Ausstellung

Kunst und Diplomatie

Von Werner Bloch |
Erstmals reist islamische Kunst aus den Beständen des Vatikan zu einer Ausstellung in ein arabisches Land. Der Titel der Schau in Sharjah, dem Nachbar-Emirat von Dubai, lautet: "Damit ihr euch kennenlernen möget."
Das islamische Museum in Sharjah ein weiß glitzernder, über hundert Meter langer Bau, gekrönt von einer Kuppel. Im Erdgeschoss findet der Besucher eine Ausstellung, wie es sie noch nie gegeben hat: Islamische Kunstwerke aus dem Vatikan, mitten in den Vereinigten Arabischen Emiraten – eine Sensation, meint Ulrike al-Khamis, die Direktorin des Museums:
"Eine Zusammenarbeit zwischen dem Vatikan und der arabischen Welt hat noch nie in so einer Form stattgefunden. Wir haben nur ein Jahr gehabt, um diese Ausstellung zusammen zu erarbeiten. Wir sind dann nach Rom gefahren und haben uns die Sammlungen zusammen angesehen. Denn die ethnographischen Sammlungen der Islamischen Welt sind noch niemals aus dem Vatikan rausgekommen und auch seit 1925 nie ausgestellt gewesen. Es war also wirklich Pionierarbeit."
1925 fand auf Initiative von Papst Pius dem Elften in Rom eine Art kulturelle Weltausstellung statt. Gezeigt wurden rund 100000 Objekte, sie waren dem Papst, wie es hieß, als "Geschenke" aus der ganzen Welt geschickt worden – darunter eben auch jene Vasen und Armbänder, Siegel und Rüstungen, Teppiche und wertvolle Dolche aus der islamischen Welt, die jetzt in Sharjah zu sehen sind.
1926 wurde das ethnologische Museum des Vatikans gegründet, in das viele Objekte aus der Weltausstellung eingingen.
Als bewege man sich auf einer Landkarte
Nun kehren diese Objekte zum ersten Mal in die arabische Welt zurück – und lösen Erstaunen aus.
"Die Objekte sind auch so ausgewählt worden, dass sie eine besondere Geschichte erzählen können. Für uns ist das besonders wichtig, weil wir leben hier mit 200 Nationalitäten in den Emiraten zusammen, also finden sich unsere Besucher hier, auch wenn es nur ein Objekt ist, wieder."
Ulrike al-Khasim ist seit sechs Jahren Direktorin des islamischen Museums. Für sie ist klar: nicht der einzelne Gegenstand erscheint ihr wichtig, sondern als Schlüssel zum Verständnis der islamischen Lebenswirklichkeit – einer vielfältigen, immensen Welt, die von Ostafrika und den Maghreb bis nach China und Malaysia reicht.
Wer die Ausstellung betritt, durchschreitet diese Regionen mit ihren Vitrinen, als bewegte man sich auf einer Landkarte.
Wissenschaftlich wurden die Objekte von einem christlich-muslimischen Team aufgearbeitet – durchaus eine Seltenheit. Dabei stellen viele der ausgestellten Exemplare eine Verbindung der Religionen und Kulturen her.
"Wenn sie ein wunderbares interkulturelles Objekt suchen, möchte ich Ihnen diesen kleinen Minikoran zeigen. Der wurde für die Universalausstellung 1925 gesammelt. Gemacht wurde er in Glasgow, in Schottland, weil dort im späten 19., frühen 20. Jahrhundert ein Herr namens David Bryce eine Methoden entwickelt hat, technologisch, große gedruckte Bücher in Miniaturen zu verwandeln.
Er hat das auch mit Bibeln gemacht und Koraneditionen. Und im Ersten Weltkrieg wurden diese kleinen Korane in ihren Behältern, die auch ein Vergrößerungsglas haben, an muslimische Soldaten verteilt, die für die Alliierten im Krieg gekämpft haben."
Der Papst unterstützt den Dialog
Dass der Vatikan diese Werke zum ersten Mal ausleiht, ist ein Stück Diplomatie. Diese hängt auch mit dem neuen Papst zusammen, der jede Form von Dialog unterstützt. Im Emir von Sharjah hat der Vatikan einen idealen Partner gefunden. Scheich Sultan al-Qasimi gilt als besonders kulturaffiner Intellektueller, der sich auch als Buchautor seinen Namen gemacht hat. In seinem Emirat hat er vierzig Museen gegründet, darunter eben auch das Islamische Museum.
Der Titel der Ausstellung spricht Bände: "So that you might know eacher other"– "Damit ihr euch besser kennenlernen möget". Ein Zitat aus dem Koran:
"So that you may know each other, das stammt aus einem Vers im Koran, der Gott sagen lässt: Dass ich euch geschaffen habe als Völker und als Stämme, dass ihr euch gegenseitig kennenlernen mögt. Daraus ist dieser Titel entstanden. Und vom Konzept her geht es darum, dass muslimische Kulturen durch individuelle Objekte hier von Nordafrika und Afrika bis nach China repräsentiert werden und auf der gleichen Ebene des Respekts repräsentiert und behandelt werden."
Islamische Kunst, auf der gleichen Ebene des Respekts behandelt wie seine Leonardos, Michelangelos und Raphaels – das ist dann doch ein starkes Statement. Es steht im Katalog, den der Direktor des Ethnologischen Museums des Vatikans und die Direktorin des Islamischen Museums gemeinsam verfasst haben. Ein Aufruf zur Wertschätzung auf Augenhöhe, der alles andere als selbstverständlich ist.
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