Der Mann, der den Prager Frühling fotografierte
Demonstranten, Panzer, Barrikaden: Mit seinen Bildern prägte Josef Koudelka unsere Vorstellung vom Prager Frühling und seiner Niederschlagung. Jetzt wurde der Fotograf mit dem Erich-Salomon-Preis geehrt.
Das Schwarz-Weiß-Foto zeigt in Nahaufnahme die Armbanduhr an einem Männerarm. Es ist 12.22 Uhr am Mittag. Im Hintergrund der ausgestorbene Wenzelsplatz in Prag. Normalerweise müsste hier lebendiges Getümmel sein, aber hier ist nichts mehr normal. Die Invasion der Soldaten des Warschauer Paktes steht unmittelbar bevor. Der tschechische Fotograf Josef Koudelka beobachtete die Ruhe vor dem Sturm von einem Baugerüst aus. In den kommenden August-Tagen des Jahres 1968 dokumentierte er auf bewegende Weise das Ende des Prager Frühlings.
Am Samstagabend wurde der inzwischen 77-jährige Koudelka im Essener Folkwangmuseum mit dem Erich-Salomon-Preis ausgezeichnet - vergeben von der Deutschen Gesellschaft für Photographie. Die Laudatio hielt Florian Ebner, der Leiter der Fotografischen Sammlung im Museum Folkwang.
"Er hat innerhalb von einer Woche ein großes Werk geschaffen"
Im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur würdigte Ebner die "unglaubliche Nähe", mit der Koudelka die Konfrontation in Prag auf seinen Fotos festgehalten habe. "Er hat innerhalb von einer Woche ein großes Werk geschaffen." 1969, zum ersten Jahrestag des Prager Frühlings, hätten die Fotos in den westlichen Medien große Beachtung erfahren, zunächst jedoch mit Verweis auf einen anonymen tschechischen Fotografen. "Erst 1984 hat er sich zu diesen Bilder bekannt", sagte Ebner.