Die Ausstellung "Unser Afrika – Zum visuellen Erbe des deutschen Kolonialismus" ist noch bis zum 13. Juli 2018 in der Diele des Hamburger Rathauses zu sehen.
Mit Werbeästhetik gegen Rassismus?
Mit seinen in Hamburg gezeigten Fotos will Marc Erwn Babej an die deutsche Kolonialgeschichte und den Völkermord an den Herero und Nama erinnern. Der Politikwissenschaftler Joshua Kwesi Aikins begrüßt die Absicht – hat aber kritische Anmerkungen.
Im Hamburger Rathaus ist derzeit die Foto-Ausstellung "Unser Afrika" zu sehen. Gezeigt werden 27 Schwarzweiß-Fotografien des Fotokünstlers Marc Erwin Babej. Signalisieren will die Hansestadt damit, sich der eigenen Vergangenheit zu stellen, "denn unsere Stadt war als Hafen- und Handelsmetropole auch das Tor zur kolonialen Welt", wie Katharina Fegebank, zweite Bürgermeisterin der Stadt und Bildungssenatorin, verlauten lässt. Babejs erklärtes Ziel ist es, mit seinen stilisierten Bildern "mehr Aufmerksamkeit auf das politisch und gesellschaftlich vernachlässigte Thema der deutschen Kolonialgeschichte, und insbesondere den Völkermord an den Herero und Nama, zu lenken."
Die Gedankenwelt der Täter
Zu sehen sind auf den Bildern meist weiße, gelegentlich auch schwarze Frauen in oft langen, wallenden Kleidern oder in Uniformen, meist vor einer als "afrikanisch" codierten Kulisse. Unser Autor Axel Schröder hat sich die Ausstellung angesehen – hier seine Eindrücke.
Der Politologe Joshua Kwesi Aikins kann die Absicht des Künstlers, sich in den Fotografien mit der Gedankenwelt der Täter und deren rassistischer Selbstüberhöhung auseinanderzusetzen, zwar nachvollziehen: Diese "Blickrichtung" sei zunächt sehr wichtig, zumal eine reine Fokussierung auf die Opfer der Kolonialgeschichte Gefahr läuft, die Auseinandersetzung mit dem Fortleben kolonialer und rassistischer Denkmuster in der Gegenwart zu vernachlässigen, so Aikins in Deutschlandfunk Kultur.
Allerdings spricht Aikins auch problematische Aspekte der Bilder an: "Ich denke schon, dass diese Bilderwelten gar nicht so weit weg von uns sind", schließlich sei die rassistische Selbstüberhöhung, die Babej in seinen Bildern kritisch zum Ausdruck bringen will, für viele noch immer selbstverständlich: "Ich glaube schon, dass viele, die auf diese Fotografien schauen, immer noch in einer kolonialen Normalität gefangen sind, die nicht so einfach zu durchbrechen ist."
Zudem seien die Bilder ästhetisch ohne weiteres "anschlussfähig" – etwa an gängige Werbekampagnen von Modefirmen – und damit eben keineswegs per se provokativ. Dahinter sieht Aikins ein "immer noch kolonial geprägtes Grundverständnis". Alles in allem zeige sich darin, "wie schwierig es in Deutschland ist, sich mit der eigenen Kolonialgeschichte auseinanderzusetzen." Durch bloße Ästhetisierung sei "die Idee von weißer Vorherrschaft" jedenfalls nicht aufs Korn zu nehmen, so Aikins.
Die Rolle der Frauen
Dass Babej nur Frauen zeigt, deutet Aikins als bewusstes "Zusammenspiel von Fotos von historischen Zitaten", wobei die historische Rolle der Frauen in der Geschichte der deutschen Kolonialgeschichte nach Aikins Ansicht etwas deutlich hervorgehoben hätte werden können.
So gab es damals auf deutscher Seite die Sorge, dass wegen des "so genannten Männerüberschuss(es)" der Kolonialisten weiße deutsche Männer Beziehungen zu den Frauen aus der lokalen Bevölkerung unterhalten würden, aus denen Kinder hervorgehen könnten, "was aus rassistischer Perspektive die Deutschen dann abwertet. In diesem Zusammenhang, gab es dann Propaganda, um weiße deutsche Frauen in die Kolonien und konkret nach Namibia zu locken, um dafür zu sorgen, dass diese Diskrepanz aufhört".
Deutscher Umgang mit Geschichte
Ein Foto sticht besonders heraus: Es zitiert Willy Brandt historischen Kniefall in Warschau, rückt diesen allerdings in den Kontext der deutschen Kolonialgeschichte. Zum Ausdruck komme darin nach Aikins eine "Diskrepanz im Umgang Deutschlands mit unterschiedlichen Genoziden".
Eine Leerstelle in der historischen Aufarbeitung, meint Aikins. "Man kann das Projekt der Nazis nicht vollumfänglich verstehen, wenn man nicht zurückschaut und auch die Verbindungslinien von der Kolonialzeit in den NS-Staat zieht."
(thg)