berlin die Filmfestspiele zu Ende gegangen", schreibt Peter von Becker im TAGESSPIEGEL, aber was folgt, ist alles andere als eine Berlinale-Kritik:
"Wir delektieren uns am Ungeheuren, an Vampiren und Aliens, an äußeren Katastrophen oder immer neuen psychoviralen Eindringlingen in die Köpfe und Körper der Leinwandfiguren", schreibt er und fragt: "Was aber, wenn der Spuk plötzlich real wird?"
Damit spielt er auf das Coronavirus und dessen Wirkung auf den Menschen an. Es gehe hier um "die Urängste vor dem Unsichtbaren, Unreinen, Unheimlichen". Die Infizierten würden zu potenziellen "Aussätzigen". Peter von Becker rät da zum Lesen. Zur Lektüre von Albert Camus' Roman "Die Pest":
"Camus zeigt dabei ohne apokalyptischen Grusel und voll nüchterner Rationalität, dass neben der Medizin weniger die gegenseitige Abschottung als vielmehr die gesellschaftliche Solidarität ein Mittel des Widerstands ist."
Unflexible Künstliche Intelligenz
Von der Mitmenschlichkeit zur Ohnemenschlichkeit, nämlich zur künstlichen Intelligenz. Die kann weniger, als viele meinen, ja ist sogar manchmal "Dumm wie Bot". So hat Michael Moorstedt seinen Artikel für die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG betitelt. Es würden zwar gerade viele Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz erzielt, aber nur weil immer mehr Rechenleistung genutzt werde.
"Ein einzelnes KI-Modell neu auf ein neues Problem anzusetzen, sorgt inzwischen für den ungefähr gleichen CO2-Ausstoß wie der Betrieb von fünf Pkw", erläutert Moorstedt. Künstliche Intelligenz gehe mit Situationen, für die sie nicht trainiert worden sei, "eher unsouverän" um, schreibt der Journalist und gibt ein Beispiel:
"Als Mitarbeiter des IT-Sicherheitskonzerns McAfee ein etwa vier Zentimeter langes Stück schwarzes Klebeband auf einem Verkehrsschild anbrachten, reagierte der vermeintlich intelligente Autopilot eines Tesla, indem er 50 Meilen pro Stunde beschleunigte."
Apropos "beschleunigen": "Die Corona-Panik nimmt in Deutschland langsam Fahrt auf", schreibt die TAZ und fragt Friedrich Küppersbusch: "Haben Sie ihre Hamsterkäufe schon erledigt?" – "Hamster sind alle."