Die Ausstellung "From Outer Space" in der Bonner Bundeskunsthalle ist vom 3.Oktober 2014 bis 22. Februar 2015 zu sehen.
Mehr Informationen: auf der Webseite der Ausstellung.
Objekte mit überirdischer Bedeutung
Ein originaler Meteoritensplitter, ein russisches Weltraumklo oder der Blick auf Weltraumschrott: Die Bonner Schau "From Outer Space" präsentiert Objekte und Hintergrundwissen rund um das Thema Weltraum. Sie oszilliert zwischen künstlerischer und technisch-informativer Perspektive - und hat das Potenzial zu einer der besten deutschen Ausstellungen des Jahres.
Liedzeile: "All I wanted was the moon"
Der Mond oder die Luna? Wir sind Sternenstaub. MIR, ISS, Apollo und Sputnik, das sind Eigennamen. Sie stehen für etwas. Und da ist dieses Bild, das von Menschen, die im Weltall waren, immer wieder beschrieben wurde: der Blick aus der Raumkapsel, zurück auf den blauen Planeten. Alles werde nichtig und klein.
Das ist die lyrische Ebene von "Outer Space". Die Schau, die schon alleine innenarchitektonisch spektakulär als wabenförmige Weltraumstation inszeniert ist, beginnt im ersten der 15 Räume so poetisch: Eine Walnuss in Originalgröße, in deren Schale sich – unendlich? - viele Lichtpunkte befinden. Allspace in a Nutshell: Diese Paradoxa des Alls. Oder: Das große, barocke Gemälde von Rubens. Herkules, schon als kleiner Wonneproppen überirdisch stark, saugte allzu sehr beim Gesäugtwerden. Mutti Hera stieß ihn von sich und so entstand die Milchstraße. Oder haben Sie eine andere Theorie?
Claudia Dichter: "Der Weltraum ist ja für alle gut: Der ist für die Wissenschaft gut, für die Künstler, für die Spinner, für die Esoteriker. Und es gibt da wunderbare Schnittstellen."
Der Erfinder des Countdown
Vier Jahre lang haben die Kuratoren Claudia Dichter und Stephan Andreae gesammelt: von dem originalen Meteoritensplitter, der - ausgerechnet 1492, im Jahr der so genannten Entdeckung der Neuen Welt! - im Elsass gefunden wurde, über autorisierte Nachbauten von E.T und R2D2 bis zur Endzeituhr: Rote LED-Ziffern zählen herunter, bis in vier Milliarden Jahren und ein paar Zerquetschten die Sonne explodieren wird. Was das Ende von alles in allem bedeuten – könnte?
Die Schau oszilliert immer zwischen einer künstlerischen und einer technisch- informativen Perspektive. Mit Inhalten, die auch überraschen, mit Schnittstellen:
Claudia Dichter: "Fritz Lang hat gesagt: Wir können diese Rakete nicht starten lassen, ohne dass es ein emotionales Verdichtungsmoment gibt. Und der hat den Countdown erfunden. Also der Countdown geht auf Fritz Lang zurück!"
Den Countdown hören wir an dieser Stelle nicht, wir sehen ihn als Texttafel im Stummfilm "Frau im Mond."
Claudia Dichter: "Und die NASA wiederum hat gesagt: Das ist super, das machen wir auch!"
Einspielung der Aussage: "A small step for a man."
Und ein großer für die Menschheit. Rein technisch gesehen gibt es keine Notwendigkeit für einen Countdown. Er hat etwas damit zu tun, wie man Weltraumfahrt im Fernsehen in Szene setzte. Oder auch instrumentalisierte: Das Rennen zum Mond zwischen Amerikanern und Russen, seine Okkupation als neuen Kontinenten: "Scheitern ist keine Option" heißt ein Raum.
Claudia Dichter: "Nee, so sind wir heute nicht mehr drauf. Natürlich hat sich die politische Lage verändert. Es hat viele tragische Ereignisse gegeben. Also viele Astronauten und Kosmonauten mussten ihr Leben lassen. Natürlich gab's dann irgendwann die Frage: Warum opfert man Menschenleben und warum setzt man auch so viel Geld ein?"
Russische "Weltraumarchitektin"
Der Bezug zum Weltraum ist nach dem Ende des kalten Kriegs rationaler geworden. Aber nicht durchweg: Immer noch ist alles, was aus dem All kommt oder mal im All war, mit überirdischer Bedeutung aufgeladen: Objekte wie Reliquien: Haben nicht auch Raketen von der Form her etwas Kathedrales, Sakrales? Eine künstlerische Arbeit zeigt einen Nachbau des Betts, in dem Neil Armstrong vor genau 45 Jahren schlief, nach seiner Rückankunft auf der Erde: Was hat er geträumt? War er nicht auch eine Art "Auserwählter"? Und dann: wieder der Schwenk ins Technische:
Claudia Dichter: "Es sind immer die Fragen: Wie lebt man da oben auf so 'ner Raumstation? Wie wäscht man sich, wie geht man auf Toilette? Und wir haben hier ein original russisches Weltraumklo, mit all den merkwürdigen Schläuchen, Ansaug- und Absaugapparaturen, die man halt da oben braucht.
Form follows function, so kann man das Design der Gerätschaften beschreiben. Wir bekommen zum Beispiel die russische "Weltraumarchitektin" Galina Baloshowa vorgestellt, die über Jahrzehnte das Innenleben von Raumstationen erschuf – so ganz anders, als man das aus Science Fiction-Filmen kennt. Trotzdem hat all dieses Schnöde, Funktionale auch eine eigene Ästhetik und Aura: Wir spüren instinktiv, dass es nicht für irdischen Einsatz konzipiert wurde.
Ein letzter Blick aus der Raumkapsel fällt auf Weltraumschrott. Zehntausende lädierter Objekte kreisen heute um den Globus wie der Ring des Saturns. Eine unterschätze Gefahr: Kollidieren sie, werden sie aus der Bahn geworfen und könnten auf uns stürzen, wenn sie es unter einem bestimmten Eintrittswinkel durch die Atmosphäre schaffen. Die Weltraumforschung sucht nach dem großen Asteroiden, der uns aus der Tiefe des Raums kommend ins Armaggedon stürzt wie ihrer Zeit die Dinosaurier. Die Katastrophe könnte aber selbst gemacht sein! Auch eine Art Botschaft.
"Outer Space", die Schau erzeugt mit ihrer hinreißenden Qualität – wie das All – fast schon Ehrfurcht. Kandidatin für eine der besten deutschen Ausstellungen dieses Jahres!