Noch bis zum 19. Dezember sind Congos Werke in der Mayor Gallery zu sehen.
Der mit dem Affen malte
06:08 Minuten
Eigentlich wollte Desmond Morris surrealistischer Künstler werden, entschied sich dann aber für die Zoologie. Beide Leidenschaften verband er, indem er "einen jungen Schimpansen zum Malen ermutigte". Dessen Werke sind jetzt in London zu bewundern.
"Ich würde mich selbst als Studierender der visuellen Welt beschreiben", sagt Desmond Morris. "Ich bin ein Beobachter, ein Betrachter. Das begann schon als Kind, als ich damit anfing, die Tierwelt zu studieren."
Dabei wollte Morris, heute 91 Jahre alt, eigentlich surrealistischer Künstler werden. Seine zweite Leidenschaft, die Zoologie, schien ihm mit Anfang 20 aber vielversprechender. So schrieb er sich in Birmingham für das Fach ein und promovierte später in Oxford zum Fortpflanzungsverhalten von Fischen. Seine Leidenschaft für die Kunst ließ ihn aber nie los.
Immer Zeit zum Malen gefunden
"Ich habe das Malen niemals aufgegeben, mir ist es immer gelungen, beide meiner Interessen zu verfolgen", sagt Morris. "Als meine Karriere als Zoologe begann, habe ich immer dafür gesorgt, dass ich ein Studio in meiner Nähe hatte, um, wann immer ich die Zeit fand, malen zu können."
Der heute in Irland lebende Morris gehörte zu den "Birmingham Surrealists", einer Gruppe von Künstlern und Intellektuellen, die von den 1930ern bis 1950ern aktiv waren. Morris zieht es heute vor, seine Antworten schriftlich mitzuteilen. Gebrechlich fühlt der Künstler und Zoologe sich jetzt im fortgeschrittenen Alter, doch sein aufmerksames Wesen hat er behalten.
Unterhaltsamer Charakter
"Früher war er bei amerikanischen Fernsehsendern angestellt, um in großen Gerichtsverfahren die Körpersprache von Zeugen und Angeklagten zu analysieren", sagt James Mayor. "Ich hatte einige lange Gespräche mit ihm, über das Verhalten von Leuten, wenn sie schuldig sind oder nicht schuldig oder ob sie lügen. Er ist ein faszinierender und sehr unterhaltsamer Charakter."
James Mayor ist Direktor der Mayor Gallery, die sich seit 1925 im Londoner Stadtteil Mayfair befindet, zeigte schon die Werke von Größen wie Francis Bacon, Paul Klee und Max Ernst. Jetzt hängt an den Wänden des Ausstellungsraums Desmond Morris‘ Kunst – beziehungsweise die Werke von Congo, Morris‘ außergewöhnlichem Freund.
Der malende Schimpanse
"1956 hatte ich die Gelegenheit, meine beiden Leidenschaften zu verbinden, indem ich einen jungen Schimpansen zum Malen ermutigte", sagt Morris. "Sein Name war Congo. Innerhalb von drei Jahren produzierte er über 400 Gemälde und Zeichnungen."
55 Werke aus Morris‘ Privatsammlung von insgesamt 400 Werken, die Congo zwischen 1956 und 1959 gemalt hat, werden aktuell in der Mayor Gallery ausgestellt und verkauft. Congos Bilder sind bunte Pinselarbeiten. Fächerförmige, farbenfrohe Muster.
"Er hat das Ganze durchdacht", sagt James Mayor. "Wenn man sich sein Foto ansieht, verliebt man sich sofort in den armen Kerl. Er ist wirklich niedlich. Er war offensichtlich ein bezauberndes Tier."
Wer verblüffende Ähnlichkeiten zu ersten Malversuchen von Kleinkindern in Congos Bildern entdeckt, liegt daneben. Zu versiert hat der Schimpanse Kontraste verwendet, verschiedene Farbschichten aufgetragen und Muster variiert – es wirkt so, als habe der Primat sich sogar an mehrdimensionalen Figuren versucht.
Nicht zufällige Linien
"Mein Hauptinteresse galt der Art und Weise, wie der Affe seine Linien und Formen auf dem Blatt Papier anordnete", sagt Morris. Ich habe anhand einer Reihe experimenteller Zeichnungen nachweisen können, dass er die Linien absichtlich und nicht zufällig platziert hat. Congo liebte es, zu malen und arbeitete für gewöhnlich eine halbe Stunde durch. Es fanden ungefähr 40 oder 50 dieser Malvorgänge statt und er entwickelte neue Muster, die zeigten, dass er in der Lage war, ein visuelles Thema zu entwerfen und es dann zu variieren. Es war, als würde man die Geburt der Kunst beobachten."
"The Birth of Art", so heißt die Ausstellung. Auch Prinz Philip besitzt einen echten Congo, der im Vorzimmer seines Schlafzimmers hängen soll.
Mensch auf einer Stufe mit Tieren
Seinen verhaltensbiologischen Durchbruch hatte Morris 1967 mit "Der nackte Affe", einer Entwicklungsstudie, in der er schonungslos Parallelen zwischen Affe und Mensch aufzeigte.
"Viele fühlten sich durch meine Betrachtungsweise des menschlichen Verhaltens beleidigt, aber ich hatte nicht die Absicht, Menschen damit zu kränken", sagt Morris. "Im Gegenteil: Statt sie abzuwerten, hob ich sie auf die wunderbare Stufe der Tierwelt."
Das Buch, in 29 Sprachen übersetzt, gilt heute als wegweisende Studie. So richtungsweisend wie Congos Arbeiten, die, als künstlerische Aktion wie als Kunstwerke, das Überlegenheitsgefühl des Menschen auf hoch interessante Weise irritieren.