Ausgleich zum literarischen Schaffen
Steppenwolf, Siddhartha, Narziss und Goldmund - Hermann Hesse steht für Weltliteratur. Doch Hesse hat auch gemalt. Im Museum Kulturspeicher in Würzburg sind nun rund 180 Werke – vor allem Aquarelle - in der Ausstellung "…die Grenzen überfliegen" zu sehen.
Wer Hermann Hesse bislang als Maler leuchtender Berglandschaften und farbenfroher Idyllen kannte, als einen Liebhaber des Heiteren und schönen Scheins, als einen harmonischen Romantiker lernt in dieser chronologisch arrangierten Ausstellung einen neuen Hesse kennen.
So jedenfalls hat man diesen malenden Literaten noch nie in Deutschland gesehen: als einen suizidgefährdeten Künstler, der sich mit Pinsel und Malstift in die Abgründe der eigenen Seele vorwagt, sagt Kuratorin Henrike Holsing.
"Hermann Hesse hat angefangen zu malen im Rahmen einer Psychoanalyse. Er hat 1916 einen ziemlichen psychischen Zusammenbruch erlitten, ist in die Psychoanalyse gegangen bei einem Schüler von C. G. Jung. Und der hat ihm dann geraten, seine Träume nicht nur niederzuschreiben, sondern eben auch bildlich festzuhalten. Und so ist Hermann Hesse dann dazu gekommen, mit dem Zeichenstift sich auszudrücken."
Es sind Gouachen, wilde, maskenartige Männergesichter mit blutroten Lippen und giftgrünen Augen, die in Vitrinen den Betrachter mit magischer Intensität etwas grimmig anblicken. Auch zittrige, gelegentlich kolorierte Federzeichnungen in ästhetisch noch ungelenker Manier entstehen auf diese Weise - hierzulande noch nie präsentierte Werke. Identitätssuche und Selbstvergewisserung mit Hilfe der Kunst, Malen als Therapie.
"Ganz am Anfang geht es natürlich um seine Träume. Da malt er sich selbst, wie er an einem Tisch sitzt, auf einem riesigen Platz, ganz verlassen und alleine. Oder: Wie er unermessliche Lasten vor sich herschleppt.
Er setzt sich aber auch auseinander mit seinem Äußeren. Es gibt aus dieser Zeit, also aus den ersten Jahren, einige Selbstbildnisse – später macht er das gar nicht mehr. Wir haben außerdem Bilder von seinem Haus, seiner Umgebung in Bern."
Diese in Mischtechnik entworfenen Interieurs geben gute Einblicke in Hesses etwas düster wirkende Berner Wohnung am Melchenbühlweg. Mal ist die Bibliothek des Dichters in windschiefer Perspektive zu sehen, mal eine Kommode vor dem Fenster des Wohnzimmers. Erst ab 1919, nach der Trennung von seiner Frau und dem Umzug nach Montagnola in die neobarocke Casa Camuzzi, ändert sich der Malstil des späteren Literaturnobelpreisträgers.
Die liebliche Tessiner Landschaft mit ihren anmutigen Häusern inmitten üppiger Vegetation mag dazu einen Teil beigetragen haben, aber auch der Kontakt zu Malern wie Karl Hofer oder Louis Moilliet, dem Teilnehmer der legendären "Tunisreise", der ihn auch mit dem Oeuvre von August Macke bekannt macht.
Ausgerüstet mit Wasserfarben, Kreide oder weichen Bleistiften bringt Hesse von seinen Streifzügen in die Natur kräftig leuchtende Aquarelle mit, oft in Komplementärfarben aufs Papier gebannt: bonbonfarbene Plein-Air-Blätter die exotisch wirken, obwohl sie nur Schweizer Szenerien zeigen: Asien im Tessin.
Goldrahmen mit märchenhaften Sequenzen sind in der Schau zu sehen, aber auch Arbeiten mit Telegrafenstangen und Eisenbahnschienen, die an die "Neue Sachlichkeit" erinnern. Viele, manchmal mit schwarzen Umrisslinien versehene Werke, die er jetzt verkauft, als Drucke mit Gedichten in kleinen Auflagen anbietet und mit dem Erlös immer wieder Hilfsbedürftige unterstützt, sind abstrahierend, aber nicht völlig abstrakt. Und zunehmend wird sein Malstil versierter. Ausstellungsleiterin Henrike Holsing:
"Es war auf jeden Fall mehr als nur ein Hobby, obwohl er sich immer als ein Dilettant bezeichnet hat. Er hat Ausstellungen gehabt. Er hat in Basel 1920 ausgestellt und noch mal in einer Wiener Galerie."
Aquarelle und Zeichnungen als sinnlicher Ausgleich zum literarischen Schaffen. In Büchern wie "Demian", "Rosshalde" oder "Klingsors letzter Sommer" verarbeitet Hesse seine Erfahrungen als bildender Künstler und verrät, dass er als Schriftsteller "ohne das Malen nicht so weit" gekommen wäre.
Und dennoch hört er in Montagnola nach dem Umzug in die Casa Rosso und nach der Heirat von Ninon Dolbin Anfang der 1930er-Jahre mit der Malerei in der freien Natur auf. Bis zum Ende seines Lebens verschickt er allerdings unzählige dekorative kleine Aquarelle auf Briefbögen, "eine Art Dichtungen oder Träume", wie er sagt: Korrespondenz mit Buchstaben und Bildern.
