Jürgen Kaumkötter, Der Tod hat nicht das letzte Wort, Kunst in der Katastrophe 1933-1945
Galiani-Verlag, 39,90 Euro.
Das Dilemma der Kunst aus dem Holocaust
Das Deutsche Historische Museum zeigt erstmals in Deutschland einhundert Kunstwerke aus der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem. Der Kunsthistoriker Jürgen Kaumkötter begrüßt, dass die Werke als Zeitdokument und als Kunst gewürdigt werden.
Bilder, die Häftlinge in Konzentrationslagern gemalt und gezeichnet haben, sind ein Zeugnis der Grausamkeiten, die von den Inhaftierten erlitten wurde. Wie sich das Leid in den Bildern zeigt, fällt sehr unterschiedlich aus. Als historisches Dokument sind die Bilder wichtiges Zeugnis der Vergangenheit, aber eben auch Kunst.
"Es ist das große Dilemma dieser besonderen Kunst", sagte der Kunsthistoriker Jürgen Kaumkötter im Deutschlandradio Kultur. Er beobachte gerade einen Umbruch, der es ermögliche, die Werke auch als Kunst zu betrachten. In Yad Vashem seien die Werke immer Teil der Biografie, und das gehöre zu der konzeptionellen Grundhaltung der Gedenkstätte in Jerusalem. Es sei nun die Kunstfertigkeit der Kuratoren, zu erreichen, dass der Besucher die Geschichte im Kopf habe, aber auch die Kunst als eigenständiges Werk wahrnehme.
Schwerer Perspektivwechsel
"Bei dieser sehr starken, sehr dominanten und prägenden Geschichte ist es ganz schwer, die Perspektive zu wechseln", sagte der Kunsthistoriker. Die Zeitgeschichte erzähle aus der Perspektive der Täter und diese Erzählung müsse gebrochen werden. Die Künstler, die unter dem Holocaust ihre Werke schufen, zeichne aus, dass sie ihr eigenes Schicksal unter die Vermittlung der Kunst gestellt hätten. Ein gutes Beispiel sei Felix Nussbaum, der zeitlose Kunstwerke der Katastrophe geschaffen habe. "Große, metaphorische, symbolische Beschreibungen dessen, was er erlebt hat." Andererseits gebe es sehr private Bilder, die verschlüsselt seien und dem Betrachter eine intensive Binnensicht böten.
Ermordete Künstler
Die bis heute umfangreichste Präsentation aus der Sammlung des Yad Vashem außerhalb Israels gilt als Abschluss des 50-jährigen Jubiläums der deutsch-israelischen Beziehungen. Die überwiegend grafischen Blätter stammen von Häftlingen aus verschiedenen Konzentrationslagern, Arbeitslagern und Ghettos und sind unter unmenschlichen Bedingungen im Geheimen entstanden. Von den fünfzig präsentierten Künstlerinnen und Künstlern wurden 24 von den Nationalsozialisten ermordet. Neben unbekannten Namen sind auch bekannte Künstler wie Felix Nussbaum oder Ludwig Meidner bei der Ausstellung im Deutschen Historischen Museum vertreten.