Die Ausstellung "Ein Gott - Abrahams Erben am Nil" ist vom 2. April bis zum 13. September 2015 im Bode-Museum in Berlin zu sehen.
Religiöse Toleranz im Alten Ägypten
Es geht auch friedlich: Die Ausstellung "Ein Gott - Abrahams Erben am Nil" im Berliner Bode-Museum zeigt das alltägliche Miteinander von Juden, Christen und Muslimen. In Ägypten ging es bis zum Mittelalter dabei erstaunlich tolerant zu.
Abraham, der Urvater und Archetypus für den Glauben an den einen Gott ist Titelgeber der Ausstellung "Ein Gott" im Berliner Bode-Museum. Er ist das Bindeglied zwischen Judentum, Christentum und Islam. Friederike Seyfried leitet seit 2009 als Direktorin das Ägyptischen Museum der Staatlichen Museen zu Berlin. Die Ägyptologin ist eine der Kuratorinnen des über fünf Jahre geplanten Ausstellungsvorhabens. Frau Seyfried erläutert, wie es zur Ausstellungsidee "Ein Gott –Abrahams Erben am Nil: Juden, Christen und Muslime in Ägypten von der Antike bis zum Mittelalter kam:
"Das Christentum in Ägypten existiert nicht ohne den Islam und beide existieren nicht ohne das Judentum. Da die Geschichte der drei Offenbarungsreligionen am Nil eine der längsten gemeinsamen Geschichten hat, haben wir uns überlegt, wir wollen eine Ausstellung machen, aber zu allen drei Religionen."
Der Titel der Ausstellung "Ein Gott – Abrahams Erben" ist ganz bewusst gewählt und Programm. Das unterstreicht auch Friederike Seyfried:
"Ja weil tatsächlich alle drei monotheistischen Religionen sich auf diesen Urvater Abraham berufen, der als Erster richtig diesen einen Gott in ihrem Sinne angebetet und verehrt hat. Für alle drei spielt das Abrahams-Opfer, also dass das Vertrauen Abrahams so weit geht, dass er sogar bereit gewesen wäre, sein eigenes Kind zu opfern, das spielt in allen drei Religionen eine ganz große Rolle, diese Gottvertrauen, das dann dadurch belohnt wird, das er sein Kind nicht preisgeben muss, sondern er das Opfertier bekommt. Aber es ist zum Beispiel interessant, dass diese Sohnesrolle für Christen und Juden mit Isaak besetzt ist, und im Islam ist es Ismael. Beides sind Söhne Abrahams."
250 historische Objekte und Dokumente
Weil durch die politische Situation in Ägypten keine Leihgaben aus Kairo möglich waren, besonnen sich die Ausstellungsmacher auf die eigenen reichen Bestände, sowie einige hochkarätige Leihgaben. Insgesamt werden ungefähr 250 Objekte und Dokumente aus ganz unterschiedlichen Bereichen gezeigt. Dabei wurde versucht, eine gewisse Balance zwischen den Museumsstücken aus den einzelnen Religionsgemeinschaften zu halten. Dennoch sind aus dem jüdischen Erbe die wenigsten Objekte vorhanden. Umso dankbarer ist man für eine besondere Leihgabe aus Cambridge:
"Das sind authentische Dokumente des jüdischen Lebens im Mittelalter. Und die können ganz lebendig werden lassen, wie damals das Zusammenleben zwischen Juden, Christen und Muslimen im Mittelalter in Ägypten, in Kairo funktioniert hat. Wenn Sie da sehen, dass es da eine Koranabschrift in Hebräisch gibt – wo man denkt, gibt es so etwas überhaupt – dann sieht man, dass diese Leute sich um den Textinhalt des Koran gekümmert haben, der wahrscheinlich für theologische Studien gedient hat.
Dann gibt es ein koptisches Alphabet - Koptisch ist ja die Schrift der christlichen Glaubensgemeinschaft – und dieses koptische Alphabet ist versehen mit hebräischen Buchstaben. Also auch das hat dazu gedient, dass man zwischen der einen und der anderen Glaubensgemeinschaft einen Schrifttransfer gehabt hat.
