Ausstellung "Kunst für alle"

Baumarkt-Regal mit Kunst

Das Exponat "La Joconde (Mona Lisa)" von Robert Filliou (1969) ist am 17.03.2015 in der Akademie der Künste in Berlin in der Ausstellung "Kunst für Alle" zu sehen.
Das Exponat "La Joconde (Mona Lisa)" von Robert Filliou (1969) in der Ausstellung "Kunst für Alle" in der Akademie der Künste in Berlin © dpa / picture alliance / Britta Pedersen
Von Gerd Brendel |
Kunst runter von den Sockeln und raus aus den Vitrinen: Damit spiegelt die Ausstellung "Kunst für alle" in der Akademie der Künste den rebellischen Geist der 60er-Jahre. Beim Rundgang durch die Sammlung von Akademiepräsident Klaus Staeck entpuppen sich Alltagsgegenstände als Kunstwerke.
Im alten Westberliner Gebäude der Akademie der Künste stellt der Akademiepräsident Klaus Staeck seine Sammlung aus. Ein Ausflug in die westdeutsche Vergangenheit. An den Wänden Drucke und vor allem Plakate aus den 60ern, 70ern, 80ern. Ein feister Franz Josef Strauß schneidet in einer Collage eine Freiheits-Wurst in kleine Scheiben. Unter Dürers Porträt seiner Mutter als alter ausgezehrter Frau steht die Frage: "Würden Sie dieser Frau ein Zimmer vermieten?". Auf Video-Leinwänden musizieren fröhliche Menschen, fahren mit dem Motorrad in einen Hörsaal und feiern sich und ihre Kunst.
Ich bin mit dem Galeristen Alfons Klosterfelde verabredet. Viele der ausgestellten Künstler hat er schon als Kind kennengelernt.Für Alfons Klosterfelde ist Kunst quasi ein Familienbetrieb:
"Kunst hat immer 'ne Rolle gespielt, Künstler haben bei uns gegessen, Kunst hing an der Wand. Und später wurde daraus 'ne Galerie. Da hab ich dann mitgespielt… und später dann erkannt, dass es 'meins' ist."
Kunst für alle: Das Motto stammt aus den späten 60ern. Und richtete sich gegen ein elitäres Kunstverständnis. Die Ausstellungsarchitektur spiegelt den rebellischen Geist von damals: Kunst runter von den Sockeln und raus aus den Vitrinen.
Klosterfelde: "Sollte jeder dran teilhaben!"
Eine Kartoffel kreist um die andere
Durch den Raum zieht sich ein Bauhaus-Regal. Sieht ein bisschen unaufgeräumt aus, als könnte man da noch was aufhängen.
"Sind hier einfachste Ausstellungsmaterialien und der Fokus liegt eindeutig auf dem: Was sehen wir."
Das Baumarkt-Kellerregal in der Mitte des größten Ausstellungssaals ist vollgestellt mit Alltagsgegenständen, die sich erst bei genauem Hinschauen als Kunstwerke entpuppen. Die berühmte Intuitions-Box von Joseph Beuys oder Sigmar Polkes Apparat, mit dem eine Kartoffel eine andere umkreisen kann zum Beispiel.
"Das ist eine ganz einfache Holzbox, die mit einem Stempel versehen ist und auf der Innenseite dieser Holzbox befindet sich eine Zeichnung, nur ein Strich."
Ein anderes Artefakt ist von Sigmar Polke, am anderen Ende des Regals:
"Eine Holzkonstruktion."
Ein Schemel!
"Mit einem Elektro-Motor, der einen Metallstab antreibt. Mit einer Kartoffel. Und auf dem Boden liegt eine andere Kartoffel. So dass eine Kartoffel um die andere kreist."
Kunst für alle und Kunst von allen
Wenn ich das Motto: "Kunst für alle" wörtlich nähme, dann bedeutet das ja auch: Kunst für mich. Was kostet das denn jetzt?
"Hat damals ein paar Hundert Euro gekostet, hat neulich bei einer Auktion 65.000 Dollar erzielt."
Kunst nicht für mich!
"Auch nicht für mich. Im Großen und Ganzen ist die Kunst, die hier gezeigt wird, immer noch erschwinglich, auch für Sie und für mich."
Kunst für alle – wenn ich das wörtlich nehme: Heißt das dann, Kunst muss allen gefallen?
"Nein, das ist die eine Frage, ob ich mich über Daseinsberechtigung streite, oder ob mir was gefällt. Muss alles zu sehen sein, aber das heißt noch lange nicht, dass mir auch nur die Hälfte gefällt."
Wie weit ist Kunst für alle von Kunst von allen entfernt?
"Natürlich kann ich alle Schleusen aufmachen, natürlich kann ich sagen: Jeder ist Künstler."
Aber dann hätten die Sachen keinen Platz mehr in der Ausstellung hier.
Mehr zum Thema