Aus der Welt der Politprofis
Zu Lebzeiten des amerikanischen Polit-Thriller-Autors Ross Thomas (1926-1995) fieberte man dem Erscheinen jedes seiner 25 Romane entgegen. Heute, 16 Jahre nach seinem Tod, gilt das gleiche für die Bände der Werkausgabe, die der Berliner Alexander Verlag herausgibt.
Um so mehr, weil es sich – endlich – um vollständige, anständig revidierte und auch rekonstruierte Ausgaben handelt, denn Ross-Thomas-Romane waren lange Zeit Opfer der deutschen Verlagspolitik: Sie wurden gekürzt und schlampig präsentiert.
Damit wurde ein eminent wichtiger Autor einer breiteren Öffentlichkeit vorenthalten. Die Qualitäten seiner Bücher aber kann man zum Beispiel am jüngst erschienen achten Band der Ausgabe studieren: "Der Yellow-Dog-Kontrakt" aus dem Jahre 1976 ist ein um keinen Tag gealterter Roman über die Möglichkeiten, auf dem Umweg von Lokalpolitik entscheidend einen Präsidentschaftswahlkampf zu beeinflussen.
Thomas seziert aus der Perspektive eines reaktivierten Wahlkampfprofis, der für viel Geld noch einmal einen nicht ganz koscheren Job annimmt, wie der Politikbetrieb läuft und wie die Mechanismen abseits der schönen Reden und ideologischen Schlagworte funktionieren. Thomas selbst hat in vielen Bereichen des politischen Lobbyismus und Journalismus gearbeitet – er hat Gewerkschaftswahlkämpfe gemacht, einen Wahlkampf in Nigeria geleitet, er hat auch das deutsche Büro des ANF (American Forces Network) aufgebaut und war ein durch und durch kosmopolitischer Mensch, der seine Erfahrungen in brillanten Romanen verarbeitete.
Dafür schuf er sich eine an Lakonie, Präzision, hinterhältigem Witz und Coolness von keinem anderen Autor je erreichte Erzählsprache, die ihm gewaltiges Prestige einbrachte. Kaum ein Verfasser von Polit-Thrillern, der sich nicht auf ihn beruft; und kaum einer, der nicht weiß, dass Ross Thomas eine Art Qualitätsnorm darstellt.
Dabei sind seine Romane kaum wirkliche "Polit-Thriller" oder gar "Spionageromane", obwohl Spione und Politik immer eine Rolle spielen. Ross-Thomas-Romane sind ein Genre sui generis. Keine Verschwörungsopern, niemand muss die Welt retten, noch nicht einmal die USA, denen er, als bekennender Linker, nie sehr wohlwollend gegenüberstand. Seine Helden, so wie hier der Politprofi Harvey Longmire, sind den richtigen Schurken nur um ein paar moralische Nuancen voraus. Und um ein paar Gedankensprünge schneller, die dafür sorgen, dass sich ihr Engagement am Ende wenigstens ein bisschen auszahlt. Insofern macht der pragmatische Moralismus seiner Helden die Welt nicht unbedingt besser, sondern nur momentan ein wenig erträglicher. Denn auch am Ende des "Yellow-Dog-Kontrakt" schließt sich still der See des Washingtoner Politikbetriebs wieder, nachdem ein paar hineingeworfene Steine ihre Ringe gezogen haben.
Richtig aufregend ist die Klarheit seiner Prosa, die nichts erklärt, sondern nur kühl beschreibt, was passiert und dabei dem Leser einiges an Mitdenken und an zeitgeschichtlicher Bildung abfordert. Vielleicht auch das ein Grund, warum Ross Thomas nie ein massenkompatibler Autor wurde. An seiner Wichtigkeit ändert das allerdings kein bisschen.
Besprochen von Thomas Wörtche
Ross Thomas: Der Yellow-Dog-Kontrakt
Deutsch von Stella Diedrich, Gisbert Haefs und Edith Massmann
Alexander Verlag, Berlin 2010
272 Seiten, 14,90 Euro
Damit wurde ein eminent wichtiger Autor einer breiteren Öffentlichkeit vorenthalten. Die Qualitäten seiner Bücher aber kann man zum Beispiel am jüngst erschienen achten Band der Ausgabe studieren: "Der Yellow-Dog-Kontrakt" aus dem Jahre 1976 ist ein um keinen Tag gealterter Roman über die Möglichkeiten, auf dem Umweg von Lokalpolitik entscheidend einen Präsidentschaftswahlkampf zu beeinflussen.
Thomas seziert aus der Perspektive eines reaktivierten Wahlkampfprofis, der für viel Geld noch einmal einen nicht ganz koscheren Job annimmt, wie der Politikbetrieb läuft und wie die Mechanismen abseits der schönen Reden und ideologischen Schlagworte funktionieren. Thomas selbst hat in vielen Bereichen des politischen Lobbyismus und Journalismus gearbeitet – er hat Gewerkschaftswahlkämpfe gemacht, einen Wahlkampf in Nigeria geleitet, er hat auch das deutsche Büro des ANF (American Forces Network) aufgebaut und war ein durch und durch kosmopolitischer Mensch, der seine Erfahrungen in brillanten Romanen verarbeitete.
Dafür schuf er sich eine an Lakonie, Präzision, hinterhältigem Witz und Coolness von keinem anderen Autor je erreichte Erzählsprache, die ihm gewaltiges Prestige einbrachte. Kaum ein Verfasser von Polit-Thrillern, der sich nicht auf ihn beruft; und kaum einer, der nicht weiß, dass Ross Thomas eine Art Qualitätsnorm darstellt.
Dabei sind seine Romane kaum wirkliche "Polit-Thriller" oder gar "Spionageromane", obwohl Spione und Politik immer eine Rolle spielen. Ross-Thomas-Romane sind ein Genre sui generis. Keine Verschwörungsopern, niemand muss die Welt retten, noch nicht einmal die USA, denen er, als bekennender Linker, nie sehr wohlwollend gegenüberstand. Seine Helden, so wie hier der Politprofi Harvey Longmire, sind den richtigen Schurken nur um ein paar moralische Nuancen voraus. Und um ein paar Gedankensprünge schneller, die dafür sorgen, dass sich ihr Engagement am Ende wenigstens ein bisschen auszahlt. Insofern macht der pragmatische Moralismus seiner Helden die Welt nicht unbedingt besser, sondern nur momentan ein wenig erträglicher. Denn auch am Ende des "Yellow-Dog-Kontrakt" schließt sich still der See des Washingtoner Politikbetriebs wieder, nachdem ein paar hineingeworfene Steine ihre Ringe gezogen haben.
Richtig aufregend ist die Klarheit seiner Prosa, die nichts erklärt, sondern nur kühl beschreibt, was passiert und dabei dem Leser einiges an Mitdenken und an zeitgeschichtlicher Bildung abfordert. Vielleicht auch das ein Grund, warum Ross Thomas nie ein massenkompatibler Autor wurde. An seiner Wichtigkeit ändert das allerdings kein bisschen.
Besprochen von Thomas Wörtche
Ross Thomas: Der Yellow-Dog-Kontrakt
Deutsch von Stella Diedrich, Gisbert Haefs und Edith Massmann
Alexander Verlag, Berlin 2010
272 Seiten, 14,90 Euro