Ausstellung in New York

Max Beckmann kehrt zurück

"Selbstporträt im blauen Jackett" in der Ausstellung "Max Beckmann in New York" im Metropolitian Museum of Art in New York.
"Selbstporträt im blauen Jackett" in der Ausstellung "Max Beckmann in New York" im Metropolitian Museum of Art in New York. © dpa / picture alliance / Justin Lane
Von Sacha Verna |
Der Expressionist Max Beckmann starb auf dem Weg ins Metropolitan Museum, als er sich sein "Selbstporträt im blauen Jackett" anschauen wollte. 56 Jahre später zeigt das Museum das Bild erneut in der Ausstellung "Beckmann in New York".
Im Winter 1950 veranstaltete das Metropolitan Museum in New York eine Ausstellung mit dem Titel "Amerikanische Malerei heute". 3000 Künstler hatten sich um die Teilnahme daran beworben, 300 waren ausgesucht worden, darunter Max Beckmann. Dabei war der deutsche Immigrant noch gar nicht Amerikaner.
Allerdings betrachtete der 66-Jährige die Vereinigten Staaten, wo er seit 1947 lebte, als letzte Station seines langen Exils. Das genügte seinen neuen Landsleuten, um ihn als einen der ihren zu akzeptieren.
Im Metropolitan Museum war Beckmann nun mit seinem "Selbstporträt im blauen Jackett" vertreten. Die Eröffnung der Ausstellung hatte er verpasst:
"Auf dem Weg, an einem sonnigen Dezembermorgen, es zwar zwei drei Wochen nach der Eröffnung, wollte er sich das Bild angucken, aber er brach zusammen. Hatte einen Herzschlag, an der Ecke, wo er wohnte und an der Ecke zum Central Park. Also er hat es nie geschafft. Und jetzt ist das Bild, das jetzt im St. Louis Art Museum ist, zum zweiten Mal hier im Metropolitan, ein Museum, das er sehr liebte, und wieder ist Beckmann nicht dabei."

Eine Karriere in Bildern

Von den 39 Bildern, die Sabine Rewald für die gegenwärtige Schau ausgewählt hat, sind 14 in New York entstanden. Die übrigen stammen aus New Yorker Sammlungen. Zusammen umspannen sie Beckmanns gesamte Karriere: Seine Glanzzeit im Frankfurt der 1920er-Jahre, sein Exil in Amsterdam, seinen zweijährigen Aufenthalt als Dozent an der Universität in St. Louis und die 16 Monate, die der Künstler vor seinem Tod in New York verbrachte.
Dank der Anstrengungen von emigrierten deutschen Galeristen hatten Beckmanns Werke bereits vor seiner Ankunft in den USA Eingang in Museen wie das Museum of Modern Art gefunden. Die Rezeption war freilich gemischt:
"Wenn man die Zeitungskritiken liest aus der Zeit, dann sind die sehr unterschiedlich. Viele, einige haben gesagt, er ist zu deutsch, er ist zu schwer, er ist also sehr schwer, aber dann waren auch einige, die haben ihn sehr gelobt. Also die Kritik war, glaub ich, 50:50."
Das amerikanische Publikum haderte mit der geballten Kraft, die Beckmanns oft schwer zu deutenden Kompositionen innewohnt, mit den Figuren, die griechischen Statuen gleich ihre Präsenz im Bildraum und darüber hinaus markieren. Das trifft sowohl auf die sieben Selbstporträts in dieser Ausstellung zu als auch auf die Gesellschaftsszenen und die Triptychen, von denen mit "Die Abfahrt" das berühmteste hier zu sehen ist.

Die Essenz von Beckmann

"Abstrakte Kunst hat ihn nie interessiert, die fand er immer furchtbar und gar nicht sein Thema. Was ihn interessierte, war Mensch und Raum und ja, auch natürlich Geschichte, Geschichten, erzählbare Geschichten, Schicksale."
Das ist Mayen Beckmann, Beckmanns Enkelin und Nachlassverwalterin. Sie hat soeben die unveröffentlichten Tagebücher von Beckmanns Lieblingsmodell und zweiter Frau Quappi transkribiert:
"Ich habe den Eindruck, das er mit dem, was an neuer Kunst entstand in der Zeit, eigentlich kaum mehr in Berührung gekommen ist. Obwohl er ja als Lehrer in der Brooklyn Academy of Arts durchaus Kontakt hatte, sowohl mit jungen Künstlern als auch mit der American Artists League und da auch ausgestellt wurde, Mitglied war. Aber das hat ihn nicht mehr betroffen. Damit hat er sich jedenfalls auch visuell nicht mehr auseinandergesetzt."
Und doch habe die neue Umgebung Spuren in Beckmanns Arbeit hinterlassen:
"Das Einzige, was man wirklich sehen kann, ist, dass sich das Licht und auch die Farbigkeit ein bisschen verändert. Und das, denk' ich, ist auch der Eindruck von den vielen Neonreklamen und von dem vielen Neonlicht, das er in New York das erste, oder auch in St. Louis, aber viel stärker natürlich in New York, das erste Mal zur Kenntnis genommen, also gesehen hat."
In dieser gelungenen Ausstellung lässt die Klammer New York die Essenz von Beckmann erkennen. Sie präsentiert vom Wichtigsten das Beste und damit gleichsam Beckmann in Bouillonwürfelform.
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