Info: Die Ausstellung "Never Ending Stories - der Loop in Kunst, Film, Architektur, Musik, Literatur und Kulturgeschichte" ist vom 29.10.17 bis 18.02.2018 im Kunstmuseum Wolfsburg zu sehen.
Die Kunst der Endlosschleife
Ob in der Warteschleife beim Kundendienst, beim Video-Kaminfeuer in der Hotel-Lobby oder als wiederkehrendes Muster in der Musik: Der Loop ist in der heutigen Kultur allgegenwärtig. Das Kunstmuseum Wolfsburg präsentiert jetzt die passende Ausstellung zum Phänomen.
Kinder machen das sehr gerne: Sie schütteln den Kopf, lassen Lippen und Backen schlackern, erfreuen sich an den absurden Geräuschen, die entstehen. Das hier aber ist Bruce Nauman, der sich in seinen Ateliervideos als der Samuel Beckett der bildenden Kunst erweist.
"Never Ending Stories" ist ein ehrgeiziges Projekt, der Katalog wiegt einige Kilos, das Kunstmuseum Wolfsburg eröffnet eine Kulturgeschichte vom Ouroboros der Antike, also der Schlange, die sich in den Schwanz beißt, bis hin zu Donna Summers Hitsong "I feel love", der komplett mit synthetischen Mitteln erzeugt wurde. Und wirkt, als wenn er aus einer beklemmenden Gefühlszukunft gekommen wäre.
Ralf Beil, Direktor des Kunstmuseums Wolfsburg:
"Wir sind wirklich im Dauererregungsmodus der digitalen Endlosschleifen und der Feedback-Bewegungen auf der einen Seite, und andererseits sind Loops allgegenwärtig: Ob Sie ins Hotelfoyer gehen und dann ein Kaminfeuer flackert oder ein Aquarium mit Fischen aufwartet, ob Sie Musik hören, Filme sehen: Loops sind wirklich ein ganz großer Bestandteil unseres Leben, aber auch in unserem eigenen Kopf..."
"Wir sind wirklich im Dauererregungsmodus der digitalen Endlosschleifen und der Feedback-Bewegungen auf der einen Seite, und andererseits sind Loops allgegenwärtig: Ob Sie ins Hotelfoyer gehen und dann ein Kaminfeuer flackert oder ein Aquarium mit Fischen aufwartet, ob Sie Musik hören, Filme sehen: Loops sind wirklich ein ganz großer Bestandteil unseres Leben, aber auch in unserem eigenen Kopf..."
Ralf Beil, Direktor des Kunstmuseums Wolfsburg, versteht es, die Erregungen der Gegenwart mit kulturgeschichtlicher Tiefe zu verbinden. Seine Ausstellungen haben fast immer enzyklopädischen und gerne überfordernden Charakter.
Unendliche Räume
Konzentrieren wir uns also auf den Beitrag der Kunst zum Thema. Zum Beispiel den scheinbar unendlichen Raum der Japanerin Yayoi Kusama. Er ist vier mal vier Meter groß, komplett verspiegelt, nur eine Person darf hinein: auf einen kleinen Steg, der von Wasser umgeben ist.
Hunderte von bunten LED-Leuchten, die von der Decke hängen und rhythmisch flackern, erzeugen ein verwirrend faszinierendes Universum. Eine Raumschifferfahrung, in der man selbst zum Piloten wird.
Ralf Beil: "Wenn wir auf die Albtraumseite gehen, ist das der große Raumloop von Gregor Schneider, das sind mehr als 500 Quadratmeter. Man geht hindurch durch eine kleine Tür und ist dann mit seinem eigenen Körper im Loop gefangen: Sie gehen in ein Badezimmer, Sie hören eine tropfende Dusche, Sie sehen, da ist kein Waschbecken angebracht, sie gehen um die Ecke, ein dunkler schwarzer Gang, ein nächstes Badezimmer folgt.
Und das war mir ganz wichtig: dass es eben nicht nur mentale Loops gibt, die wir hier vorstellen können, oder geistige Rotationen, sondern dass Sie wirklich selbst das erleben ..."
Und das war mir ganz wichtig: dass es eben nicht nur mentale Loops gibt, die wir hier vorstellen können, oder geistige Rotationen, sondern dass Sie wirklich selbst das erleben ..."
Eintauchen in verwirrende, mitreißende Raumerfahrungen und dann immer wieder zur Räson gerufen werden durch teilweise spröde Kabinette, in denen es zum Beispiel um die Zirkelschlüsse und Lesemaschinen von Raymond Roussel, Gertrude Stein oder James Joyce geht – das ist das Prinzip dieses Korsos durch die Kulturgeschichte.
Unendliche Langeweile des Glücks
Immer wieder auch Schmunzelmaterial wie die Zeichnungen von Nedko Solakov, der die Märchen-Schlussformel "Und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage" einmal wirklich durchexerziert.
Ralf Beil: "Und er zeigt am Anfang ganz dramatisch in Schwarzweiß Drachen, Prinz tötet Drachen, bekommt seine Prinzessin, und dann die ganzen anderen 40 Blätter zeigen eben die Langeweile, das Glück und das, was damit zusammenhängt, wenn eben nichts mehr passiert".
Es gibt berauschende Schnulzenvideos wie das von Ragnar Kjartansson, der mit riesigem Orchester immer wieder eine melancholische Zeile singt: von der Sorge, die das Glück erstickt.
Und am Ende der Ausstellung ironisch vorgeführter Katzenjammer: das Geräusch einer hängenden Schallplatte. "Never Ending Stories" ist zweifellos ein intellektuell überambitioniertes Projekt. Aber – eines mit enormem Unterhaltungswert.