Ausstellung "Kunst gegen Rechts"
Kunstraum Botschaft in den Uferhallen Berlin
15. August 2019 - 1. September 2019
Podiumsdiskussion am 31.8.19 / 17:30 Uhr – Was kann Kunst gegen Rechtsradikalismus, Antisemitismus und Rassismus ausrichten?
Spaß und Horror zugleich
06:17 Minuten
Mit Blick auf anstehende Landtagswahlen in Ostdeutschland wächst die Sorge vor einem Erstarken der AfD. In den Berliner Uferhallen wollen sich Künstler dagegen positionieren. Das gelingt nur teilweise überzeugend.
"Kunst gegen Rechts" heißt eine Ausstellung, die noch bis 1. September in dem Kunstraum Botschaft auf dem Gelände der Berliner Uferhallen zu sehen ist. Kurator Dirk Teschner, der 40 Künstlerinnen und Künstler eingeladen hat, unter diesem Motto Werke zu präsentieren, nannte den Titel selbst "schön platt" und zugleich ironisch gemeint auf ältere Formate von politischem Aktionismus wie "Rock gegen rechts".
Ein Teil der Arbeiten ist klischeehaft und erwartbar
Während das mit der Ironie so eine Sache ist - die Ausstellung will ja im gleichen Sinne Position beziehen -, hat das mit der Plattheit schon etwas in Zeiten, in denen Rechtsextreme und Neonazis ihr eigenes Rechtssein durch rhetorisch waghalsige Operationen zu kaschieren versuchen.
Die Herausforderung, mit eigentlich zweckfreier Kunst in den politischen Diskurs der Gegenwart zu intervenieren, nehmen nicht alle Werke an. Auffällig ist, wie erwartbar und klischeehaft ein Teil der Arbeiten vorgeht: Wenn der Künstler DAG die Noppen einer Tischtenniskelle farblich so markiert, dass ein Muster aus SS-Runen entsteht, ist das eigentlich: Kitsch.
Tieferen Sinn sucht man auch in Anja Schwörers Beitrag vergeblich: ein an einem Nagel herabhängender, zusammengenähter schwarzer Stoff, der aufgespannt die Form eines Hakenkreuzes hätte. Solche Arbeiten zeugen eher von der Faszination der NS-Ikonografie selbst auf Leute, die sich kritisch mit dieser beschäftigen wollen. Der Versuch, solchen wirkmächtigen Zeichen durch Verfremdung etwas entgegenzusetzen, ist jedenfalls zum Scheitern verurteilt.
Herausragend sind dagegen jene Beiträge, die sich dokumentarisierend dem Thema nähern. Das Gestalter-Duo Schröter und Berger aus Weimar und Berlin hat ein Plakat nachgedruckt, das 1932 von den Bauhaus-Mitarbeitern Max Gebhard und Max Keilson entworfen wurde. Es zeigt, ganz in rot gehalten, einen Kreis mit zwei nach rechts wehenden Fahnen.
Im Kreis steht "Antifaschistische Aktion", darunter der Schriftzug "Her zu uns". Während die Aufforderung in einer erkennbar älteren Schrifttype gesetzt ist, erscheint der Kreis mit den Fahnen vertraut - antifaschistische Gruppen benutzen dieses Logo bis heute.
So entdeckt das Plakat eine unbekannte Geschichte, in der das Motiv von Gebhard und Keilson in den siebziger Jahren wiederentdeckt und Ende der achtziger etwas umgestaltet wird - um zum kommunistischen Rot Abstand zu halten, wird eine der Fahnen und der Kreis schwarz eingefärbt. Den Weg in die Welt haben indes beide Varianten geschafft.
Achterbahn der Widersprüche beim Reenactment
Als eine Achterbahn der Widersprüche erscheint dagegen Heike Gallmeiers und Tabea Sternbergs 40-minütige filmdokumentarische Arbeit "Private Battles: Only the Past will tell". Die beiden Künstlerinnen hatten bereits 2007 sechs Tage auf einem von Hunderttausenden besuchten Reenactment-Event in Südengland gedreht, wo Menschen in Uniformen Schlachten aus dem Zweiten Weltkrieg nachstellen.
Lächerlichkeit und Grauen, Unverständnis und Überzeugung wechseln in den Auskünften und durch die Beobachtungen so rasch, dass einem schwindelig werden kann. Neonazis verkaufen Devotionalien und antisemitische Hetzschriften, wo israelische Armee-Freaks ebenfalls einen Stand betreiben.
Das Reenactment der Kampfhandlungen vor allem durch Engländer läuft zwar auf Niederlagen derjenigen hinaus, die in der Rolle der Wehrmacht auftreten. Zugleich durchzieht die Erzählungen immer wieder Bewunderung vor dem Bild "deutscher Soldaten". Das Treiben entpuppt sich als Spaß und Horror zugleich - die Grenzen dessen, wie problematische Zeichen verwendet werden können, versteht man dadurch allerdings ziemlich gut.