Ausstellung: "Whistleblower & Vigilanten"

Figuren des digitalen Widerstands

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Der US-amerikanischer Whistleblower Edward Snowden gilt als ein Vorkämpfer für die Menschenrechte. © picture-alliance / dpa / Ole Spata
Von Thomas Franke |
Snowden, Assange oder Manning – sie gelten als moderne Helden des Internetzeitalters und kämpfen gegen das unrechte Verhalten der Staaten. Die Dortmunder Ausstellung "Whistleblower & Vigilanten" zeigt, dass die Absichten aber nicht dieselben sind.
"Es gab diesen wunderbaren Fall von der '!Mediengruppe Bitnik', die ein Paket an Julian Assange geschickt haben, das heißt, dann auch 'Delivery For Mr. Assange', die haben dem ein Paket mit einer Kamera, also mit einem Mobiltelefon mit eingeschalteter Kamera in die ecuadorianische Botschaft geschickt in London.
Inke Arns vom Hartware MedienKunstVerein in Dortmund.
"Und letztendlich hat dann Assange 'ne Botschaft in diese Mail Art-Kamera hineingesprochen."
Eine Postkunst-Performance, die sich um einen der neuen Helden des Internetzeitalters drehte. Zusammen mit Edward Snowden und Chelsea Manning bildete der WikiLeaks-Aktivist Assange die Whistleblower-Front, die gegen einen rechtswidrig und bürgerfeindlich handelnden Staat kämpfte. So wird es zumindest bis heute transportiert. Doch wie die Dortmunder Ausstellung zeigt, verfolgen die Whistleblower ganz unterschiedliche Rechtsvorstellungen und Ziele:
"Jemand wie Edward Snowden, der will eigentlich die amerikanische Verfassung stärken. Dann zeigen wir natürlich so was wie das Phänomen der 'Cypherpunks', die wirklich im Sinne der 90er-Jahre einen libertären Freiraum schaffen wollen und den mit dem Internet erträumen, also die Idee, dass nur noch die Verträge zwischen einzelnen Personen Gültigkeit haben."
Jens Kabisch, Co-Kurator der Ausstellung:
"Und jemand wie Julian Assange versteht sich als zweite Generation der 'Cypherpunks', der deshalb Informationen leakt, um eine Art informationellen Gleichstand zu schaffen und damit auch einen idealen Markt."
Die Dortmunder Ausstellung besteht aus Arealen, die sich verschiedensten Rechtsvorstellungen widmen, vom Naturrecht über Transparenz bis hin zur Technikkritik. Die digitalen Widerständler werden dem Rechtsverständnis zugeordnet, das sie vertreten. Während Whistleblower wie Snowden oft für ein "höheres" Naturrecht streiten, gehen die sogenannten Vigilanten weiter:
"Also der Vigilant nimmt das Recht in die eigenen Hände und er versucht, seine Überzeugungen auch durchaus mit Gewalt umzusetzen."

Elektronischer Ungehorsam

So etwa "Anonymous", eine Gruppe namenloser Online-Aktivisten. "Anonymous" betreibt einen elektronischen zivilen Ungehorsam. Ihr Kampfmittel: der virtuelle Sitzstreik.
"Die Idee davon ist, durch bestimmte Softwaren so viele Anfragen an Internetseiten zu schicken, dass diese lahmgelegt werden."
Das selbsterklärte Hauptziel des Netz-Kollektivs: der Schutz der freien Meinung. Ihre politische Mission starteten sie 2006 mit einem Angriff auf "Scientology", letztes Jahr erklärten sie dem sogenannten "Islamischen Staat" den Krieg.
"Am 13. November 2015 um 22 Uhr kam es in Paris zu mehreren Terror-Attacken. ISIS hat sich zu den Attacken bekannt. Das darf nicht ungestraft bleiben. Deshalb wird Anonymous euch weltweit verfolgen ..."
Manche Vigilanten handeln aber noch radikaler. Etwa der amerikanische Mathematiker Ted Kaczynski. Von 1978 bis 1995 verschickte er in den USA 16 Briefbomben - drei Menschen wurden getötet, 23 teils schwer verletzt. Die FBI-Fahnder tauften Kaczynski "Unabomer", da er Universitäten und Fluggesellschaften attackierte, "universities and airlines". Sie verkörperten für ihn den industriellen Fortschritt, den es zu bekämpfen galt.
"Es wird bald keinen Ort mehr geben, wo sich ein Individuum vor der Überwachung durch Supercomputer und Bewusstseinssteuerung verstecken kann."
Seine technikkritischen Gedanken hat Kaczynski in einem Manifest dargelegt - in Dortmund als handschriftliche Kopie zu sehen.
Unabomber Manifesto
"Es wäre hoffnungslos, das System anzugreifen, ohne selbst moderne Technologie einzusetzen. Wir müssen alle Medien nutzen, um unsere Botschaft zu verbreiten."
Die Bewegung des digitalen Widerstands ist also vielfältig, selbst Whistleblower sind nicht gleich Whistleblower. Und Technikfeinde können digitalen Widerstand leisten. Das wurde in der Netzdebatte bisher übersehen. Die Dortmunder Ausstellung könnte das nun ändern.
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