Ausgelöschte Kulturgeschichte
Seit vor drei Jahren ein Erdbeben die Altstadt von L'Aquila in Italien erschüttert hat, gammeln Baudenkmäler aus Mittelalter, Renaissance und Barock vor sich hin. Statt die Innenstadt zu restaurieren, konzentrierte man sich auf den Bau neuer Fertighäuser in der Umgebung.
Soldaten rücken Absperrgitter zurecht, um zu verhindern, dass aufgebrachte Bürger in die "zona rossa" eindringen. Die "rote Zone" L'Aquila ist derart einsturzgefährdet, dass man sie komplett abgesperrt hat.
Die Protestierenden wollen in die "rote Zone" hinein. Sie wollen selbst sehen, in welchem Zustand sich ihre Häuser befinden. Schließlich geben die Soldaten nach. Hunderte von Menschen strömen in die Altstadt.
Szenen wie diese wiederholen sich seit Wochen. Die Menschen sind ärgerlich auf "die da in Rom". Waren es doch Politiker der Regierung Berlusconi, die ihnen nach dem verheerenden Erdbeben das Blaue vom Himmel versprochen hatten. Ein Gang durch L'Aquila beweist, dass die Gebäude aus rund zehn Jahrhunderten Baugeschichte zwar statisch sicher abgestützt sind, ansonsten aber nicht viel geschehen ist. Das Fazit im Jahr drei nach dem Erdbeben fällt negativ aus, sehr negativ, meint Claudia Ferramonti, Kunsthistorikerin aus L'Aquila:
"Seine eigene Stadt zu verlieren, das ist ein Gefühl, das man nur nachvollziehen kann, wenn man das erlebt hat. Man verliert mit seiner Stadt auch seine Gemeinschaft. Sehen Sie da, da hinten ist unser Stadtarchiv mit uralten Dokumenten, die die Geschichte der Stadt erzählen. Das ist für uns ein heiliger Ort."
In den drei Jahren nach der Katastrophe konzentrierte man sich vor allem auf die Schaffung der sogenannten "new towns", in denen rund 20.000 Obdachlose in Fertighäusern untergebracht wurden. Die Altstadt von L'Aquila kam erst an zweiter Stelle. Das Stadtzentrum wurde in eine rote unzugängliche und in eine weiße zugängliche Zone aufgeteilt.
Ein Spaziergang durch die begehbaren Straßen, vorbei an Häusern, die von hunderten hölzernen und eisernen Stützpfeilern zusammengehalten werden, ist gespenstisch und surreal. Keine Geräusche, kein Leben, nur Stille und wilde Hunde und Katzen. Eine faszinierend erschreckende Atmosphäre für den berühmten italienischen Fotografen Gianni Berengo Gardin, der vor der Ruine des Doms aus der Renaissance steht:
"Ich liebe Italien nicht besonders, wegen der Italiener. Sehen Sie sich doch hier um: dieser Verfall, die Folge übelsten Desinteresses. Hier lässt man eine Stadt sterben, die, wenn es diesen politischen Wille gäbe, gerettet werden könnte. Ein wirkliches Desaster."
Mehr als 70 Prozent aller Altbauten sind noch nicht einmal statisch untersucht worden. Niemand weiß also, wie groß das Gesamtausmaß der Renovierungsarbeiten überhaupt sein wird. Bürgermeister Massimo Cialenti sieht schwarz für seine Stadt:
"Wir haben hier das Gefühl, dass man uns in Rom vergessen hat. Die beschädigten Baudenkmäler aus Mittelalter, Renaissance und Barock gammeln vor sich hin, weil wir kein Geld für ihre Restaurierung haben. Das gleiche gilt für zahllose Gemälde und Skulpturen, die nach der Katastrophe zwar gerettet, aber in Kellern und anderen Depots notgelagert wurden und dringend restauriert werden müssten. Das ist wirklich unglaublich!"
Ein Ort der Hoffnung und neuen Lebens in der weitgehend entvölkerten Altstadt soll der "salotto urbano" werden, der städtische Salon. Nach einem Projekt des deutschen Architekten Jan Liesegang, Stipendiat der Villa Massimo in Rom, soll auf einem der zugänglichen Plätze des historischen Zentrums ein kastenförmiges Gebäude errichtet werden. Ein Ort für junge Leute, die mit dem Erdbeben ihre traditionellen Treffpunkte wie Hochschule, Cafés und Kneipen verloren haben. Das Projekt soll, mit finanzieller Unterstützung privater Sponsoren, noch in diesem Jahr realisiert werden.