Oder es gibt einen Brief in dem erklärt wird, dass ein jüdischer Kaufmann einen muslimischen Freund zu einem muslimischen Feiertag gratuliert und ihn besuchen wird. Da wird deutlich. Was für ein Miteinander dort möglich war."
Sonderfall der Schriftkunst im Islam
Für die Islamische Kunst ist Gisela Helmecke zuständig. Sie ist Kustodin am Museum für Islamische Kunst und weist auf eine Besonderheit ihrer Exponate hin. Der Islam ist eine Religion, die keine bildliche Darstellung von Gott zulässt. Das betont auch Frau Helmecke und verweist auf die Schriftkunst im Islam:
"Der Islam verbietet jegliche Abbildung einer Gottheit. Weil eben die Gottesdarstellung im Islam nicht gestattet ist, liegt der Schwerpunkt im Islam auf dem Wort. Weil das göttliche Wort in Arabisch übermittelt wurde, ist die Sprache und damit auch die arabische Schrift ein wesentliches Element in der islamischen Welt, in der islamischen Kunst und die Kalligraphie ist eine der angesehensten Künste überhaupt und so zeigen wir in der Ausstellung Beispiele für die wunderbare arabische Kalligraphie."
Cäcilia Fluck ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Skulpturensammlung des Museums für Byzantinische Kunst. Für die Sonderausstellung betreut sie den Teil der spätantiken Denkmäler aus Ägypten. Ein wichtiges Exponat ist eine Steinstele mit Farbresten einer stillenden Mutter, die lange Zeit in der Forschung als eine der frühesten Abbildungen der Gottesmutter Maria angesehen wurde. Doch Frau Fluck erklärt dazu:
"Es gibt zum Beispiel die Stele einer stillenden Mutter, sie wurde als eine der frühesten Darstellungen der Gottesmutter angesehen. Es gibt auch Schriften, daraus geht eindeutig hervor, dass es sich um eine Grabstele handelt, für eine junge Frau, die sich hier mit ihrem Kind darstellen ließ. Sie stillt das Kind. Es ist ein altes Motiv, das in Ägypten durch die Göttin Isis, die ihren Sohn den Horusknaben stillt. Es handelt sich keinesfalls um ein Bild der stillenden Maria, sondern es greift nur diesen Typus der stillenden Mutter auf."
Historische Ausstellung mit tagesaktueller Bedeutung
Im Trialog der Religionen gab es historisch schon Zeiten, die für unsere Gegenwart nicht uninteressant sind. Das unterstreicht auch Kustodin Helmecke:
"Das ist das, was wir zeigen wollen, dass die Angehörigen der drei großen Religionsgruppen in der Mehrheit friedlich miteinander gelebt haben. Aber wir zeigen auch die Schwierigkeiten, die es gab, die gibt es immer mal wieder. Das war in der Vergangenheit nicht anders als heute."
Den Ausstellungsmacherinnen ist es bewusst, dass sie mit ihren Themen in den aktuellen Religionsdiskurs der drei monotheistischen Weltreligionen eingreifen, wie Friederike Seyfried klarstellt:
"Wir sind uns sehr wohl bewusst, dass wir mit dieser Ausstellung in ein Feld hineinkommen, dass jetzt gerade tagespolitisch aktuell ist. Uns alle berührt, wie geht man miteinander um. Wie gehen die Religionen mit einander um? Die Ausstellung kann natürlich mit den Dingen, die sie aus dem Mittelalter und noch früher zeigt, keine tagespolitischen Antworten geben. Aber sie kann sensibilisieren. Sie kann eine Plattform bilden für einen kritischen Dialog. Sie kann zeigen, im Mittelalter ging's – es gab ein tolerantes Miteinander. Wenn das dazu anregt, wenn man sieht, wo die gemeinsamen Wurzeln sind, dann haben wir vielleicht etwas erreicht."