Jamie Purviance: "Weber's Grillbibel"
Gräfe und Unzer, München 2010
320 Seiten, 24,95 Euro
Ein Würstchen macht noch keinen Grillsommer
In unserer Rubrik "Aus den Listen" nehmen wir in dieser Woche einen Titel aus der Ratgeber-Liste des "Focus" unter die Lupe: "Weber‘s Grillbibel" von Jamie Purviance. Das Fazit: Alles ist grillbar!
Schluss mit den Zeiten, in denen Mann mit schweiß-glänzender Stirn erst schwarze Briketts in eine weiß-rötlich glühende Schicht verwandelte, um dann frisches Fleisch in schwarze Briketts zu verwandeln.
Nein, Grillen ist heute eine Angelegenheit für Gourmets, oder zumindest für Gourmands. Und Grillen ist – wenn man diesem Buch vertraut - vor allem Technologie und Equipment, denn Grill ist nicht gleich Grill (ohne Deckel geht Garen gar nicht, ob mit direkter oder indirekter Hitze). Und erst recht nicht ohne digitales Fleischthermometer, oder besser Funkthermometer, das Botschaften aus dem Inneren des Grillguts direkt auf ein Empfangsgerät schickt, damit der Herr des Geschehens immer auch Herr der Lage ist.
Grillen als Hochtechnologieunternehmen
„Seit dem Abschluss meines Studiums vor etwa 15 Jahren", schreibt der amerikanische Grillguru Jamie Purviance, „beschäftige ich mich vor allem mit der Frage, wie die Fortschritte und Errungenschaften der modernen, wissenschaftlichen Kochkunst auf die Grillkunst übertragen werden können." Und so wird dieses opulente Buch zu einer genderspezifischen Gebrauchsanweisung eines bestimmten Grill-Modells und überführt die lässige Freiluftspeisezubereitung in ein männerspezifisches Hobby und also – wie es bei Männern üblich ist - Hochtechnologieunternehmen: Die Fotos zeigen übrigens grundsätzlich Männerhände beim Parieren allermöglichen Fleischsorten, während Frauenhände beim Servieren der feinen Ergebnisse zu sehen sind.
Die frohe Botschaft dieser „Bibel" lautet: Alles ist grillbar!
Vom klassischen Steak bis hin zu Gemüse und Obst. Was dann wiederum viel leckerer aussieht als all die grünen Smoothies, die in den Ratgeberbestenlisten derzeit zuhauf gepriesen werden. Betrachtet man die Rezepte in diesem Buch, so wird schnell klar, dass in dieser heiligen Schrift das Alte Testament die Zubereitung klassischer Burger betrifft, wohingegen das Neue Testament eher Austern auf dem Grill prophezeit oder auf dem Zedernbrett gegrillte Hähnchenschenkel mit Soja-Ingwer Glasur.
Was offenbar beweist: Ein Würstchen macht noch keinen Grillsommer.