Aus der Traum
Für Jugendliche in Afrika ist Fußball nicht nur Spiel, sondern Leidenschaft und Hoffnung. Zahllose Talente wagen den Sprung nach Europa, wo sie oft allerdings nur in drittklassigen Vereinen spielen.
Ein staubiger Kunstrasenplatz in Saint Denis. Pierre kickt mit ein paar anderen Jungs in der Pariser Vorstadt. In der Halbzeitpause hält der junge Kameruner mit den schwarzen Rasta-Locken den rissigen Lederball dicht vor seine Brust gepresst. Sonst hat Pierre nicht viel, an dem er sich festhalten kann.
"Mit 14 bin ich los, ganz allein. Ich habe meine Familie verlassen, für meinen Traum - Fußballer zu werden. Ich habe Opfer gebracht, und sehr viel riskiert!"
Riskiert - und verloren. Ein Talent-Scout hatte dem afrikanischen Jung-Dribbler zuhause Versprechungen gemacht. Er solle bei großen Clubs in Europa vorspielen. Pierre hatte dem Coach getraut.
"Ich habe mich krummgelegt für mein Flugticket hierher. Denn wer Karriere machen will, im Fußball, der muss nach Europa kommen, das weiß doch jeder!"
Pierre will seinen richtigen Namen nicht nennen. Er schämt sich. Seine Familie hatte Hoffnungen in ihn gesetzt. Sich verschuldet für seine Reise hierher. Doch der Traum ist zerplatzt. Pierre hat ein paar Mal für die Jugendmannschaft von Paris Saint Germain gespielt. Aber dann hatte er Pech und hat sich verletzt – und alle hätten ihn fallen gelassen, erzählt er.
"Sie haben mir versprochen, mich in den Verein zu holen. Aber als ich krank wurde, war davon keine Rede mehr. Ich musste meine Operation selbst bezahlen, meine Reha - das war teuer, und ich war ganz allein!"
Jean-Claude Mbvoumin kennt Schicksale wie die von Pierre zur Genüge. Er war selbst einmal Nationalspieler in Kamerun. Vor über zehn Jahren hat er in einer Pariser Banlieue den Verein "Foot Solidaire" gegründet. Mbvoumin hilft den gestrandeten Jung-Fußballern aus Afrika:
"Das ist Kinderhandel. Betroffen sind vor allem Jugendliche, 15-16 Jahre alt. Jungen, die sich leicht auszunutzen lassen. Agenten versprechen ihnen Profi-Verträge. Nach dem Motto: du wirst der nächste Samuel Eto’o, der nächste Didier Drogba, oder bei Bayern München spielen. Doch die Clubs warten nicht, bis sich der junge Afrikaner eingewöhnt hat. Und so wird er oft wieder gefeuert."
Mbvoumin schätzt, dass mehrere tausend afrikanische Fußballer in den Vorstädten von Paris leben. Sie sind mit der Hoffnung auf eine internationale Karriere gekommen. Betrügerische Agenten nehmen den Jugendlichen oft ihre Papiere ab, ihr Geld, streichen noch dazu Prämien von Vereinen ein, sagt Mbvoumin. Und lassen sie hängen. Foot Solidaire hilft, erstmal ganz praktisch:
"Wir geben Tipps, wir hören den Jugendlichen zu, versuchen, Lösungen zu finden. Aber es ist meist nur Erste Hilfe!"
Fast eineinhalbtausend junge Fußballer in Not haben sich in den letzten fünf Jahren an Jean-Claude Mbvoumin und seinen Verein gewandt. Manchmal kann er helfen. Wie bei Ibrahim, von der Elfenbeinküste:
Der junge Kicker sitzt einige hundert Kilometer von Paris entfernt am Spielfeldrand des Fußball-Clubs von Niort. Ibrahim ist mit 16 von der Elfenbeinküste gekommen. Seine Geschichte? Ibrahims Blick verdunkelt sich, er winkt ab:
"Das sind Erinnerungen, die ich lieber vergessen will. Ich hätte nicht so leichtgläubig sein sollen. Aber ich wollte es unbedingt schaffen. Das muss man alles auf den Müll werfen, alles, auf den Müll."
Ibrahim streicht mit einer stolzen Handbewegung sein blaues Trikot glatt. Er ist zum Probetraining in Niort. Jean-Claude Mbvoumin hat ihn vermittelt. Trainer Laurent ist bisher zufrieden mit dem jungen Afrikaner:
"Er hat Potenzial und ein interessantes Profil. Er ist zäh und kräftig. Technisch kann er sich allerdings noch verbessern."
Ob Niort Ibrahim behält, für die kommende Saison, ist noch nicht entschieden. Im Verein spielt auch Tanguy aus Burkina Faso. In der A-Auswahl des Clubs. Der 28-Jährige hat es geschafft und verdient sein Geld als Fußballer. Er kümmert sich um die Jungen, wie Ibrahim, mit ziemlich viel Wut im Bauch:
"Sie werden hier behandelt wie streunende Hunde, nicht wie Menschen. Dabei treibt sie nur die Liebe zum Fußball hier her, sonst nichts. Wenn sie hier weiter leiden, dann ist das schlimm, sehr schlimm!"
