Autor Max Czollek

"Privat streite ich weniger"

37:22 Minuten
Streitbar: Autor Max Czollek bei einer Lesung im Haus für Poesie in Berlin.
Streitbar: Autor Max Czollek bei einer Lesung im Haus für Poesie in Berlin. © imago / gezett
Moderation: Susanne Führer · 10.12.2021
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Max Czollek sagt von sich, er sei „Lyriker, Berliner und Jude“. In seinen Schriften zeigt er sich streitlustig. Gar nicht als lustig erlebte er allerdings die Debatte im Sommer um seine Person und die Frage, ob er wirklich Jude ist.
Max Czollek schreibt Lyrik, für das Theater, äußert sich gern auf Twitter, vor allem aber auch in Streitschriften. Mit der ersten: „Desintegriert euch!“ wurde er 2018 gleich bekannt.
Zuletzt erschien sein Buch: „Gegenwartsbewältigung“. Czollek, das verneint er nicht, zettelt Streit gern an. Hier müsse man aber unterscheiden, zwischen dem öffentlichen Max Czollek und dem privaten. Der streite weniger. "Und weil ich weniger streite, muss das woanders stattfinden. Und dafür ist die Kunst, in diesem Fall auch die Streitschrift, eine angemessene Form“, sagt der Publizist.

Wer ist ein Jude?

Zuletzt, im Sommer 2021, war Czollek selbst Objekt eines Streits.
Der Autor spricht häufig von sich als „Lyriker, Berliner und Jude“. Aber genau um diesen Punkt: Ist Czollek ein Jude, ging es in den Feuilletondebatten. Czollek sei keiner, so sah es zum Beispiel der Schriftsteller Maxim Biller, da Czolleks Mutter keine Jüdin ist.
Damit bezog sich Biller auf die Halacha, ein altes religiöses Recht, wonach nur der Jude sei, der eine jüdische Mutter habe. Czollek hat auch keinen jüdischen Vater, jedoch einen jüdischen Großvater.

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Für ihn gebe es aber nicht nur die eine Definition, zur „Jüdischkeit zu gelangen“.
Wenn man also seinen Vater, so Czollek, „über die reformjüdische Definition verortet, dann ist er Sohn eines jüdischen Vaters, damit bin ich das auch“.
Die Debatte um Czollek ging lange hin und her, es erreichte ihn viel Kritik, aber auch Solidaritätsbekundungen.

"Urszene, die für mich prägend war"

Zuletzt hatte der Publizist und Autor selbst für weitere Irritationen gesorgt. In einem Interview kritisierte Czollek, dass kein Journalist der beteiligten Redaktionen nachgefragt habe, „ob eigentlich wahr ist, was da behauptet wird“. Doch Deniz Yücel oder auch Jana Hensel widersprachen in langen Artikeln dieser Darstellung.
Max Czollek wurde 1987 in Ost-Berlin geboren. Die jüdische Identität, so der Autor, habe für ihn schon früh eine Rolle gespielt. Dabei sei auch der Großvater, Kommunist und jüdischer Widerstandskämpfer, prägend gewesen, auch wenn er ihn nie kennenlernte. Ebenso habe ihn der Vater „sehr stark geprägt“, trotz seines frühen Todes.
 „Er hat mir immer Lieder vorgesungen, hat mir auch ein bestimmtes Verständnis von Jüdischkeit vermittelt, nämlich ein kämpferisches, keines, was so stark folkloristisch geprägt ist, eher eines der Partisanen und Widerstandslieder.“
Besonders an seinen ersten Besuch im Haus der Wannsee-Konferenz erinnert sich Czollek, „eine Urszene, die für mich prägend war“.
Der Vater hatte ihn mitgenommen, „ich glaube, ich war ungefähr fünf Jahre alt“. Die Bilder der Leichenberge, die habe er noch immer im Kopf.
Das aktuelle Buch von Max Czollek, „Gegenwartsbewältigung“, kann man auch als eine Fortsetzung seiner ersten Streitschrift „Desintegriert euch!“ lesen. Es kreist unter anderem um die Frage, wer zur deutschen Gesellschaft dazu gehört. Czollek scheint auch hier die Polemik nicht zu scheuen.

Mit Lyrik das Gespräch abbrechen

Etwa dann, wenn er die Ansprache von Angela Merkel zur Corona-Lage im März 2020 zitiert, dabei einen Bogen zu Kaiser Wilhelm und dessen Rede vom 4. August 1914 schlägt, in der dieser sagte: „Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche.“
Auch das hätte Stoff für reichlich Diskussionen. Manchmal aber wolle auch Czollek nicht sprechen. Er wisse genau, wie er in diesen Momenten die Unterhaltung sehr knapp halten könne.
„Wenn Leute sagen: 'Was machst du so?', sage ich: 'Ich bin Lyriker.' Dann gibt es noch genau zwei Fragen. Die erste ist: 'Kannst du davon leben?' Sage ich: 'Nein.' Die zweite ist: 'Was für Lyrik schreibst du?' Ich: 'Was für Lyrik kennst du?' Und dann ist das Gespräch vorbei.“  
(ful)

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