Farbenfrohe Antike
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Die erfolgreiche Wanderausstellung "Bunte Götter" macht Station in Frankfurter Liebieghaus. Sie ist deutlich erweitert worden und präsentiert neueste wissenschaftliche Erkenntnisse.
Seit 2003 haben mehr als drei Millionen Besucher weltweit die in München gestartete Wanderausstellung "Bunte Götter" besucht. Erstmals wurde gezeigt, dass antike Marmorskulpturen nicht weiß, sondern ursprünglich bunt waren. 17 Jahre später kehrt die Schau nun nach Deutschland zurück - mehr als 100 Objekte und neueste wissenschaftliche Erkenntnisse werden im Frankfurter Liebieghaus unter dem Titel "Bunter Götter – Golden Edition" präsentiert.
Die Ausstellung von 2003 sei stark erweitert worden, sagt Vinzenz Brinkmann. Der Archäologe leitet seit 2007 die Antikensammlung im Liebieghaus. "Wir haben nie aufgehört zu forschen. Tatsächlich ist es so, dass unsere Forschung wiederum andere Forschung angestoßen hat. Wir sind jetzt ein großes internationales Netzwerk und tauschen unser Wissen aus."
Drei Kernthemen hat die Ausstellung: die Rolle des Goldes, die Mehrfarbigkeit von Bronzeskulpturen und die Frage, welche Farben griechische Statuen in der Zeit des Hellenismus hatten.
"Das alles muss man ganz präzise und im Detail wissen, um sich einer solchen Rekonstruktion anzunähern. Und da haben wir einen Durchbruch und können jetzt Forschungsprojekte vorstellen, die ganz aufregend sind, weil sie eben die differenzierte Form der Farbfassung von Skulptur in der späten griechischen Zeit zeigen", sagt Brinkmann.
Ein Blick in die Ausgrabungsgeschichte
Um zu verstehen, warum man sich in der Renaissance antike Skulpturen im Original als weiß und unbemalt vorgestellt habe, müsse man die Ausgrabungs-Geschichte betrachten. Tatsächlich seien Skulpturen schon immer farbig gewesen - seit den Ägyptern bis zum europäischen Mittelalter.
Erst die Renaissance habe dann beim Versuch, das Ideal der antiken Philosophie wiederzubeleben, die Vorstellung von der farblosen antiken Skulptur entwickelt, erläutert Brinkmann: "Man gräbt damals sehr viel in Rom die Erde um, es entstehen viele neue Gebäude und man findet natürlich zahlreiche Marmorskulpturen der Antike, die keine Farbe mehr besitzen."
Diese Ästhetik habe sich verfestigt, bis dann im 18. Jahrhundert erste wissenschaftliche Grabungen, unter anderem in Pompeji, stattfanden und dabei viele Marmor-Skulpturen mit zahlreichen Farbresten gefunden wurden. "Das liegt einfach daran, dass der Vesuv die Kunst verschüttet hat und dadurch auch geschützt hat. Das ganze 19. Jahrhundert wird gegraben, wissenschaftlich kontrolliert, und man findet immer mehr antike Marmor-Skulptur, die farbig ist."
Wissen im 20. Jahrhundert verdrängt
Am Ende des 19. Jahrhunderts – nach den Grabungen an der Athener Akropolis - sei für Wissenschaft und Öffentlichkeit klar gewesen, dass antike Skulpturen farbig gewesen seien. Im 20. Jahrhundert, mit seinen großen Konflikten, sei dieses Wissen dann wieder verdrängt worden.
Im antiken Griechenland habe eine farblose Skulptur als Inbegriff des Hässlichen gegolten, berichtet Brinkmann. Einen Beleg dafür finde man beim griechischen Dichter Euripides, dessen schöne Helena sage: "Oh, wär' ich doch schon immer so hässlich gewesen wie eine Statue, der man die Farben abgewischt hat."
(mle)