Grafikdesign und Protestkultur
Grafikdesign und Politik – Das Design Museum in London hat beides in einen Topf geworfen und die Ausstellung "Hope to Nope" konzipiert. Also grafische Gestaltung mit politischem Auftrag zusammengesucht. Zu sehen sind aber weit mehr als nur Protestbilder.
Wer in Zeiten wie diesen über Politik spricht, landet irgendwann bei Trump. Das geht auch dem Design-Museum in London nicht anders. In der neuen Ausstellung "Hope To Nope: Graphics and Politics" steht ganz am Ende in einer Ecke ein wunderbar absurder Automaten-Trump, der die Zukunft vorhersagt. Aber von vorn.
Hope – das berühmte Obama-Porträt des Künstlers Shephard Fairey aus dem Jahr 2008 bildet Anfang und Ausgangspunkt der Ausstellung. Das Poster zeigt den Ex-Präsidenten in den patriotischen Farben rot, weiß und blau. Darunter prangt HOPE – in Großbuchstaben.
"Das Bild war zu seiner Zeit sehr repräsentativ. In diesem Poster steckte so viel Optimismus und Erwartung.", sagt Margaret Cubbage, die Kuratorin des Design Museums. "Es fühlte sich richtig an, da zu starten. Aber auch mit Blick auf die Finanzkrise 2008. Diese Ereignisse leiteten ein Jahrzehnt des Protests ein."
Weltreise in Sachen Protestkultur
Es sind die grafischen Designs der Jahre 2008 bis 2018, die die Ausstellung beleuchtet. Cubbage und Kollegen haben das gesammelte Material in drei Kategorien sortiert: Macht, Protest und Persönlichkeit.
"Im Bereich Macht schauen wir darauf, wie Grafikdesigner Autorität durchsetzen aber auch unterlaufen können. In Protest schauen wir uns an, wie Design-Aktivisten, Profis wie Amateure, und Demonstranten im Protest zusammenfinden. Und Persönlichkeit zeigt, wie Grafikdesign politische Figuren zum Idol machen, aber auch dämonisieren kann."
Nicht immer sind die Kategorien trennscharf. So hängt das Obama-Poster bei Power und der Trump-Automat steht in der Personality-Ecke. Aber der Umfang des Materials ist beeindruckend und nimmt den Besucher mit auf eine Weltreise in Sachen Protestkultur und politischem Aktivismus.
Das Potential, Menschen zu ermächtigen
Videoaufnahmen zeigen politische Proteste in Südafrika, Katalonien und der Türkei. Plakate und Flyer schießen gegen Konzerne wie Volkswagen und Coca Cola. Und Anti-Assad-Poster eines syrischen Kunstkollektivs hängen neben raffinierten Internet-Memes der russischen LGBTQ-Community.
"Darum geht es: Zu zeigen, dass Grafikdesign das Potential hat, Menschen zu ermächtigen, zu motivieren und weltweit zu verbinden."
Manches ist schön. Anderes vor allem laut. "Es geht gar nicht so sehr um gutes oder schlechtes Design. Es geht darum wie effektiv es die gewünschte Botschaft kommuniziert und welche Wirkung es hat. Manche der ausgestellten Plakate wurden per Hand beschrieben. Da gibt’s keine gerade Linie."
Neben all dem Papier, all den Schildern, Postern und Büchern hängen immer wieder kleine Bildschirme. Technologie hat die Designprozesse und Proteste in den vergangenen Jahrzehnten enorm verändert. Entsprechend kamen Cubbage und Kollegen um das Thema nicht herum.
"Die verschiedenen Plattformen und Technologien sind Teil unseres Alltags geworden. Sie sind nicht nur Schlüsselwerkzeuge in der Entstehung der graphischen, politischen Botschaften, sondern auch entscheidend für deren Verbreitung."
Demokratisierung grafischer Gestaltung
Soziale Netzwerke und Computer-Technologie haben zu Demokratisierung von grafischer Gestaltung beigetragen. Was früher nur professionelle Designagenturen konnten, kann heute jeder Smartphone-Träger. Auch Interessengruppen jenseits des Mainstreams schaffen es so, sich Gehör zu verschaffen.
"Wir leben in einem visuellen Zeitalter und werden konstant mit Informationen bombardiert. Die Herausforderung für Designer ist es heute, durch diesen Lärm hindurch die Menschen zu erreichen."
Womit wir wieder beim Automaten-Trump wären. Denn der druckt nicht nur kleine Tickets mit präsidialen Weisheiten zum Mitnehmen. Er verschafft sich Gehör, indem er Lärm macht, genau wie das Original.