Die Protestierenden wollen in die "rote Zone" hinein. Sie wollen selbst sehen, in welchem Zustand sich ihre Häuser befinden. Schließlich geben die Soldaten nach. Hunderte von Menschen strömen in die Altstadt.
Szenen wie diese wiederholen sich seit Wochen. Die Menschen sind ärgerlich auf "die da in Rom". Waren es doch Politiker der Regierung Berlusconi, die ihnen nach dem verheerenden Erdbeben das Blaue vom Himmel versprochen hatten. Ein Gang durch L'Aquila beweist, dass die Gebäude aus rund zehn Jahrhunderten Baugeschichte zwar statisch sicher abgestützt sind, ansonsten aber nicht viel geschehen ist. Das Fazit im Jahr drei nach dem Erdbeben fällt negativ aus, sehr negativ, meint Claudia Ferramonti, Kunsthistorikerin aus L'Aquila:
"Seine eigene Stadt zu verlieren, das ist ein Gefühl, das man nur nachvollziehen kann, wenn man das erlebt hat. Man verliert mit seiner Stadt auch seine Gemeinschaft. Sehen Sie da, da hinten ist unser Stadtarchiv mit uralten Dokumenten, die die Geschichte der Stadt erzählen. Das ist für uns ein heiliger Ort."
In den drei Jahren nach der Katastrophe konzentrierte man sich vor allem auf die Schaffung der sogenannten "new towns", in denen rund 20.000 Obdachlose in Fertighäusern untergebracht wurden. Die Altstadt von L'Aquila kam erst an zweiter Stelle. Das Stadtzentrum wurde in eine rote unzugängliche und in eine weiße zugängliche Zone aufgeteilt.
Ein Spaziergang durch die begehbaren Straßen, vorbei an Häusern, die von hunderten hölzernen und eisernen Stützpfeilern zusammengehalten werden, ist gespenstisch und surreal. Keine Geräusche, kein Leben, nur Stille und wilde Hunde und Katzen. Eine faszinierend erschreckende Atmosphäre für den berühmten italienischen Fotografen Gianni Berengo Gardin, der vor der Ruine des Doms aus der Renaissance steht:
"Ich liebe Italien nicht besonders, wegen der Italiener. Sehen Sie sich doch hier um: dieser Verfall, die Folge übelsten Desinteresses. Hier lässt man eine Stadt sterben, die, wenn es diesen politischen Wille gäbe, gerettet werden könnte. Ein wirkliches Desaster."
Mehr als 70 Prozent aller Altbauten sind noch nicht einmal statisch untersucht worden. Niemand weiß also, wie groß das Gesamtausmaß der Renovierungsarbeiten überhaupt sein wird. Bürgermeister Massimo Cialenti sieht schwarz für seine Stadt:
"Wir haben hier das Gefühl, dass man uns in Rom vergessen hat. Die beschädigten Baudenkmäler aus Mittelalter, Renaissance und Barock gammeln vor sich hin, weil wir kein Geld für ihre Restaurierung haben. Das gleiche gilt für zahllose Gemälde und Skulpturen, die nach der Katastrophe zwar gerettet, aber in Kellern und anderen Depots notgelagert wurden und dringend restauriert werden müssten. Das ist wirklich unglaublich!"
Ein Ort der Hoffnung und neuen Lebens in der weitgehend entvölkerten Altstadt soll der "salotto urbano" werden, der städtische Salon. Nach einem Projekt des deutschen Architekten Jan Liesegang, Stipendiat der Villa Massimo in Rom, soll auf einem der zugänglichen Plätze des historischen Zentrums ein kastenförmiges Gebäude errichtet werden. Ein Ort für junge Leute, die mit dem Erdbeben ihre traditionellen Treffpunkte wie Hochschule, Cafés und Kneipen verloren haben. Das Projekt soll, mit finanzieller Unterstützung privater Sponsoren, noch in diesem Jahr realisiert werden.