Autofreie Innenstadt: Öko-Träumerei oder Zukunftsmodell?
Darüber diskutiert Vladimir Balzer heute von 9.05 bis 11 Uhr mit der Mobilitätsforscherin Philine Gaffron und Michael Reink vom HDE. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 0800 2254 2254 sowie per E-Mail unter gespraech@deutschlandfunkkultur.de. Besuchen Sie uns auch auf Facebook, Instagram und Twitter!
Öko-Träumerei oder Zukunftsmodell?
97:15 Minuten
Autos raus aus der City? Kaum ein Verkehrsthema erregt die Gemüter derart wie diese Frage. Dabei leiden die Innenstädte unter Stau, Schadstoffbelastung und Parkplatznot. Ist die autofreie City Träumerei oder die Lösung für lebenswerte Städte?
Deutschland gilt als Autoland: Mehr als 47 Millionen Pkw fahren auf unseren Straßen. Wenn sie denn fahren. Deutsche Autofahrer stehen im Schnitt mehr als 120 Stunden im Jahr im Stau. Die Parkplatzsuche macht bis zu einem Drittel des gesamten Verkehrs aus. Die Folge in den Innenstädten: verstopfte Straßen, schlechte Luft, genervte Anwohner. Also raus mit den Autos aus der City?
"Städte sind für Menschen gemacht"
"Mobilität ist ein Grundbedürfnis, aber das heißt nicht Automobilität", sagt Philine Gaffron vom Institut für Verkehrsplanung und Logistik an der TU Hamburg. Sie beschäftigt sich mit nachhaltiger Mobilität, ökologischer Stadtentwicklung und Umweltgerechtigkeit. "Wir haben unter anderem schlicht ein Platzproblem. Mehr Menschen pendeln und der Verkehr nimmt generell zu. Öffentlicher Raum ist aber extrem wichtig für das gesellschaftliche Leben. Städte sind ja für Menschen gemacht. Wer sie gesund und attraktiv gestalten will, muss Lärm reduzieren und die Luftqualität verbessern."
Dies funktioniere nur, wenn man die Autos möglichst aus den Innenstädten heraushalte. Philine Gaffron vermeidet dabei den Begriff "autofreie Stadt", er verhärte den notwendigen Dialog. Das habe sich auch in Projekten gezeigt, die sie wissenschaftlich begleitet hat, zum Beispiel in dem Hamburger Stadtteil Ottensen. Die Mobilitätsforscherin spricht eher von "autoreduzierten" oder "fußgängerfreundlichen" Innenstädten. Dafür gebe es hinlänglich positive Beispiele, wie Kopenhagen oder Gent. Dazu gehöre dann auch ein konsequenter Ausbau des ÖPNV, der Fahrradinfrastruktur, des Carsharing. Wichtig auch: Eine Minderung des Pendlerverkehrs und damit ein Ausbau des öffentlichen Verkehrs im ländlichen Raum.
Dies funktioniere nur, wenn man die Autos möglichst aus den Innenstädten heraushalte. Philine Gaffron vermeidet dabei den Begriff "autofreie Stadt", er verhärte den notwendigen Dialog. Das habe sich auch in Projekten gezeigt, die sie wissenschaftlich begleitet hat, zum Beispiel in dem Hamburger Stadtteil Ottensen. Die Mobilitätsforscherin spricht eher von "autoreduzierten" oder "fußgängerfreundlichen" Innenstädten. Dafür gebe es hinlänglich positive Beispiele, wie Kopenhagen oder Gent. Dazu gehöre dann auch ein konsequenter Ausbau des ÖPNV, der Fahrradinfrastruktur, des Carsharing. Wichtig auch: Eine Minderung des Pendlerverkehrs und damit ein Ausbau des öffentlichen Verkehrs im ländlichen Raum.
"Welchen Sinn hat Innenstadt in Zukunft?"
"Die autofreie Innenstadt ist eine Facette der Metamorphose der Innenstädte", sagt Michael Reink vom Handelsverband Deutschland (HDE), der Spitzenorganisation des Einzelhandels. Die wichtige Frage dabei: "Welchen Sinn hat Innenstadt in Zukunft?" Zu 70 Prozent kämen die Menschen wegen der Geschäfte in die City. Diese seien jedoch durch den Onlinehandel und aktuell durch die Corona-Pandemie in ihrer Existenz bedroht.
Bei der Diskussion über die Autofreiheit müsse man auch wissen, worauf man letztlich hinauswolle, so Michael Reink. Was mache eine Innenstadt attraktiv? "Das ist nicht die Autofreiheit." Es dürfe nicht so weit kommen wie in den USA, wo die Innenstädte veröden und gesichtslose Malls vor der Stadt entstehen. Insofern sei eine Mobilitätswende untrennbar mit der Umgestaltung der Innenstädte und damit der Zukunft des Handels verbunden.
(sus)