Jean-Claude Mbvoumin und seiner Organisation Foot Solidaire haben in den letzten Jahren neue Schlepper-Wege ausgemacht. Kamen die Jungendlichen aus Afrika früher vor allem nach Frankreich, Spanien, Italien, heißt jetzt ihre erste Station häufig Osteuropa:
"Die Jungen kommen jetzt meist nicht mehr direkt nach Mitteleuropa. Sie werden oft erstmal in Osteuropa getestet. In Zypern, Rumänien, Serbien, Polen. Klappt es da nicht sofort, werden sie im Stich gelassen. Das nennen wir ‚Spieler-Wäsche’."
"Mit 14 bin ich los, ganz allein. Ich habe meine Familie verlassen, für meinen Traum - Fußballer zu werden. Ich habe Opfer gebracht, und sehr viel riskiert!"
Riskiert - und verloren. Ein Talent-Scout hatte dem afrikanischen Jung-Dribbler zuhause Versprechungen gemacht. Er solle bei großen Clubs in Europa vorspielen. Pierre hatte dem Coach getraut.
"Ich habe mich krummgelegt für mein Flugticket hierher. Denn wer Karriere machen will, im Fußball, der muss nach Europa kommen, das weiß doch jeder!"
Pierre will seinen richtigen Namen nicht nennen. Er schämt sich. Seine Familie hatte Hoffnungen in ihn gesetzt. Sich verschuldet für seine Reise hierher. Doch der Traum ist zerplatzt. Pierre hat ein paar Mal für die Jugendmannschaft von Paris Saint Germain gespielt. Aber dann hatte er Pech und hat sich verletzt – und alle hätten ihn fallen gelassen, erzählt er.
"Sie haben mir versprochen, mich in den Verein zu holen. Aber als ich krank wurde, war davon keine Rede mehr. Ich musste meine Operation selbst bezahlen, meine Reha - das war teuer, und ich war ganz allein!"
Jean-Claude Mbvoumin kennt Schicksale wie die von Pierre zur Genüge. Er war selbst einmal Nationalspieler in Kamerun. Vor über zehn Jahren hat er in einer Pariser Banlieue den Verein "Foot Solidaire" gegründet. Mbvoumin hilft den gestrandeten Jung-Fußballern aus Afrika:
"Das ist Kinderhandel. Betroffen sind vor allem Jugendliche, 15-16 Jahre alt. Jungen, die sich leicht auszunutzen lassen. Agenten versprechen ihnen Profi-Verträge. Nach dem Motto: du wirst der nächste Samuel Eto’o, der nächste Didier Drogba, oder bei Bayern München spielen. Doch die Clubs warten nicht, bis sich der junge Afrikaner eingewöhnt hat. Und so wird er oft wieder gefeuert."
Mbvoumin schätzt, dass mehrere tausend afrikanische Fußballer in den Vorstädten von Paris leben. Sie sind mit der Hoffnung auf eine internationale Karriere gekommen. Betrügerische Agenten nehmen den Jugendlichen oft ihre Papiere ab, ihr Geld, streichen noch dazu Prämien von Vereinen ein, sagt Mbvoumin. Und lassen sie hängen. Foot Solidaire hilft, erstmal ganz praktisch:
"Wir geben Tipps, wir hören den Jugendlichen zu, versuchen, Lösungen zu finden. Aber es ist meist nur Erste Hilfe!"
Fast eineinhalbtausend junge Fußballer in Not haben sich in den letzten fünf Jahren an Jean-Claude Mbvoumin und seinen Verein gewandt. Manchmal kann er helfen. Wie bei Ibrahim, von der Elfenbeinküste:
Der junge Kicker sitzt einige hundert Kilometer von Paris entfernt am Spielfeldrand des Fußball-Clubs von Niort. Ibrahim ist mit 16 von der Elfenbeinküste gekommen. Seine Geschichte? Ibrahims Blick verdunkelt sich, er winkt ab:
"Das sind Erinnerungen, die ich lieber vergessen will. Ich hätte nicht so leichtgläubig sein sollen. Aber ich wollte es unbedingt schaffen. Das muss man alles auf den Müll werfen, alles, auf den Müll."
Ibrahim streicht mit einer stolzen Handbewegung sein blaues Trikot glatt. Er ist zum Probetraining in Niort. Jean-Claude Mbvoumin hat ihn vermittelt. Trainer Laurent ist bisher zufrieden mit dem jungen Afrikaner:
"Er hat Potenzial und ein interessantes Profil. Er ist zäh und kräftig. Technisch kann er sich allerdings noch verbessern."
Ob Niort Ibrahim behält, für die kommende Saison, ist noch nicht entschieden. Im Verein spielt auch Tanguy aus Burkina Faso. In der A-Auswahl des Clubs. Der 28-Jährige hat es geschafft und verdient sein Geld als Fußballer. Er kümmert sich um die Jungen, wie Ibrahim, mit ziemlich viel Wut im Bauch:
"Sie werden hier behandelt wie streunende Hunde, nicht wie Menschen. Dabei treibt sie nur die Liebe zum Fußball hier her, sonst nichts. Wenn sie hier weiter leiden, dann ist das schlimm, sehr schlimm!"
Jean-Claude Mbvoumin und seiner Organisation Foot Solidaire haben in den letzten Jahren neue Schlepper-Wege ausgemacht. Kamen die Jungendlichen aus Afrika früher vor allem nach Frankreich, Spanien, Italien, heißt jetzt ihre erste Station häufig Osteuropa:
"Die Jungen kommen jetzt meist nicht mehr direkt nach Mitteleuropa. Sie werden oft erstmal in Osteuropa getestet. In Zypern, Rumänien, Serbien, Polen. Klappt es da nicht sofort, werden sie im Stich gelassen. Das nennen wir ‚Spieler-Wäsche’."