Auch daran erinnert diese mit Feingefühl zusammengestellte Ausstellung in Würzburg. Sie präsentiert einen vitalen Farbenjongleur, der mit Pinsel, Stift und Schreibmaschine gegen das Spießertum ankämpft, einen Paradiesmaler, dessen Idyllen das Resultat eines intensiven Ringens mit den Dämonen in der eigenen Brust sind. Unbedingt sehenswert.
So jedenfalls hat man diesen malenden Literaten noch nie in Deutschland gesehen: als einen suizidgefährdeten Künstler, der sich mit Pinsel und Malstift in die Abgründe der eigenen Seele vorwagt, sagt Kuratorin Henrike Holsing.
"Hermann Hesse hat angefangen zu malen im Rahmen einer Psychoanalyse. Er hat 1916 einen ziemlichen psychischen Zusammenbruch erlitten, ist in die Psychoanalyse gegangen bei einem Schüler von C. G. Jung. Und der hat ihm dann geraten, seine Träume nicht nur niederzuschreiben, sondern eben auch bildlich festzuhalten. Und so ist Hermann Hesse dann dazu gekommen, mit dem Zeichenstift sich auszudrücken."
Es sind Gouachen, wilde, maskenartige Männergesichter mit blutroten Lippen und giftgrünen Augen, die in Vitrinen den Betrachter mit magischer Intensität etwas grimmig anblicken. Auch zittrige, gelegentlich kolorierte Federzeichnungen in ästhetisch noch ungelenker Manier entstehen auf diese Weise - hierzulande noch nie präsentierte Werke. Identitätssuche und Selbstvergewisserung mit Hilfe der Kunst, Malen als Therapie.
"Ganz am Anfang geht es natürlich um seine Träume. Da malt er sich selbst, wie er an einem Tisch sitzt, auf einem riesigen Platz, ganz verlassen und alleine. Oder: Wie er unermessliche Lasten vor sich herschleppt.
Er setzt sich aber auch auseinander mit seinem Äußeren. Es gibt aus dieser Zeit, also aus den ersten Jahren, einige Selbstbildnisse – später macht er das gar nicht mehr. Wir haben außerdem Bilder von seinem Haus, seiner Umgebung in Bern."
Diese in Mischtechnik entworfenen Interieurs geben gute Einblicke in Hesses etwas düster wirkende Berner Wohnung am Melchenbühlweg. Mal ist die Bibliothek des Dichters in windschiefer Perspektive zu sehen, mal eine Kommode vor dem Fenster des Wohnzimmers. Erst ab 1919, nach der Trennung von seiner Frau und dem Umzug nach Montagnola in die neobarocke Casa Camuzzi, ändert sich der Malstil des späteren Literaturnobelpreisträgers.
Die liebliche Tessiner Landschaft mit ihren anmutigen Häusern inmitten üppiger Vegetation mag dazu einen Teil beigetragen haben, aber auch der Kontakt zu Malern wie Karl Hofer oder Louis Moilliet, dem Teilnehmer der legendären "Tunisreise", der ihn auch mit dem Oeuvre von August Macke bekannt macht.
Ausgerüstet mit Wasserfarben, Kreide oder weichen Bleistiften bringt Hesse von seinen Streifzügen in die Natur kräftig leuchtende Aquarelle mit, oft in Komplementärfarben aufs Papier gebannt: bonbonfarbene Plein-Air-Blätter die exotisch wirken, obwohl sie nur Schweizer Szenerien zeigen: Asien im Tessin.
Goldrahmen mit märchenhaften Sequenzen sind in der Schau zu sehen, aber auch Arbeiten mit Telegrafenstangen und Eisenbahnschienen, die an die "Neue Sachlichkeit" erinnern. Viele, manchmal mit schwarzen Umrisslinien versehene Werke, die er jetzt verkauft, als Drucke mit Gedichten in kleinen Auflagen anbietet und mit dem Erlös immer wieder Hilfsbedürftige unterstützt, sind abstrahierend, aber nicht völlig abstrakt. Und zunehmend wird sein Malstil versierter. Ausstellungsleiterin Henrike Holsing:
"Es war auf jeden Fall mehr als nur ein Hobby, obwohl er sich immer als ein Dilettant bezeichnet hat. Er hat Ausstellungen gehabt. Er hat in Basel 1920 ausgestellt und noch mal in einer Wiener Galerie."
Aquarelle und Zeichnungen als sinnlicher Ausgleich zum literarischen Schaffen. In Büchern wie "Demian", "Rosshalde" oder "Klingsors letzter Sommer" verarbeitet Hesse seine Erfahrungen als bildender Künstler und verrät, dass er als Schriftsteller "ohne das Malen nicht so weit" gekommen wäre.
Und dennoch hört er in Montagnola nach dem Umzug in die Casa Rosso und nach der Heirat von Ninon Dolbin Anfang der 1930er-Jahre mit der Malerei in der freien Natur auf. Bis zum Ende seines Lebens verschickt er allerdings unzählige dekorative kleine Aquarelle auf Briefbögen, "eine Art Dichtungen oder Träume", wie er sagt: Korrespondenz mit Buchstaben und Bildern.
Auch daran erinnert diese mit Feingefühl zusammengestellte Ausstellung in Würzburg. Sie präsentiert einen vitalen Farbenjongleur, der mit Pinsel, Stift und Schreibmaschine gegen das Spießertum ankämpft, einen Paradiesmaler, dessen Idyllen das Resultat eines intensiven Ringens mit den Dämonen in der eigenen Brust sind. Unbedingt sehenswert.