Apokalypse in Schloss Roskow
Das Brandenburger Kunst- und Kulturfestival "Rohkunstbau" startet am Wochenende im edlen Gemäuer: im Barockschloss Roskow im Kreis Potsdam-Mittelmark. Zu sehen ist eine Ausstellung über das Weltende, dazu gibt es die passende Musik.
"Das ist eine Klanginstallation. Ich wollte unbedingt Klangkunst in der Ausstellung haben. Schließlich geht es ja hier um die Apokalypse – und so wie die Welt mit einem großen Ur-Knall entstand, so wird sie vielleicht mit einem großen 'Bang' wieder untergehen. Und die Musik, die bei uns dazu spielt, ist ein Techno-Mix. Eine apokalyptischer Endlosschleife, eine Kakophonie des Weltuntergangs."
Das sagt Kurator Mark Gisbourne über die Arbeit von Damir Zizic und Kristian Kozul. Mit Techno statt Wagner erlebt der Rohkunstbau in Roskow also seine "Götterdämmerung". Arvid Boellert, Initiator und Direktor des Rohkunstbaus:
"Es ist bei uns allerdings nicht die Götterdämmerung, sondern die Apokalypse. Was ja sehr reale Bezüge auf unsere Zeit und Welt derzeit hat, nicht nur in Europa. Die Künstler haben für die Räume ganz spezielle Werke zum Thema Apokalypse geschaffen, sehr ironische teilweise, sehr ästhetische, sehr beängstigende Werke und ganz verschiedene Formen von Apokalypse kann man hier erleben und Apokalypse heißt nicht nur Ende, sondern auch Anfang."
Doch so brachial die Technoklänge auch sein mögen, mit denen das kroatische Künstlerduo als Kontrapunkt zu Wagner das Haus beschallt - spektakulär kracht die Welt hier nicht zusammen. Der Untergang, er kommt im Rohkunstbau eher fantastisch, poetisch oder auch recht nüchtern, ja trostlos daher.
Bilder bedrohlicher Wolkenformationen
Geisterhaft wirkt etwa die Szenerie, die die Japanerin Leiko Ikemura geschaffen hat: auf einen sacht im Durchzug wehenden Vorhang hat sie einen alten Film projiziert. Bilder bedrohlicher Wolkenformationen sind hier zu sehen, wie sie übers Gebirge ziehen – sich ballen, sich auflösen, gespenstisch neu formieren.
Zauberhaft daneben die Zeichnungen von Sandra Boeschenstein, auf denen die Erde zum Spielball der Menschheit wird. Mehr Tristesse als Wärme verbreiten die alten Kachelöfen, die Christiane Möbus neben den Heizkörpern im einstigen Salon aufgestellt hat
"Mir ist aufgefallen, dass in diesem Raum so viele Heizungssysteme sind mit dem Kamin und ein zweites wurde eingebaut in der Wand mit den Gittern davor und als drittes kamen die Heizkörper aus der DDR Zeit dazu, als viertes die aus der Neuzeit. So und jetzt kommen meine halben Ruinen, meine "Fast Ruinen" dazu und bringen das Ganze so ein bisschen in Zwischenräume. Aufbau - Abbau - all diese Themen können einen hier beschäftigen."
Die Apokalypse, hier in Bruchteilen alter Öfen symbolisiert, sie harmonisiert auf triste Weise mit der renovierungsbedürftigen Leere der Räume. Und auch die Kopie eines Schwerts, die Möbus in der Ecke aufgestellt hat, paßt zu diesem alten Haus - und seiner Vergangenheit als Landsitz derer von Katte. Es ist nämlich die Nachbildung jenes Schwertes, mit dem Hans-Hermann von Katte enthauptet wurde – vor den Augen Friedrich des Zweiten, seines Jugendfreundes. Inspiriert von der militärisch geprägten Familiengeschichte derer von Katte, die sich Anfang des 18. Jahrhunderts hier ihren Landsitz errichteten, ist auch die Arbeit von Philipp Lachenmann.
Auf großen, silbrig schimmernden Tafeln sind schemenhaft grafische Formationen zu erkennen. 'Kattes Traum' hat Lachenmann das Bild betitelt.
"Als Zentrum ist das große Bild, drei mal zwei Meter mit Schlagmetallblattsilber belegt. Und darauf ist ein Blatt aus einem Militärbuch abgebildet. Sechs Bewegungen, Mouvements, in denen sich soldatische Formationen im Repräsentationsmodus bewegt haben."
Der Sinn des Projektes: Es soll überraschen
Ein Bild, das auch ein faszinierendes Licht- und Schattenspiel ist. Denn im Licht der durch die großen Fenster einfallenden Sonnenstrahlen löst sich die militärische Ordnung auf und es entsteht eine monochrome Fläche. Es ist eine der vielen Arbeiten, die sich auf den Ort beziehen. Auf das Schloss und die Menschen, die einst darin lebten. Eine Orstbezogenheit mit der der Rohkunstbau auch sonst in diesem Jahr punktet.
"Allerdings muss man immer wieder sagen, dass wir und besonders der Kurator auch nicht mit anderen Projekten verwechselt werden möchten. Weil wir ja vorher nie wissen, wozu sich die Künstler dann hinreißen lassen. Und das ist in diesem Jahr besonders ortsbezogen auf das rohe, auf die Ästhetik der Räume und da kann man sagen 'Zurück zu den Wurzeln' – das kann man so interpretieren. Aber man muss eben auch sagen, es ist für uns jedes Jahr eine Überraschung, was am Ende entsteht. Und das ist ja der Sinn dieses Projektes. Das es immer wieder überrascht."
Doch auch wenn das geschichtsträchtige Gebäude und die zeitgenössische Kunst hier oft so gut zusammengehen wie zu den aufregenden Anfangszeiten des Rohkunstbaus – man hätte sich insgesamt Aufwühlenderes erhofft von diesem brisanten Thema – Apokalypse. Stattdessen bleibt einiges, was gezeigt wird, zu sehr an der dekorativen Oberfläche – und durchaus vorhandener Tiefgang kommt nicht so zur Geltung. Schade für das so sympathische Ausstellungsprojekt.