Von wegen nur nackte Häschen!
Der Playboy hat seinen Lesern mehr über moderne Architektur und modernes Design erzählt als jede dafür ausgewiesene Fachzeitschrift. Das beweist eine neue Ausstellung in Frankfurt.
Enten schießen, Forellen fangen, sich durch Gestrüpp und Dornen schlagen - das war nicht Hugh Hefners Vorstellung von männlicher Freiheit. Im ersten Playboy vom Dezember 1953 schrieb er: "Wir lieben es daheim zu sein". Der Playboy verstand sich als Zeitschrift des Innenraums - und Anwalt einer urbanen Junggesellenexistenz. Und Hugh Hefner, sein Gründer, war der Pop-Architekt dieses designaffinen Männertraums. Das ist die These der Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum Frankfurt: Der Playboy habe mehr für die Vermittlung von Architektur- und Designmoderne getan hat als jede einschlägige Fachzeitschrift.
Peter Cachola-Schmal: „Da ging es also um das gesamte Lebensgefühl der Moderne, Lifestyle, Ausstattung, mit Möbeln, mit Kleidung, mit Accessoires eines internationalen Lebensstils, den man in den 60ern noch nicht in den USA hatte."
Die Ausstellung wirkt zunächst wie ein großer Lesesaal. Denn da sind alle Playboys von 1953-1979 versammelt. Und man darf sich bedienen, sich auf einem Nachbau von Hugh Hefners rundem Bett fläzen, von dem aus er sein Leben managte. In Pavillons gibt es dann architektonische Entwürfe zu entdecken: Prototypen des perfekten Junggesellenapartments mit viel Schlaf-, Bad- und Wohnraum nebst spärlicher, automatisierter Küche.
Hefner als Vermittlerfigur der Moderne
Auf einem Podest dann, als Hauptdarsteller, die Designstühle von Charles Eames, Eero Sarinnen oder Harry Betoia. Sie wurden im Playboy zum Kauf empfohlen. Auf ihnen räkelten sich die nackten Playmates und stimulierten die Konsumwünsche. Doch diese Art der Inszenierung zeigte zugleich, wie anthropomorph diese Stühle der frühen 1960er-Jahre doch waren.
Steiner: "Es gibt eine berühmte Fotografie von dem Tulip Chair von Eero Sarinnen, und davor kniet eine nackte Frau, und da sieht man: Die Linienführung des Stuhls ist dem Rücken der Frauen nachempfunden. Das wird durch die neue Bildsprache ersichtlich im Playboy."
Die Schweizer Ausstellungskuratorin Evelyn Steiner, 32 Jahre alt, hat keinerlei Problem mit einer Ausstellung, die ausgerechnet Hugh Hefner, den Pascha des Häschenharems, als wichtige Vermittlerfigur der Moderne feiert.
"Im Gegenteil, ich war eigentlich im Laufe der Ausstellungsvorbereitungen immer mehr fasziniert von der Person Hugh Hefners, und habe eigentlich erfahren, dass das ein sehr progressiv denkender Mensch war, ich würde sagen ein intellektueller Einzelkämpfer im repressiven Klima der 50er-Jahre in den USA."
Ausstellung als Augenöffner
Und wenn Männer behaupteten, sie kauften sich den Playboy wegen der interessanten Artikel, so zeigt diese Ausstellung, dass das keine billige Ausrede war. Die Interviews waren kontrovers wie nirgendwo sonst, namhafte Literaten rissen sich um Aufträge, regelmäßig wurden bedeutende Architekten und ihre Werke vorgestellt.
"Also aus der heutigen Sicht sind schon so die großen Namen dabei, Eero Sarinnen, Mies van der Rohe, Frank Lloyd Wright, ich weiß jetzt am Beispiel von Mies van der Rohe und Frank Lloyd Wright, dass Hefner die natürlich kannte, wie die viel in Chicago gebaut haben."
Buckminster Fullers Architekturvisionen kamen ebenso vor wie das aufblasbare Bubble-House der Avantgarde Architektengruppe Chrysalis aus den 70er-Jahren. Der Playboy war eine Mischung aus populärer Kultur, Avantgardevorstellungen und libertären Fantasien. In gleicher Weise funktioniert diese originelle Ausstellung: als Augenöffner.
"Wir hoffen natürlich, dass die Ausstellung uns ein ganz neues Publikum erschließt, das vorher noch nie einen Fuß ins Architekturmuseum gesetzt hat und sich auch nicht in Architektur und Design auskennt, sondern vor allem wegen den Playboys kommt, aber jetzt hier eine Überraschung erleben wird."
Hugh Hefners "Playboy" war eine lustvolle Kampfansage an das traditionelle Familienleben, an die monogame Vorstadtidylle: mit den Waffen der Playmates, der Designobjekte und der Architektur. Eigentlich nur fair, dass das einmal gezeigt wird.