Die Ausstellung ist noch bis zum 28. Januar in Krakau zu sehen. Bisher gibt es noch keine konkreten Pläne, sie auch an einem anderen Ort zu zeigen.
Wie KZ-Häftlinge Theater gegen das Grauen spielten
Theaterspielen war für Häftlinge in nationalsozialistischen Konzentrationslagern eine Möglichkeit, inmitten des Mordens ein Stück Freiheit zu gewinnen. Im Krakauer Museum für Gegenwartskunst widmet sich erstmals eine Ausstellung diesem "Lagertheater".
Die Ausstellung liegt unter der Erde, hinter dicken Betonmauern. Kaum ein Funken Tageslicht dringt hierher, und kein Mobilfunk-Signal. Der Besucher ist abgeschnitten von der Wirklichkeit draußen, vor allem wenn er den schlauchartigen, gewundenen Gang betritt, der ganz in Schwarz getaucht ist. Wie Jerzy Majewski, der mit seiner Tochter aus Warschau gekommen ist:
"Nicht nur die Form macht großen Eindruck, sondern auch das Material, aus dem sie hergestellt ist. Es riecht wie dieses geteerte Holz in den Baracken der Konzentrationslager, in Stutthof etwa, daran erinnere ich mich. Dieser Geruch schafft eine eigene Atmosphäre."
Eine Handpuppe aus Brotresten
Um Theater geht es, das die Gefangenen in deutschen Lagern während des Zweiten Weltkriegs gemacht haben. Viele Exponate liegen nicht in den Vitrinen des schlauchartigen Ganges. Wer sie ansieht, weiß warum: Eine Handpuppe ist aus Brotresten hergestellt. Ein Wunder, dass sie die Jahre überdauert hat.
Martyna Sobczyk ist die Koordinatorin der Ausstellung im Krakauer Museum für Gegenwartskunst. Das Thema "Lagertheater" sei in Polen bisher kaum behandelt worden, sagt sie, auch deshalb, weil so wenig erhalten sei:
"Wir wollten hier zeigen, dass diese Menschen das Theater brauchten, um durchzuhalten. Durch das Theater haben sie sich einen Raum der privaten Freiheit geschaffen. Viele andere Gefangene sind zerbrochen und haben Selbstmord begangen."
Offizielle Ensembles und Untergrundtheater
Die Ausstellung unterscheidet zwischen zwei Arten von Lagertheatern. Auf der einen Seite sind da offizielle Ensembles, die von den Deutschen geduldet und gefördert wurden. Sie bildeten sich vor allem in Kriegsgefangenenlagern, den sogenannten Offizierslagern. Aber auch in Konzentrationslagern, die internationalen Beobachtern als vorbildlich vorgeführt wurden, etwa im sogenannten Getto Theresienstadt. Von diesen Theatern sind Fotos erhalten, aufwändig gearbeitete Masken aus Holz, Mitgliedsausweise.
Ganz anders die Quellenlage bei den Untergrundtheatern, die sich spontan in den Blocks und Baracken von Konzentrationslagern bildeten. Von ihnen ist fast nichts übrig außer den Erinnerungen.
Auf Monitoren an der Wand der Ausstellung sind Interviews mit Gefangenen zu sehen, so mit Danuta Brzosko-Medryk aus dem KZ Majdanek:
"In einem der Blocks haben wir Schränke in einem Eck aneinander gestellt. Marta hat sich in einem der Schränke versteckt und eine nach der anderen vorgeschickt, um ihren Part vorzutragen. Eine von uns, Stefa Jablonska, war der Conferencier und hat uns dem Publikum angekündigt."
Die Frauen traten dann nachts, heimlich, auch in anderen Blocks auf. Ihr Programm führte durch die polnische Geschichte. Danuta Brzosko-Medryk sollte etwas aus der Zeit der polnischen Teilungen vortragen:
"Mir fiel Adam Mickiewicz zu, die Improvisation aus den Dziady. Marta fragte mich, ob ich mich an irgendetwas davon erinnere. Nicht viel, habe ich ihr gesagt. Prima, hat sie geantwortet, dann machst du das."
Brot tauschen gegen Kostümmaterial
Die Kuratoren der Ausstellung stießen auf das Thema der Lagertheater, kurz bevor es zu spät gewesen wäre. Die Interviews, die sie über Jahre führten, wären heute nicht mehr möglich, auch Danuta Brzosko-Medryk lebt seit zwei Jahren nicht mehr.
Im schlauchartigen Gang der Ausstellung gibt es nur einen akustischen Akzent: Aus einem Kopfhörer tönt ein Lied aus einem Konzentrationslager: Ein Kleidungsstück nach dem anderen tauscht der Protagonist gegen Essen, um irgendwie zu überleben.
Doch manchmal war die Kunst sogar noch wichtiger, sagt Martyna Sobczyk, Koordinatorin der Ausstellung:
"Gefangene, die Arbeit außerhalb der Lager hatten, haben für die Schauspieler Material und Requisiten gesammelt. Manchmal haben sie auch einfach Brot aufgespart, um es gegen etwas zu tauschen, das man für Kostüme verwenden konnte."