Emran Feroz ist freier Journalist mit afghanischen Wurzeln. Er berichtet regelmäßig über die politische Lage im Nahen Osten und Zentralasien. Feroz publiziert in deutsch- und englischsprachigen Medien.
Alltagsrassismus ist jetzt in Österreich salonfähig
Nach einem Wahlsieg der Rechten steht Österreich eine Koalition aus ÖVP und FPÖ bevor. Mit Sorge beobachtet der Journalist Emran Feroz die zunehmende Islamophobie. Er ist mit Sprüchen wie "Daham statt Islam" aufgewachsen.
Vor einigen Jahren wurde ich noch belächelt. Strache und seine FPÖ im Zentrum der Macht? Niemals! Die Rechten – oder Rechtsextremisten, um genauer zu sein – nimmt ja niemand ernst. Und außerdem: Das bisschen Pluralität tut der Debatte gut. Demokratie muss so etwas aushalten können. So etwas hörte ich immer wieder, vor allem von Österreichern, die keine unmittelbare Migrationserfahrung haben wie ich.
"Daham statt Islam"
Geboren und aufgewachsen bin ich in Innsbruck. Meine Eltern stammen allerdings aus Afghanistan. Wäre damals die FPÖ an der Macht gewesen, hätten sie wahrscheinlich, wie viele andere Menschen, nie einreisen dürfen. Österreicher aus Migrantenfamilien, allen voran aus muslimischen, waren schon immer das Angriffsziel der FPÖ. "Daham statt Islam", "Isst du Schwein, darfst du rein", mit diesen Sprüchen bin ich aufgewachsen. Du läufst durch die Stadt, siehst die Plakate und weißt, dass diese Menschen dich hassen – und wollen, dass dich noch mehr Leute hassen. Ein Austro-Afghane passt eben nicht in ihr Österreichbild.
Wer hätte vor einigen Jahren gedacht, dass ÖVPler Sebastian Kurz, der damals frisch gekürte Integrationsminister, der stets vom Miteinander und von Dialog sprach, eines Tages an der Spitze der österreichischen Regierung stehen und mit den rechtsextremen Köpfen der FPÖ koalieren würde? Wahrscheinlich niemand.
Politischer Zuspruch für einen Rechtsextremen
Doch nun ist in Österreich nach den Nationalratswahlen genau dieser Fall eingetreten. Ein Erfolg der FPÖ war vorhersehbar und wurde bereits während der Bundespräsidentschaftswahlen im vergangenen Jahr deutlich. Damals zog der Ex-Grüne Alexander van der Bellen nach einem fast einjährigen Wahlkampf nur knapp in die Hofburg ein, während Norbert Hofer, der Kandidat der FPÖ, als Verlierer ausschied. Das Dramatische daran: Fast wäre ein Rechtsextremist österreichischer Bundespräsident geworden. Für mich war es ein Schock, dass fast die Hälfte der Österreicher Hofer zelebrierte und für ihn stimmte.
Seit Jahren sind die Verbindungen der FPÖ zu Neonazis und deutschnationalen Burschenschaften bekannt. Sie betreffen lokale Politiker bis hin zu führenden Köpfen wie den erwähnten Norbert Hofer oder Parteichef Heinz-Christian Strache. Die Liste ließe sich fortsetzen.
Wahlkampf auf Kosten von Migranten
Diese Tatsache ist allerdings zur Nebensache geworden. Sie ist nicht mehr interessant, geschweige denn einen Aufschrei wert. Während der schwarz-blauen Koalition der 2000er-Jahre eine Welle der Empörung entgegenschlug, ist dies gegenwärtig nicht der Fall. All der Hass, der Rassismus und der Rechtsextremismus sind salonfähig geworden. Auch die anderen etablierten Parteien haben dies möglich gemacht. Anstatt klare Kante gegen die Rechten zu zeigen, zogen sie es vor, deren Rhetorik zu übernehmen, um Wähler zu gewinnen. Wie für viele andere Migrantenkinder hieß es deshalb auch für mich: Meine Stimme gilt dem kleineren Übel.
Doch nun steht die FPÖ sogar davor, dass Innenministerium zu übernehmen. Damit hätte sie die Polizei, das Asylrecht und vieles mehr in der Hand. Die ersten Opfer dieser Politik werden jene sein, auf deren Schultern bereits der Wahlkampf ausgetragen wurde: Migranten, Geflüchtete und Muslime. Der Kurs der österreichischen Flüchtlingspolitik wird nun wohl noch härter werden, während die Islamophobie im Land permanent ansteigt. Und auch der Alltagsrassismus wird noch spürbarer werden. Viele Menschen fühlen sich nun nämlich bestätigt. "Es geht so nicht weiter. Das ist unser Abendland." Die Hemmungen jener, die so denken, sind nun gefallen.