"Ornithology" ist das schönste Buch des Jahres
Das schönste Buch in diesem Jahr kommt aus den Niederlanden. Auf der Leipziger Buchmesse hat die Stiftung Buchkunst das Vogelfachbuch "Ornithology" mit der "Goldenen Letter" ausgezeichnet.
Die Autoren Anne Geene und Arjan de Nooy und der Gestalter Jeremy Jansen schließen mit dem Buch "Ornithology" auf möglichst unterhaltsame Weise Lücken in der Vogelforschung, begründete eine internationale Jury die Entscheidung. "Die verblüffende, unterhaltsame Reichhaltigkeit in der Gesamtgestaltung steht der selbsterklärenden Gesamtwirkung überhaupt nicht entgegen," hieß es weiter. In dem Fachbuch werden unter anderem antike Vogelbeschreibungen von Aristoteles mit ausgestopften Vögeln illustriert, Gemälde alter Meister werden nach Vögeln abgesucht und Details werden isoliert und sortiert.
Die Stiftung Buchkunst prämiert seit 1963 jährlich die "Schönsten Bücher aus aller Welt". In diesem Jahr wurden rund 600 Einsendungen aus 32 Ländern eingereicht. Neben "Ornithology" wurden auch Bücher aus Ländern wie Tschechien, China und Deutschland ausgezeichnet.
Neun der insgesamt 14 Preisträger:
Goldene Letter für "Ornithology" von Anne Geene und Arjan de Nooy
Im Katalog "From All Over The World" der Stiftung Buchkunst heißte es dazu: "Antike Vogelbeschreibungen von Aristoteles werden mit ausgestopften Vögeln illustriert. Gemälde alter Meister werden nach Vögeln abgesucht (...) Die Grenze zwischen Seriosität und Ironie verschwimmt auf konstruktive Weise, und in genau dieser Zone gedeihen ästhetische und vogelfreie Erkenntnis."
Gold Medal für "Palimpsest" von Petr Jambor
"Ein antiquarisches Fundstück dokumentiert die Olympischen Spiele von 1980, vermutlich prächtig ausgestattet mit zahlreichen großformatigen Fotografien und eingeklinkten Details. Nur: Von der wetteifernden Sportlergemeinschaft ist nichts zu sehen (...) Die radikale Bildtilgung nach Jahrzehnten ist ein künstlerischer Sabotageakt."
Silver Medal für "Bugs´ Book" von Zhu Ying Chun und Huang Fu Shanshan
"Dieses fremdsprachige Werk leistet Pionierarbeit auf dem Feld der Morphologie. (...) Morphologie ist die Methode, und zwar im doppelten Sinne. Zum einen im Biologischen: Mannigfache Spuren von Kerbtieren, Spinnen und Würmern werden durch plausible Bildbearbeitung vielleicht zum ersten Male sichtbar gemacht; scheinbar wie von selbst erhalten sie enorme kalligrafische Qualitäten."
Silver Medal für "(un)expected" von Peter Dekens
"Menschenleere Fotos in schwarzweiß: Zweigeschossige Backsteinhäuserreihen. Heruntergelassene Rollläden. Mannshohe Gartenhecken. Wolkenverhangene Herbstnachmittage. Abendbeleuchtung. Man blättert durch die magazingroßen, textlosen, angeschnittenen Bilddoppleseiten immer wieder vor und zurück; die Motive wirken wie stumme Schlagzeilen."
Bronze Medal für "Withheld due to" von Christof Nüssli
"Dieses Heft macht den Eindruck, als ob es irgendwann einmal vielleicht ein Buch werden könnte. Es besteht aus losen Blättern – eigentlich bloß ein simpler Papierstoß, lieblos zusammengeschnitten. (…) Wie gerät dieses liederliche Papierding in den Kontext der schönsten Bücher aus aller Welt? Die 198 Bilder zeigen Ausschnitte entblößter Körper von Inhaftierten, die nach juristischen Aufarbeitung des Folterskandals im irakischen Abu Graib von der U.S.-amerikanischen Regierung zur Veröffentlichung freigegeben wurden."
Bronze Medal für "UP UP - Stories of Johannesburg´s Highrises" von Nele Dechmann, Fabian Jaggi, Katrin Murbach und Nicola Ruffo
"Die zurückspringenden Seiten fallen sofort ins Auge, auch wenn das Buch noch geschlossen daliegt. Die Papierblätter der Textteile sind einen Zentimeter schmaler, und so teilen sich die formalen Einheiten – wie durch natürliche Fugen – schon beim ersten Durchblättern von alleine. (…) Links steht ein großes Bild, rechts – statt einer Überschrift – eine Aussage in so großer Type, wie sie selbst als Titel übertrieben wirken würde. Aber die visuelle Schlagezeilenqualität weist auf die Gleichwertigkeit der Interviews und Essays mit den architektonischen Schwarz-weiß-Portraits der Bauwerke."
Bronze Medal für "Dwars Vers" von Emily Dickinson und Edna St. Vincent Millay
"Die Klappenbroschur hat sehr besondere Klappen. Sie verstärken nicht den Umschlag, sondern sie sind vorn mit einer Art zweitem Rücken ausgebildet, so dass sie in der Buchmitte je eine Hälfte des Buchblocks einfassen. Der Band lässt sich demnach in beiden Richtungen ins Regal stellen. Eine lyrische Diptychon – und in der Tat öffnet sich das Buch automatisch zwischen seinen beiden Hälften."
Bronze Medal für "Bernhard Chadebec - Intrus Sympathiques" von Olivier Lebrun und Urs Lehni
"Die Monografie im Taschenbuchformat würdigt das Plakatschaffen von der Bernard Chadebec. Es sind bunte Plakate mit ernsten Thema und pädagogischem Zweck: Prävention von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Chadebec war über viele Jahrzehnte angestellter Grafiker des nationalen Instituts für Forschung und Sicherheit in Frankreich. Aber im Katalog: keine Spur von Mahnungen, Katastrophenszenarien und Risikodrohungen. Stattdessen: ein buntes Kaleidoskop grafischer Reize, wie sie typisch sind für die sechziger und siebziger Jahre."
Bronze Medal für "Eva Hesse - Diaries" von Eva Hesse, Barry Rosen
"Aus dem Nachlass der Künstlerin Eva Hesse wurden die Tagebuchnotizen von 1955 bis 1970 veröffentlich. Mit 900 Seiten hat sie, die Quellenerschließung, nur äußerlich die Ausmaße eines Klotzes. In der Handhabung hingegen fühlt sich alles klar und leicht an. Warum? Zwei Fotografien gibt es in dem Band. Das Frontispiz zeigt ein Portrait der Künstlerin, die letzte bedruckte Seite ein Beispiel mit der Handschrift der originalen Tagebücher – Durchstreichungen, Ergänzungen und intuitiver Seitenraumausnutzung."
Quelle Textauszüge: "From All Over The World", Katharina Hesse - Stiftung Buchkunst, Frankfurt , Redaktion: Ines Paul